Konflikte und Gewalt 5 - Jugendinformationszentrum
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Hamburger Praxis<br />
ein ganzes Repertoire an relevanten „Überlebensstrategien“<br />
verfügen, die sie an die jüngeren Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schüler weitergeben können. Unsere<br />
Erfahrungen zeigen, dass selbst wenn Mentorin bzw.<br />
Mentor einen kulturell anderen Hintergr<strong>und</strong> besitzen<br />
als die Jugendlichen, mit denen sie im Projekt zusammenarbeiten,<br />
die Schulerfahrungen beider Parteien<br />
doch stark vergleichbar sind. Unter stereotypisierender<br />
Wahrnehmung durch Lehrkräfte leiden beispielsweise<br />
beinahe alle Einwandererkinder auf die<br />
eine oder andere Weise, so dass der sozial-emotionale<br />
Aspekt des Mentoring <strong>und</strong> die Teilhabe an den<br />
Erfahrungen der Mentorinnen <strong>und</strong> Mentoren auch<br />
interkulturell gut funktionieren.<br />
Im Unterschied zu vielen anderen Mentorenprojekten<br />
sind die Mentorinnen <strong>und</strong> Mentoren junge<br />
Vorbilder zwischen 19 <strong>und</strong> 26 Jahren <strong>und</strong> kommen<br />
selbst aus Einwandererfamilien. Neben dem<br />
Schulerfolg ist es vor allem der eigene nichtdeutsche<br />
Backgro<strong>und</strong>, der ihnen die Akzeptanz <strong>und</strong> den Zugang<br />
zu ihren „Schützlingen“ <strong>und</strong> deren Eltern erleichtert.<br />
Die Mentorinnen <strong>und</strong> Mentoren des Projekts müssen<br />
vor ihrem Einsatz an einem zweitägigen Basistraining<br />
teilnehmen, bei dem Gr<strong>und</strong>voraussetzungen für die<br />
Tätigkeit als Mentorin <strong>und</strong> Mentor geschaffen werden.<br />
Danach werden sie durch die jeweilige Regionalkoordination<br />
an Jugendliche aus ihren Stadtteilen<br />
vermittelt. Das Mentoring findet dann ca. ein- bis<br />
dreimal wöchentlich bei den Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schülern zu Hause statt <strong>und</strong> wird vergütet. Dieses<br />
Geld kommt zu einem großen Teil direkt von den<br />
Eltern. Bei einkommensschwachen Familien wird das<br />
Mentoring aber häufig auch bezuschusst (z. B. aus<br />
Mitteln von Stiftungen) oder aus dem Bildungs- <strong>und</strong><br />
Teilhabepaket der B<strong>und</strong>esregierung finanziert.<br />
Erste Erfolge- ein verbessertes Lernklima <strong>und</strong><br />
wachsendes Interesse<br />
Durch das Mentoring im familiären Umfeld können<br />
die Eltern in die schulischen Aktivitäten ihrer Kinder<br />
besser miteingeb<strong>und</strong>en werden – in Ausnahmefällen<br />
werden die Eltern sogar zu Gesprächen mit der Schule<br />
von den Mentorinnen bzw. Mentoren begleitet.<br />
Die regionalen Koordinationen des Projekts in den<br />
verschiedenen Stadtteilen suchen in der Regel eine<br />
gute Kooperation mit den Schulen der betroffenen<br />
Jugendlichen. Je enger Projekt <strong>und</strong> Schule oder die<br />
Lehrkräfte zusammenarbeiten, desto besser kann das<br />
Mentoring funktionieren. In Klassen, in denen mehrere<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler an dem Projekt „Junge<br />
Vorbilder“ teilnehmen, lässt sich dies häufig am verbesserten<br />
Lernklima beobachten. Viele kommen inzwischen<br />
durch M<strong>und</strong>-zu-M<strong>und</strong>-Propaganda zum<br />
Projekt: „Ich möchte auch eine Nachhilfelehrerin wie<br />
meine Schulfre<strong>und</strong>in“ ist nicht selten der erste Satz,<br />
wenn sie im Projektbüro anrufen. Andere werden<br />
über die Schulen zum Beispiel durch die entsprechenden<br />
Klassenlehrkräfte vermittelt.<br />
Mentoring im interkulturellen Kontext<br />
Der Ansatz des „Mentoring mit Migrationshintergr<strong>und</strong>“<br />
ist so konzipiert, weil in gängiger Schulpraxis<br />
ebenso wie in vielen Mentorenprojekten die Ressource<br />
„kulturelle Vielfalt“ kaum wahrgenommen, geschweige<br />
denn als Potenzial erkannt <strong>und</strong> genutzt wird. Damit<br />
bietet das Konzept einerseits gerade denjenigen<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern, die oftmals als „Problemfall“<br />
stigmatisiert werden, eine andere <strong>und</strong> neue Perspektive.<br />
Die Erfahrungen zeigen ferner, dass auch die Schulen,<br />
die Eltern <strong>und</strong> die Gesellschaft „als Ganzes“ von den<br />
Mentorinnen <strong>und</strong> Mentoren „mit Migrationshintergr<strong>und</strong>“<br />
einiges lernen können. Beson ders die Gr<strong>und</strong>schulen<br />
<strong>und</strong> die bisherigen Haupt- <strong>und</strong> Realschulen<br />
(<strong>und</strong> ihre jeweiligen Nachfolgeinstitutionen in den<br />
B<strong>und</strong>esländern) bekommen häufig gar nicht mit, was<br />
aus ihren Schüle rinnen <strong>und</strong> Schülern nach dem<br />
Abschluss oder Wechsel auf eine andere Schule wird –<br />
dass also beispielsweise die Viertklässlerin mit Hauptschul<br />
empfeh lung inzwischen ihr Abitur mit einem<br />
Einserschnitt bestanden hat, oder der ehemalige Hauptschüler<br />
einige Jahre später Maschinenbau studiert.<br />
Ressourcen nutzen <strong>und</strong> Professionalität<br />
gewährleisten<br />
Die persönlichen Erfahrungen vieler Mentorinnen<br />
<strong>und</strong> Mentoren des Projekts deuten darauf hin, dass<br />
pauschalisierende niedrige Erwartungshaltungen von<br />
Lehrkräften <strong>und</strong> entsprechende Übergangs empfehlungen<br />
auf weiterführende Schulen eine zentrale Weichenstellung<br />
in ihrem Leben dargestellt haben. Und nicht<br />
selten müssen sie beobachten, dass auch ihre<br />
„Schützlinge“ diese Erfahrungen machen müssen <strong>und</strong><br />
wie negativ sich dies auf ihr Selbstwertgefühl auswirken<br />
kann. Allerdings haben die jetzigen Jugendlichen<br />
den Vorteil, von den Schul- <strong>und</strong> Lernerfahrungen ihrer<br />
„Vorbilder“ profitieren <strong>und</strong> daraus Mut schöpfen<br />
zu können. Die Berücksichtigung der kulturellen<br />
Identität der an dem Projekt Teilnehmenden bietet die<br />
Möglichkeit, den kulturellen Hintergr<strong>und</strong> bei<br />
Lernprozessen zu berücksichtigen, aber gleichzeitig<br />
auch als Ressource wahrzunehmen <strong>und</strong> wertzuschätzen.<br />
Das gilt im Übrigen auch für den sozialen<br />
Hintergr<strong>und</strong> der Familie von Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schülern <strong>und</strong> die Herkunft aus im öffentlichen<br />
Diskurs stigmatisierten Stadtteilen. Damit dies gut<br />
funktionieren kann, sind allerdings Training <strong>und</strong><br />
Begleitung der Mentorinnen <strong>und</strong> Mentoren unerlässlich.<br />
So ist nicht nur die Teilnahme an einem<br />
Basistraining Pflicht, sondern auch der Besuch von<br />
mindestens drei Fortbildungen <strong>und</strong> die Teilnahme an<br />
Mentorenabenden, der dem Austausch von positiven<br />
<strong>und</strong> negativen Erfahrungen zwischen den Mentoren<br />
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