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tend benamste? Was wäre, wenn es, wie es seine Intelligenz<br />
und strategische Schläue nahelegen, einen völlig schlüssigen<br />
Grund für diese Selbstbezeichnung gäbe?<br />
Vielleicht ist es historisch unangebracht, wenn man Romaine<br />
eine modern-homosexuelle Identität zuspräche: als<br />
was man ihn/sie auch identifizieren kann, welche politische<br />
Absicht auch immer ihrer/seiner Identität zugrunde liegt,<br />
diese erstaunliche Figur des Haitianischen Aufstandes, dieser<br />
menschliche Schnittpunkt von Klasse, Rasse und Geschlecht<br />
ist jemand, der es wert ist, entdeckt zu werden. Falls ein geduldiger<br />
Historiker diese Geschichte ausgräbt und in einem<br />
Buch zugänglich macht, verspreche ich mindestens einen<br />
sehr begierigen Käufer.<br />
4) Fremdländer<br />
leben‹ eine ›Bedrohung‹ darstellen. Die tatsächlichen und<br />
äußerst problematischen Auswirkungen von derartigem Populationswandel<br />
müssen nicht bedeuten, dass die herangezogene<br />
Methodologie solcher Modelle nicht fragwürdig ist –<br />
vieles von dem, was wir als ›einheimisch‹ bezeichnen, sind<br />
Arten, die schon vor längerer Zeit eingewandert sind (wer<br />
denkt da auch an Kaninchen? An Hausmäuse?) Ein Ökosystem<br />
ist nun mal keine hermetisch abgeriegelte Angelegenheit<br />
(Gott sei Dank). Man muss nicht froh sein über die Höllenfahrt<br />
der (roten) Eichhörnchen, um die Verunglimpfung der<br />
Grauhörnchen als dahergelaufene Ausländer in Frage zu<br />
stellen.<br />
Reizvoll wäre ein Buch über stabile Populationen von Zuzüglern,<br />
die in Großbritannien und anderswo in der Welt<br />
freundlich von ihren neuen Umgebungen aufgenommen<br />
wurden. Insbesondere jene Arten betreffend, die in unseren<br />
Augen als die fremdländischsten Kuriositäten in ihrer neuen<br />
Heimat anmuten. Nicht um so manche ökologische Angst<br />
der Einheimischen anzufeuern, sondern um sich an der Verwischung<br />
von Faunagrenzen zu erfreuen, wäre es schön, so<br />
ein Buch mit Fotoreportagen und populärwissenschaftlichen<br />
Texten über die Wallabys, Biberratten und all die anderen<br />
Fremdländer zu machen.<br />
Irgendwelche Biologen interessiert?<br />
5) Ein Meta-Vorschlag<br />
So wie ich glaube, dass diese Ideen es wert sind, von jemand<br />
anderen umgesetzt zu werden, haben andere sicherlich eigene<br />
Ideen, von denen sie glauben, dass ich mich eigne, sie mir<br />
vorzunehmen. Diese Ideen würde ich gerne kennen. Es wäre<br />
also wunderbar, wenn man ein Forum hätte, das sich diesem<br />
Zweck widmet: Ideen mitzuteilen, sodass andere sich eine<br />
Die wilden Wallabys Großbritanniens sind gefährdet. Eine<br />
Kolonie der zwergkänguruartigen Säugetiere (nebenbei: was<br />
ist die lateinische Adjektivableitung von Känguru?) soll von<br />
der schottischen Insel Inchconnachan entfernt werden, weil<br />
die Tiere zu heftig grasen.<br />
Wie bitte? Ja, sicher gibt es Wallabys in Großbritannien.<br />
Eine Herde hoppelt emsig im Peak-District-Nationalpark.<br />
Dort gibt es auch einen Schwarm Papageien. In der Themse<br />
tummeln sich Wollhandkrabben – bei denen es nicht mehr<br />
passend ist, sie als ›chinesisch‹ zu bezeichnen, genauso wenig<br />
wie bei den Muntjaks, die in Süd- und Mittel-England sowie<br />
Wales heimisch geworden sind. Es gibt kleine Süßwasserquallen<br />
vom Amazonas, die es sich in Yorkshire bequem gemacht<br />
haben. Biberratten, Fasane, Mongolische Rennmäuse.<br />
Viele der Auseinandersetzungen über diese Tiere drehen<br />
sich nun einigermaßen beunruhigend darum, dass diese Tiere<br />
›Eindringlinge‹ sind, und sie für das ›einheimische Wildschnappen<br />
und damit aufmachen können. Ich schlage vor,<br />
dass jemand mit der nötigen Zeit, Konzentration, Coding-Fähigkeit<br />
und Durchhaltekraft (die ich selbst nicht habe) die<br />
Website ›soemajet.com‹ einrichtet, das steht für ›SOllte Echt<br />
MAl JEmand Tun‹.<br />
Dort sollte man Vorschläge für Projekte, für die man sich<br />
selbst nicht geeignet hält, einpflegen können. Diese Vorschläge<br />
ließen sich ordnen – Film, Spiel, Kunst, Erzählung, Sachthema,<br />
akademische Arbeit, Dichtung, etc. Man müsste eine<br />
Kommentar- oder Moderationsfunktion einrichten, um Trolle<br />
und Blödsinn auszusieben. Und wenn man seine Idee eingegeben<br />
und abgeschickt hat, dann wäre sie nicht länger die<br />
eigene, und wenn jemand anderes etwas mit ihr machen<br />
möchte, dann vaya con dios.<br />
Auch dürfe niemand mehr diese Ideen für sich allein beanspruchen.<br />
Sind die Vorschläge erst mal online, und mehr<br />
als eine Person entscheidet sich, etwas mit einer Idee anzufangen,<br />
dann ist das eben so. Die verschiedenen Umsetzungen<br />
müssten es dann untereinander ausfechten, oder könnten<br />
sich ergänzen. Wichtig ist, dass es kein Rennen darum<br />
sein soll, wer als Erster »Meins! Mir!« brüllt. Wenn die verschiedenen<br />
Umsetzungen fertig sind, dann sollen die Leser,<br />
Betrachter, Spieler usw. entscheiden, welche besser ist.<br />
Man denke an all die kreativen Größen, die unsicher sind,<br />
nicht wissen, woher die Inspiration fürs nächste Werk kommen<br />
soll. Denkt an all die mögliche Kunst und was nicht<br />
noch alles, das wir entfachen könnten.<br />
Ihr versteht wohl, worauf ich abziele. Ein freizugängliches<br />
Ideenbergwerk. Ein Gemeingut kreativer Vorschläge. Ein<br />
Wiki der Möglichkeiten. Ich kenne nicht alle Details und bin<br />
nicht sicher, wie man so etwas betreiben sollte. Das ist ja das<br />
Problem. Ich hatte nur die Idee und damit ist mein Anteil an<br />
der Sache erledigt. Ich bin aber der Meinung, jemand sollte<br />
No. 4 • Januar 2010 andromeda extended magazine www.sfcd.eu • p. 99