Konflikte und Gewalt 5 - Jugendinformationszentrum
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Hamburger Praxis<br />
der Schüler. Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler nehmen<br />
dieses wahr <strong>und</strong> suchen die Lücken in der<br />
Beaufsichtigung durch die Lehrkräfte: Das Problem<br />
verschärft sich zunehmend. Dieses allgemeine Problem<br />
traf beileibe nicht nur auf die Lessing-Stadtteilschule<br />
zu, es findet sich in kleinen <strong>und</strong> großen Schulen aller<br />
Schulformen in den verschiedensten Gegenden<br />
Hamburgs.<br />
Erschwerend kommt für die Lessing-Stadtteilschule<br />
hinzu, dass sie auf drei (!) Standorte verteilt ist – häufige<br />
Ortswechsel der Lehrkräfte sind die Folge. Dies<br />
führt letztendlich dazu, dass man als Lehrkraft gefühlt<br />
ständig auf dem Weg zum Parkplatz ist, um zu<br />
einer anderen Lerngruppe an einem anderen Standort<br />
zu fahren; man hat überhaupt keine Zeit <strong>und</strong> kennt<br />
die meisten Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler ohnehin nicht.<br />
Was soll man also tun, wenn ein Regelverstoß,<br />
Vandalismus oder rauchende Jugendliche beobachtet<br />
werden?<br />
Ein Lösungsansatz<br />
Der Schule kann eine erprobte Methode angeboten<br />
werden, gemeinsames pädagogisches Handeln genau<br />
an den Bedürfnissen der Schule orientiert zu entwickeln<br />
<strong>und</strong> wirksam im Schulalltag zu verankern. So<br />
wird die Erreichung des Zieles der Stärkung der<br />
Verbindlichkeit erzieherischer Maßnahmen unterstützt.<br />
Die Schule definiert den Bereich des erzieherischen<br />
Handelns VOR einer Klassenkonferenz nach<br />
dem Ordnungsmaßnahmenparagraphen 49 HmbSG<br />
<strong>und</strong> kann die Erziehungsmaßnahmen wirksam umsetzen.<br />
Die Zuständigkeiten <strong>und</strong> die Kommunikationswege<br />
sind geklärt, die Dokumentation ist gesichert.<br />
Das fängt übrigens damit an, dass Lehrkräfte auf<br />
dem Weg zum Parkplatz ein praktisches <strong>und</strong> zuverlässiges<br />
Instrument an die Hand gegeben wird, wie sie<br />
einen Regelverstoß an die richtige Adresse melden<br />
können, damit er überhaupt bearbeitet werden kann.<br />
Weiter geht es mit klaren Zuständigkeiten <strong>und</strong> geregelten<br />
Informationsflüssen. Wann wird der<br />
Beratungsdienst eingeschaltet; ab welcher Stufe<br />
kommt die Schulleitung mit ins Boot? Die vereinbarten<br />
gemeinsamen pädagogischen Vorgehens weisen bei<br />
Regelverstößen bieten der einzelnen Lehrkraft<br />
Handlungssicherheit <strong>und</strong> Rückhalt gleichermaßen.<br />
Durch das gemeinsam vertretene pädagogische<br />
Auftreten tritt eine Beruhigung des Sozialklimas ein,<br />
wenn die Lehrkräfte Regeln <strong>und</strong> Konsequenzen einheitlich<br />
anwenden <strong>und</strong> umsetzen.<br />
Akzeptanz als Gr<strong>und</strong>voraussetzung des Gelingens<br />
Eine unabdingbare Bedingung für das Gelingen ist,<br />
dass das Lehrerkollegium aus eigenem Wunsch (oder<br />
eigenem Leidensdruck, s. o.) heraus das Angebot der<br />
Unterstützung als solches akzeptiert.<br />
Ebenso wichtig ist, dass die Schulleitung hinter<br />
dem sich anbahnenden Schulentwicklungsprozess<br />
steht <strong>und</strong> diesen zu ihrem eigenen Anliegen macht.<br />
Beides war bei der Lessing-Stadtteilschule der Fall.<br />
Zudem muss das Kollegium von Anfang an über den<br />
gesamten Verlauf des Prozesses informiert sein, damit<br />
die später zum Beschluss vorgelegten Produkte nicht<br />
als fremdbestimmt wahrgenommen werden.<br />
Überblick <strong>und</strong> Struktur des Konzepts<br />
Der Prozessablauf richtet sich nach einem Konzept<br />
zur Entwicklung von Schulregeln <strong>und</strong> Handlungsketten,<br />
das bis dato an 13 Hamburger Schulen zur<br />
Anwendung kam oder gerade angewandt wird. Der<br />
gesamte Vorbereitungs-, Arbeits- <strong>und</strong> Beschlussprozess<br />
wird dabei von Mitarbeitern der Beratungsstelle<br />
<strong>Gewalt</strong> prävention moderiert <strong>und</strong> begleitet.<br />
Nach der Klärung der schulischen Problemstellung<br />
mit Schulleitung <strong>und</strong> Vorbereitungsgruppe wird das<br />
Projekt auf einer Lehrerkonferenz präsentiert. Die<br />
Inhalte sind wie folgt: Einführung zum Thema<br />
„Gemeinsames pädagogisches Handeln“; Darstellung<br />
von Vor- <strong>und</strong> Nachteilen verschiedener Handlungsmodelle;<br />
Vorstellung der Arbeitsschritte zur Erarbeitung<br />
eines im Alltag der Einzelschule tragfähigen <strong>und</strong><br />
gelebten Handlungskonzeptes; Abstimmung über den<br />
Beginn des Schulentwicklungsprozesses (Quorum:<br />
75%); gemeinsame Bildung <strong>und</strong> Beauftragung der<br />
Arbeitsgruppe durch das Kollegium.<br />
Die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe ist<br />
höchst wichtig: Es müssen alle Meinungstrends des<br />
Kollegiums abgebildet, also auch ausdrücklich<br />
Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen beteiligt sein, die dem<br />
Arbeitsprozess abwartend bis skeptisch gegenüber<br />
stehen. Ihre Bedenken sind wichtig <strong>und</strong> müssen in die<br />
Konzeptentwicklung einfließen können, um etwas<br />
wirklich im Alltag Tragfähiges vorlegen zu können.<br />
Beratungsdienst <strong>und</strong> Schulleitung gehören ebenfalls in<br />
die Arbeitsgruppe.<br />
Die Arbeitsphase der Gruppe findet an nur drei<br />
Terminen statt, was eine konzentrierte <strong>und</strong> strukturierte<br />
Arbeitsweise erfordert.<br />
Zu einer schulweit gültigen Handlungskette gehört<br />
unbedingt auch eine Informationskette <strong>und</strong> – damit<br />
verb<strong>und</strong>en – die Möglichkeit, notwendige Dokumentationen<br />
ohne weiteren Arbeitsaufwand <strong>und</strong> alltagstauglich<br />
vorzunehmen. Mittlerweile steht eine umfassende<br />
Sammlung von Textbeispielen aus Schulen, die<br />
diesen Schulentwicklungsprozess bereits durchlaufen<br />
haben, zur Verfügung, die mit wenig Aufwand an die<br />
Bedürfnisse der eigenen Schule angepasst werden<br />
kann. Der Autor ist der Ansicht, dass in den Schulen<br />
Hamburgs nach wie vor viel zu oft das Rad komplett<br />
neu erf<strong>und</strong>en wird. Dieser These wurde bisher in keiner<br />
Schule widersprochen<br />
Die Arbeitsgruppe präsentiert die Handlungs- <strong>und</strong><br />
Kommunikationskette in einer weiteren Lehrerkon<br />
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