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strahlt werden. An eine feste Ehe glaubt keiner mehr und die<br />
Menschen des ausgehenden 21. Jahrhunderts sind aufgeklärt<br />
und freizügig. Beziehungen zu mehreren Personen gleichzeitig<br />
sind ebenso eine Normalität wie ein friedvolles Zusammenleben.<br />
Doch als Perry in Eifersucht einen Partner Dianas<br />
verletzt, muss er sich einer Psychotherapie unterziehen. Ganz<br />
ist Perry Nelson noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen.<br />
Kann der letzte Roman eines Autors auch gleichzeitig der<br />
erste sein, den dieser verfasst hatte? Sicher, wenn der Autor<br />
nur einen Roman verfasst hätte, dann träfe das zu, doch<br />
auch im Falle des Autors Robert A. Heinlein verhält es sich so.<br />
Sein Erstlingswerk wollte einfach keinen Verleger finden, und<br />
so vergrub er es, entnahm dem Werk immer wieder Ideen,<br />
aber sah selbst zum Höhepunkt seines Erfolges davon ab, das<br />
Buch nochmals einem Verlag anzubieten.<br />
Der Grund wird offenbar, wenn man dieses Buch neben<br />
Heinleins ersten veröffentlichten Roman stellt. »Rocket Ship<br />
Galileo« ist ein Roman, der nur eines will: den schlechten<br />
SF-Zeitgeschmack der 1940er Jahre treffen. Diese Geschichte<br />
taugt heute nur noch zum Anfeuern eines Kamins, aber das<br />
Buch »Die Nachgeborenen« war eine Utopie, die ca. zwanzig<br />
Jahre zu früh erschien. Das Buch enthält bereits viele der<br />
Ideen, die Heinlein so berühmt machen sollten. Details aus<br />
diesem Buch benutzte Heinlein später immer wieder, wie z. B.<br />
den vollkommenen Verzicht auf Kleidung in angenehm temperierten<br />
Räumen (wie z. B. in »Das lange Leben des Lazarus<br />
Long«), die Resozialisierung von Menschen, die Gewalttendenzen<br />
zeigen (siehe »Coventry«, eine Geschichte aus dem<br />
Future-History-Story-Zyklus), bewegte Straßen (»Roads must<br />
roll«), bis hin zu der so häufig beschriebenen vollkommenen<br />
Eigenverantwortlichkeit des Menschen.<br />
Inhaltlich eiferte Robert<br />
A. Heinlein H. G. Wells’ »The<br />
Shape of Things to Come«<br />
nach und macht seine Sache<br />
wirklich nicht schlecht. Sein<br />
Weltenentwurf ist gut durchdacht<br />
(vor allem die Beschreibungen<br />
der künftigen<br />
Großstädte) und für die damalige<br />
Zeit sind seine sozialen Ideen geradezu revolutionär.<br />
Seine Frauen sind selbstbewusst, eigenständig und selbstständig:<br />
Sie begegnen Männern auf Augenhöhe. Heute fällt dies<br />
beim Lesen überhaupt nicht auf, aber wenn man bedenkt,<br />
dass die Geschichte 1938 verfasst wurde, dann wundert es keinen<br />
mehr, dass dieser Roman keinen Verleger finden wollte.<br />
Auch die pazifistische Weltordnung und das Leben in Einklang<br />
mit der Natur mögen nicht recht in diese Zeit passen.<br />
All dies führt dazu, dass man dem Roman seine siebzig Jahre<br />
überhaupt nicht anmerkt und das Werk wirklich gut lesen<br />
kann.<br />
Aber halt, eine Sache entlarvt das tatsächliche Alter: Heinleins<br />
Blick in die nähere Zukunft. Er sah den Weltkrieg voraus<br />
und ließ auch Hitler den Krieg verlieren. Dann jedoch<br />
lag er in vielen Punkten sehr daneben, aber das macht diese<br />
Passage nicht weniger lesenswert.<br />
Fazit: Heinleins Blick in die Zukunft aus dem Jahre 1938<br />
ist sehr interessant und wirklich revolutionär fortschrittlich.<br />
Ein faszinierendes Buch, das Heinlein viel zu früh geschrieben<br />
hat, als die Welt für diese wilden Ideen noch keinen Sinn<br />
hatte. Aus heutiger Sicht wirkt das Wenigste wie Unfug, das<br />
Meiste sehr durchdacht. 7 von 10 Punkten.<br />
UTOPIA 2300<br />
Originaltitel: Beyond this Horizon (1948)<br />
Übersetzer: Birgit Ress-Bohusch<br />
Heyne SF & F 3262, 190 Seiten, ISBN 3-453-30139-0<br />
»Alle sollten sehr glücklich sein«, so beginnt Heinleins utopischer<br />
Roman »Beyond this Horizon«. Erzählt wird die Geschichte<br />
Hamilton Felix’, der sowohl körperlich als auch<br />
geistig seinen Mitmenschen überlegen ist. Und es ist die Geschichte<br />
von Monroe-Alpha Clifford. Beide Männer verbindet<br />
eine Freundschaft, doch während eines Putschversuches stehen<br />
beide auf unterschiedlichen Seiten. Während Hamilton<br />
Felix an das bestehende System glaubt, das der Menschheit<br />
einen nie da gewesenen Wohlstand beschert hat, sieht Monroe-Alpha<br />
Cliffords Fraktion Handlungsbedarf. Die Menschen<br />
müssen gelenkt werden.<br />
Dieser sehr frühe Roman von Robert A. Heinlein stellt nun<br />
den zweiten Versuch dar, eine Utopie zu schreiben. Die Welt<br />
der Zukunft ist weit fortgeschritten und der Wohlstand ermöglicht<br />
allen Menschen ein gutes Leben. Doch Frieden<br />
scheinen viele Menschen nicht gefunden zu haben. Es ist ein<br />
schockierender Kontrast, dass in dieser Welt jeder wie im<br />
Wilden Westen mit einer Waffe rumläuft und bereit ist, sich<br />
zu duellieren. Die Szene zu Beginn, als Hamilton sich eines<br />
Betrunkenen erwehren muss, der die Waffe zieht, ist brillant.<br />
Dieser Widerspruch in der Szene verstört den Leser vollständig.<br />
Allerdings muss man sagen, dass dies auch schon der qualitative<br />
Höhepunkt war. Der Roman hat keinen wirklichen<br />
roten Faden und immer wieder lässt Heinlein seine Protagonisten<br />
längere Monologe über wissenschaftliche Themen halten,<br />
die zwar – als Essay betrachtet – später wirklich heraus-<br />
No. 4 • Januar 2010 andromeda extended magazine www.sfcd.eu • p. 129