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44 Bionik Forschung<br />

Die Natur als Vorbild<br />

Die Bionik hat sich als interdisziplinäres Forschungsgebiet einen festen Platz in der Wissenschaft erobert,<br />

interessant für Naturwissenschaftler, Architekten, Philosophen, Soziologen, Designer und vor allem Ingenieure.<br />

Auch Wissenschaftler der TU Hamburg holen sich für ihre neuen Technologien Anleihen aus Flora und Fauna. Was<br />

man vom Kongo-Rosenkäfer und Gecko, Bambusstängel und Zahnschmelz lernen kann, darüber berichtet<br />

Birk Grüling im folgenden Beitrag.<br />

Käfergelenke als Vorbild<br />

Der Kongo-Käfer ist ein eher durchschnittlicher<br />

Vertreter seiner Gattung.<br />

Er besitzt keine besonderen<br />

Eigenschaften, die Biologen verzücken<br />

könnten. Auch vom Aussterben ist der<br />

Pachnoda marginata nicht bedroht. Nur<br />

Terrarien-Freunde benutzen die Larven<br />

des kaum 25 Millimeter großen Käfers zur<br />

Fütterung ihrer Reptilien. „Der Käfer ist<br />

anatomisch nicht auffällig und leicht zu<br />

züchten, für unsere Forschung sind das<br />

gute Voraussetzungen“, sagt Steffen Vagts,<br />

Ingenieur in der Arbeitsgruppe für Anlagensystemtechnik<br />

und methodische Produktentwicklung<br />

unter Leitung von<br />

Professor Josef Schlattmann. Im Fokus der<br />

TU-Wissenschaftler stehen die Gelenke<br />

dieses Käfers, der – wie der Name es sagt<br />

– im Kongo, aber auch anderen Gebieten<br />

Zentral-und Westafrikas zu Hause ist.<br />

Alle Insekten haben sechs Beine mit je fünf<br />

Gliedern, die durch Gelenke miteinander<br />

verbunden sind. Die Hüfte ist dabei direkt<br />

mit dem Körper verwachsen, danach folgen<br />

drei unterschiedlich lange, bewegliche<br />

Teile – der Schenkelring, der Schenkel und<br />

die Schiene – das Bein endet schließlich<br />

im Fuß. Ihre Beine nutzen die Insekten<br />

nicht nur zum Laufen, sondern auch zum<br />

Schwimmen, Graben, Springen oder dem<br />

Einsammeln von Nahrung. „Über die mechanischen<br />

und vor allem tribologischen<br />

Funktionsweisen der Gelenke wissen wir<br />

bisher nur wenig. Für die Technik ist die Erforschung<br />

sehr interessant“, sagt Vagts.<br />

Denn in der Wissenschaft geht man davon<br />

aus, dass die Insektengelenke – anders als<br />

beim Menschen – mit trockener Reibung<br />

funktionieren – also ohne Knorpel und<br />

Gelenkflüssigkeit sowie ohne größeren<br />

Verschleiß durch Reibung. Um dem Geheimnis<br />

des Käfergelenks auf die Spur zu<br />

kommen, arbeiten Vagts und seine Kollegen<br />

mit Biologen der Christian-Albrechts-<br />

Universität Kiel zusammen. Im Labor<br />

werden die Käfer-Gelenke auf bis zu 30<br />

verschiedene Parameter analysiert. „Langfristig<br />

wollen wir auf Basis dieser Erkenntnisse<br />

auch Produkte entwickeln“, sagt<br />

Vagts. Eine mögliche Anwendung könnte<br />

zum Beispiel im Fahrzeugbau liegen: So hat<br />

die Einzelradaufhängung eines PKW<br />

mehrere Kugelgelenke, die nur<br />

durch den Einsatz von – auf<br />

der Basis von Erdöl gewonnenen<br />

– Schmiermitteln<br />

funktionieren.<br />

Optimierung in der<br />

Natur<br />

Jedes Kilogramm eines Flugzeugs kostet<br />

Kerosin und damit Geld. Mit entsprechend<br />

viel Ehrgeiz suchen Forscher und<br />

Flugzeughersteller nach Wegen, das Gewicht<br />

der Flieger zu reduzieren. Ein Vorbild<br />

ist ihnen dabei auch die Natur. „Ob bei<br />

Pflanzen oder Tieren, es wird stets nur so<br />

viel an ‚Material‘ eingesetzt, wie es nötig<br />

ist. Davon kann man lernen“, sagt Professor<br />

Claus Emmelmann. Besonders interessant<br />

für den Leiter des Instituts für Laserund<br />

Anlagensystemtechnik sind Knochen,<br />

Bambus und Seerosenstängel: Sie sind extrem<br />

leicht, innen hohl und trotzdem sehr<br />

stabil. Diese Eigenschaften sind millionenfach<br />

erprobt, ihren Machbarkeitstest<br />

haben die Pflanzen längst bestanden. Wie<br />

weit die Natur der Technik voraus ist, wird<br />

auch im folgenden Beispiel sehr deutlich.<br />

In einem Kooperationsprojekt mit dem<br />

Flugzeughersteller Airbus untersuchten<br />

Emmelmann und sein Team eine ganze<br />

Reihe nicht tragender Teile eines Flugzeugs,<br />

beispielsweise Halterungen oder<br />

Gepäckablagen. „Wir berechneten mit<br />

Hilfe der Finite-Elemente-Methode die<br />

maximale Belastung, denen diese Teile ausgesetzt<br />

sind und konstruierten dementsprechend<br />

und nach dem aktuellen Stand<br />

der Technik neu“, beschreibt Emmelmann.<br />

Als nächstes verglichen die Wissenschaftler<br />

ihre neuen Konstruktionen mit Struk-

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