Heft 1 - Institut für Zeitgeschichte
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Polizeiakten zur Judenverfolgung vor 19)8 79<br />
lich macht, wird es anheimgestellt, Ausnahmen gegenüber den in der Entschließung<br />
vom 19. 12. 34, B. Nr. 36420/34 I 1 B, niedergelegten Bestimmungen in eigener Zuständigkeit<br />
zuzulassen. Jedenfalls sind die Bundesmitglieder der zionistischen Verbände<br />
7 im Hinblick auf die auf Abwanderung nach Palästina gerichtete Tätigkeit<br />
nicht mit derjenigen Strenge zu behandeln, wie sie gegenüber den Angehörigen der<br />
sogen. deutsch-jüdischen Organisationen (Assimilanten) notwendig ist 8 . Es obliegt<br />
natürlich der eine Ausnahme genehmigenden Stelle nachzuprüfen, ob die Berufsumschichtung<br />
auch tatsächlich mit dem Ziele der Auswanderung erfolgt.<br />
I.A.<br />
gez. Klein<br />
Dokument Nr. 3<br />
Bayerische Politische Polizei München, den 20. Februar 1935<br />
B.Nr. 17186/35 I 1 B.<br />
An alle Polizeidirektionen 9 ,<br />
Betreff:<br />
Versammlungen jüdischer Organisationen.<br />
In letzter Zeit mehrt sich die Zahl der Vorträge in jüdischen Organisationen 10 , in<br />
denen Propaganda <strong>für</strong> das Verbleiben der Juden in Deutschland getrieben wird. Da<br />
ohnehin die Versammlungstätigkeit der Juden sehr rege ist und eine ordnungs-<br />
' Sie waren wie die übrigen jüdischen Jugendorganisationen seit 1924 im „Reichsausschuß<br />
der Jüdischen Jugendverbände" zusammengeschlossen. Die eigentliche Initiative lag jedoch<br />
bei dem Zentralausschuß <strong>für</strong> Hilfe und Aufbau (vgl. Giora Lotan: Die Zentralwohlfahrtsstelle,<br />
Publ. of the Leo Baeck <strong>Institut</strong>e, Year-Book IV, S. 194ff. Von zionistischer Seite wurde dem<br />
Reichsausschuß der jüdischen Jugendverbände ein Mangel an Initiative vorgeworfen (vgl.<br />
Jüdische Rundschau Nr. 12 v. 12. 2. 1935).<br />
8 Der Inhalt des Dokuments ist durch die Presse bekanntgeworden, was von jüdischer Seite<br />
dahin kommentiert wurde, daß die Berufsumschichtung unabhängig von der Parteizugehörigkeit<br />
der Jugendverbände angestrebt werden „müsse" (vgl. Jüdische Rundschau Nr. 21<br />
v. 12. 3. 1935).<br />
9 Verteiler wie in Dokument Nr. 2 , ebenso in allen folgenden Dokumenten (...).<br />
10 Dieser Stimmungsumschwung ist nicht zuletzt durch verschiedentliche beruhigende<br />
Erklärungen von offizieller deutscher Seite bedingt gewesen, die aus außenpolitischen Rücksichten<br />
eine grundlegende Erweiterung der bisherigen Verordnungen und Gesetze mit Ausnahme<br />
des Rassenschutzes dementierten. Vgl. etwa den Kommentar „Sind Juden Staatsbürger?"<br />
in der Jüdischen Rundschau Nr. 4 v. 11. 1. 1935 zu einem Presseinterview des<br />
Reichsinnenministers Frick (in dem von der Lösung des Saarproblems eine Entspannung erwartet<br />
wurde). Es ist bemerkenswert, daß auch von zionistischer Seite der Gedanke an einen<br />
möglichen neuen Abschnitt der Entwicklung des Judentums verbreitet war (vgl. auch Jüdische<br />
Rundschau Nr. 5 v. 15.1.1935: „Nach dem 13. Januar"). Ende 1934 trat Joachim Schoeps<br />
mit dem Programm des „Vortrupp" hervor (Wille und Weg des deutschen Judentums, Vortrupp-Verlag,<br />
Berlin 1935), das noch einmal den Versuch unternahm, die Chancen eines<br />
korporativen jüdischen Minderheitenrechts im Rahmen eines jüdischen Staatsaufbaues auszunützen.<br />
Es war die Programmschrift des vorübergehend gebildeten „Aktionsausschusses<br />
Jüdischer Deutscher", dem der RjF, der Deutsche Vortrupp und der Verband Nationaldeutscher<br />
Juden angehörten und hinter dem auch der CV stand. Vgl. den Kommentar der<br />
Jüdischen Rundschau Nr. 101 vom 18. 12. 1934 von Ernst Simon: Der Zionismus und das<br />
deutsche Judentum. Ferner: H. J. Schoeps, Die letzten dreißig Jahre, Rückblicke. Stuttgart<br />
1956, S. 98ff. sowie Lamm a.a.O., S. 162ff.