Download PDF ↓ Datei: 10 MB - Hans Otto Theater
Download PDF ↓ Datei: 10 MB - Hans Otto Theater
Download PDF ↓ Datei: 10 MB - Hans Otto Theater
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
premiere in der reithalle<br />
Peter Handke<br />
Kaspar<br />
Der Findling Kaspar ist ein unbeschriebenes Blatt. Er findet sich unvorbereitet<br />
in einer ihm unbekannten Welt wieder. Er hat nur einen<br />
einzigen Satz: »Ich möchte ein solcher werden, wie einmal ein andrer<br />
gewesen ist.« Doch dieser Satz hilft ihm nicht, ein Verhältnis zur<br />
Welt aufzubauen, denn Kaspar kennt die Worte der Sprache nicht.<br />
Er kennt auch sich selbst nicht. Da melden sich unsichtbare Einsager<br />
und unterwerfen Kaspar schrittweise einem Spracherziehungsprogramm.<br />
Sie sagen ihm, was was ist, wer er ist und wie eines mit<br />
dem anderen zusammenhängt. Kaspar wird durch Sprechen zum<br />
Sprechen gebracht, er lernt die Dinge zu benennen und alles in eine<br />
Ordnung zu bringen: »Seit ich sprechen kann, kann ich alles in Ordnung<br />
bringen.« Die Dressur der Einsager, Handke nennt sie auch<br />
»Sprechfolterung«, ist gelungen. Kaspar hat sich angepasst, er ist Teil<br />
des Systems geworden: »Ich bin in die Wirklichkeit übergeführt.«<br />
Einen Weg zurück gibt es nicht, egal, was um ihn herum geschieht.<br />
Was kann ein Mensch denken oder fühlen, wenn er keine Sprache hat? Ab<br />
wann wird der Mensch zum Menschen? Den Prozess des Spracherwerbs und<br />
der Erziehung hat jeder durchlaufen. Damit hat jeder auch die der Sprache<br />
inhärente Ordnung übernommen – und damit ein Wertesystem, das zwangsläufig<br />
Grenzen der Wahrnehmung und des Denkens vorgibt. Handkes »Kaspar«,<br />
1968 uraufgeführt, erzählt überraschend aktuell vom Einfluss der allgegenwärtigen<br />
virtuellen Welt auf unsere Wahrnehmung, unser Verhalten und<br />
unsere Persönlichkeit.<br />
Regie Fabian Gerhardt Bühne+Kostüme Matthias Müller<br />
Premiere 12. Dezember 2013 Spielort Reithalle<br />
Koproduktion mit der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf«<br />
Potsdam-Babelsberg. Studioinszenierung des 3. Studienjahrs Schauspiel.<br />
33