Konflikte und Gewalt 5 - Jugendinformationszentrum
Konflikte und Gewalt 5 - Jugendinformationszentrum
Konflikte und Gewalt 5 - Jugendinformationszentrum
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Schwerpunkt Cybermobbing<br />
des Cybermobbings nicht. Nichtsdestotrotz können<br />
viele Formen des Cybermobbings strafrechtlich relevant<br />
sein: Im Zentrum stehen dabei oftmals die ehrschützenden<br />
Tatbestände der Beleidigung (§ 185<br />
StGB, dem Betroffenen gegenüber werden ehrverletzende<br />
Werturteile oder unwahre Behauptungen geäußert),<br />
der üblen Nachrede (§ 186 StGB, hier werden<br />
geltungsanspruchverletzende, nicht erweislich wahre<br />
Behauptungen gegenüber Dritten in Abwesenheit des<br />
Betroffenen verbreitet) <strong>und</strong> der Verleumdung (§ 187<br />
StGB, hier werden bewusst unwahre, ehrverletzende<br />
Behauptungen in Abwesenheit des Betroffenen verbreitet).<br />
Auch für bestimmte Verletzungen des Rechts<br />
am eigenen Wort <strong>und</strong> des Rechts am eigenen Bild<br />
stellen spezielle Gesetze Strafvorschriften auf<br />
(Verbreitung eines Bildnisses ohne Einwilligung des<br />
Betroffenen: § 33 i.V.m. §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz<br />
(KUG); Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs<br />
durch Bildaufnahmen: § 201a StGB; Verletzung<br />
der Vertraulichkeit des Wortes: § 201 StGB;<br />
Verarbeitung personenbezogener Daten ohne Einwilligung<br />
mit Schädigungsabsicht: § 44 Abs. 1 i.V.m. § 43<br />
Abs. 2 B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetz (BDSG)). Daneben<br />
stellt das Strafgesetzbuch etwa die Nötigung (§ 240<br />
StGB, die Ausübung von <strong>Gewalt</strong> oder <strong>Gewalt</strong>androhung,<br />
um einen Menschen zu einer Handlung zu<br />
zwingen oder ihn dazu zu bewegen, etwas zu erdulden<br />
oder zu unterlassen) <strong>und</strong> die Bedrohung (§ 241<br />
StGB, die Bedrohung eines Menschen oder einer nahe<br />
stehenden Person mit der Androhung eines Verbrechens)<br />
unter Strafe. Für Formen des Cyberstalking, also<br />
der fortwährenden Belästigung oder Verfolgung, kann<br />
auch der Straftatbestand des § 238 StGB („Nachstellung“)<br />
Anwendung finden.<br />
Nicht nur das Strafrecht, auch das Zivilrecht <strong>und</strong><br />
medienspezifisches Ordnungsrecht erkennen – oft aufbauend<br />
auf der strafrechtlichen Bewertung – rechtlich<br />
bedeutsame Formen der Verletzung des Allge meinen<br />
Persönlichkeitsrechts durch private Dritte an <strong>und</strong> geben<br />
dem Betroffenen Möglichkeiten der Gegenwehr.<br />
Rechtliche Möglichkeiten des Betroffenen<br />
Abhängig vom Willen des Betroffenen bietet das<br />
Recht eine ganze Palette an Möglichkeiten, gegen die<br />
Persönlichkeitsrechtsverletzung vorzugehen. Soll der<br />
Täter bestraft werden, kann der Betroffene strafrechtliche<br />
Verfahren gegen den Täter einleiten lassen, vor<br />
allem durch Stellen einer Strafanzeige bzw. eines<br />
Strafantrags bei der Polizei. Täter ist regelmäßig nur<br />
der Äußernde, sind nicht aber die Diensteanbieter der<br />
Internetplattformen, da diese gerade keinen Vorsatz<br />
bezüglich der Persönlichkeitsrechtsverletzung haben.<br />
Sollen – ausschließlich, oder parallel zu der Anzeige<br />
bzw. dem Antrag – die noch abrufbaren Mobbinginhalte<br />
aus dem Netz verschwinden, so hat der<br />
Betroffene zivilrechtliche Unterlassungs- <strong>und</strong><br />
Löschungsansprüche (§§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog,<br />
823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) gegenüber<br />
dem Täter, aber auch gegenüber den Plattformanbietern<br />
im Internet, die diese Inhalte vorhalten.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich liegt die Beweislast der Rechtsverletzung<br />
hier beim Anspruchsteller. Zu den Unterlassungs<br />
ansprüchen, die zumindest den Täter von einer<br />
erneuten Äußerung abhalten können, kommen in<br />
Fällen besonders schwerwiegender Persönlich keitsrechts<br />
verletzungen ggf. auch Schadensersatz ansprüche<br />
oder gar Geldent schädigungs ansprüche („Schmerzensgeld“).<br />
Soweit durch Inhalte im Netz auch medienrechtliche<br />
Vorgaben des Medienordnungsrechts verletzt<br />
werden, kann sich der Betroffene an die zuständigen<br />
Medienaufsichtsstellen oder Selbstkontrollen wenden,<br />
also regelmäßig an die Landesmedienanstalten,<br />
im Jugendschutzbereich auch an die Freiwillige Selbstkon<br />
trolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) sowie<br />
bei Daten schutzverstößen an den jeweiligen Landesdaten<br />
schutzbeauftragten. So kann die Medienaufsicht<br />
ggf. aufsichtsrechtliche Maßnahmen einleiten (z. B.<br />
Unterlassungs- oder Löschungs anordnungen an den<br />
Inhalteanbieter, oder hilfsweise an den Plattformbetreiber<br />
oder Hoster), wenn ein Angebot gegen ehrschützende<br />
Normen, die Vorgaben des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags<br />
oder datenschutzrechtliche<br />
Vorgaben verstößt. Was das Recht allerdings<br />
nicht bietet, ist ein Anspruch auf eine Entschuldigung<br />
des Täters.<br />
Cybermobbing unter Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
– das Alter ist rechtlich relevant<br />
Cybermobbing ist auch – nicht nur – ein jugendspezifisches<br />
Phänomen. Für die rechtliche Einordnung der<br />
Handlung eines Heranwachsenden kommt es daher<br />
im Strafrecht wie im Zivilrecht auf das Alter des<br />
Täters (nicht des Betroffenen!) an: So sieht das<br />
Strafrecht vor, dass die sogenannte Strafmündigkeit<br />
erst ab dem 14. Lebensjahr besteht. Jüngere Täter<br />
sind nach § 19 StGB nie schuld- <strong>und</strong> damit straffähig.<br />
Für Heranwachsende bis Ende 20 gilt das Jugendstrafrecht,<br />
d.h. die im StGB angedrohten Strafmaße<br />
sind nicht aussagekräftig – der Richter hat hier großen<br />
Spielraum, den Delinquenten auch mit anderen<br />
Mitteln wieder auf die rechte Bahn zu bringen.<br />
Auch im Zivilrecht spielt das Alter des Täters eine<br />
große Rolle, wenn auch weniger starr an Altersgrenzen<br />
orientiert als im Strafrecht. Hier sind Kinder unter<br />
sieben Jahren gr<strong>und</strong>sätzlich nicht deliktsfähig.<br />
Jugendliche zwischen 7 <strong>und</strong> 18 Jahren sind für eine<br />
Rechtsverletzung bzw. einen Schaden nur dann verantwortlich,<br />
wenn sie bei der Begehung der Handlung<br />
die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche<br />
Einsicht besaßen (§ 828 Abs. 3 BGB). Ist das<br />
Kind zu jung oder besitzt es nicht die erforderliche<br />
8