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Um es klar zu sagen, all das ist nicht zu vergleichen mit<br />

Top-Science-Fiction. Es handelt sich wie gesagt um ein Frühwerk<br />

und das merkt man auch etwas. Dennoch hat dieser<br />

Roman seine Stärken. Da, wo es um Freundschaft geht, um<br />

Loyalität – sich selbst gegenüber und den Anderen. Und genau<br />

da versagt Tambu (der Protagonist des Buches, nicht der<br />

Roman selbst!) in meinen Augen. Die Macht korrumpiert<br />

ihn, und er wird immer mehr zu einem Monster. Der Autor<br />

scheint eher mit ihm zu sympathisieren, so wie er ihn auftreten<br />

lässt, selbstbewusst, ungebrochen. »Ich bin kein Supermann«,<br />

lässt er ihn sagen, aber irgendwie, scheint mir,<br />

glaubt Asprin selbst nicht daran. Ihm schwebte wohl wirklich<br />

ein Schlachtenherr à la Dschingis Khan oder Alexander der<br />

Große vor. Nun ja.<br />

Ein paar Worte noch zur Gestaltung des Buches. Man hat<br />

sich im Atlantis Verlag wirklich Mühe gemacht, dieses posthum<br />

erschiene Werk Asprins adäquat darzubieten. Das Nachwort<br />

ist von einem ausgewiesenen Asprin-Fan geschrieben<br />

und wirklich gelungen. Eine Biografie und Bibliografie ergänzt<br />

diesen Teil des Buches. Das Titelbild ist so la la. Man<br />

sieht einen Totenkopf frei im All schwebend und zwei Raumschiffe<br />

darunter – in nur rudimentär ausgebildetem Zeichenstil.<br />

Mein Fazit? Wer den humorvollen Asprin der Dämonen-<br />

Bände suchen sollte, lässt lieber die Finger weg von diesem<br />

Roman. Allen anderen kann ich »Tambu« bedingt empfehlen.<br />

(Jürgen Thomann)<br />

»Über Jahre hinweg hatte die mysteriöse Figur namens<br />

›Tambu‹ die besiedelten Planeten in seinem eisernem<br />

Griff. Die Flotte aus Piraten und Kriminellen unter seinem<br />

Kommando etablierte eine Herrschaft des Terrors<br />

und der Erpressung. Alle Versuche der neu geformten Verteidigungs-Allianz,<br />

ihre Aktivitäten einzudämmen, wurden<br />

erfolgreich abgewehrt. Jetzt, zum ersten Mal, wird einem<br />

Reporter ein Interview mit Tambu gewährt. Schlussendlich<br />

wird die Geschichte seiner Herkunft, seinem Weg<br />

zur Macht und – am wichtigsten – seine Philosophie und<br />

die Steuerung des Betriebs seiner Streitmacht erzählt.<br />

Wenn Tambu geglaubt werden kann. Und dem Reporter<br />

erlaubt wird, mit seiner Story zu entkommen.«<br />

(Übersetzter Klappentext der First Mass Market Edition<br />

ACE, August 1980)<br />

»Tambu« lese ich jedes Jahr wieder. Woher kommt eigentlich<br />

die Faszination dieser Geschichte?<br />

Nun, zum einen ist »Tambu« ein klassischer Straight-<br />

Forward-SF-Roman, der seine Story schnörkellos erzählt. Die<br />

episodenhafte Darstellung zusammen mit den Interludien<br />

des Interviews bot Asprin die Möglichkeit, alles auf die Höhepunkte<br />

zu reduzieren, ohne den Alltag von Tambu und Ramona<br />

auch nur streifen zu müssen.<br />

Zum zweiten ist die Figur des Tambu faszinierend angelegt.<br />

Als Getriebener scheint ihm zu jedem Zeitpunkt nur eine<br />

einzige sinnvolle Handlungsmöglichkeit offenzustehen – jedenfalls<br />

suggeriert uns das der Autor mit seinem Sprachduktus.<br />

Erst wenn man innehält, das Geschehene reflektiert, wird<br />

deutlich, dass dem keinesfalls so ist, dass Tambu jederzeit<br />

viele, oftmals bessere bzw. ethisch-moralisch höher stehende<br />

Handlungsoptionen offenstanden. Diese hat er aber aufgrund<br />

seines Machthungers gar nicht wahrgenommen. Und im<br />

Endeffekt verlor Tambu dadurch Frau und Privatleben, mutierte<br />

zu einer mythologischen Figur seiner selbst. »Es gibt<br />

immer eine Alternative!« Dieser Titel einer Kurzgeschichte<br />

von Marion Zimmer-Bradley beschreibt sehr schön die Wahrnehmung<br />

von Asprins »Tambu« aus der Sicht des heutigen<br />

Jahrtausends. Denn der heutige Leser erkennt leicht die anderen<br />

Handlungsmöglichkeiten des Protagonisten, Optionen,<br />

die sich in den Jahrzehnten seit der Veröffentlichung vielfach<br />

als Handlungsstandard in der SF-Literatur etabliert haben.<br />

Von dieser Warte aus ist der Roman auch eine Warnung,<br />

möglichst den besten und nicht den einfachsten, bequemsten<br />

und offensichtlichsten Weg einzuschlagen.<br />

Und last, but not least ist »Tambu« auch eine flammende<br />

Kritik an den »Powers That Be«, den Mächten in Politik, Administration<br />

und Wirtschaft, die unlegitimiert unser Leben<br />

bestimmen. Denn was ist denn Tambu mit seiner Flotte tatsächlich?<br />

Eine Gruppe von Meuterern und Mördern, die andere<br />

Mörder zu einem Machtinstrument vereinigten und das<br />

Gesetz des Stärkeren durchsetzten. Im Roman wird sehr deutlich<br />

dargestellt, dass die Allianz, die von den Regierungen gebildete<br />

Polizeitruppe, sich in nichts von Tambus Piratenflotte<br />

unterscheidet. Beide Flotten stehen hier sinnbildlich für beliebige<br />

Unterdrückungsmechanismen unseres Alltagslebens,<br />

die vielfach für uns so zur Gewohnheit geworden sind, dass<br />

wir sie gar nicht mehr wahrnehmen. In vielen klassischen<br />

Western ist der Kampf gegen solche Unterdrücker eines der<br />

klassischen Hauptthemen – Asprin zeigt, dass die SF hier<br />

noch einen weiten Weg zu gehen hat.<br />

Ich lese »Tambu« immer wieder gerne, seit Jahren<br />

zwangsläufig auf Englisch. Mein Exemplar der »First Mass<br />

Market Edition« von Ace fällt bald auseinander, ich werde es<br />

wohl demnächst ersetzen müssen. Nachdem Guido Latz jetzt<br />

eine deutsche Übersetzung herausgebracht hat, bin ich einmal<br />

gespannt auf die deutsche Fassung des Romans von Dirk<br />

van den Boom. In jedem Fall ist »Tambu« lesenswert, eine<br />

Perle der angloamerikanischen SF, die darauf wartet, vom<br />

deutschen Leser entdeckt zu werden.<br />

(Alfred Kruse III)<br />

No. 4 • Januar 2010 andromeda extended magazine www.sfcd.eu • p. 243

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