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Dokument 1.pdf - ELBA: Das elektronische BASt-Archiv - hbz

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22<br />

Dies beeinträchtigt die Aussagekraft der EDA-<br />

Werte gerade bei der Anwendung außerhalb eines<br />

kontrollierten Settings erheblich.<br />

Änderungen der zentralnervösen Aktivierung spiegeln<br />

sich auch in Veränderungen der Pupille wider.<br />

Bei Müdigkeit nehmen der Pupillendurchmesser<br />

ab und die Latenz der Kontraktion zu (SIREVAAG;<br />

RUSSO et al. 1999). Problematisch ist die hohe<br />

Beeinflussbarkeit pupillografischer Indikatoren<br />

durch Licht, Beanspruchung oder Langeweile.<br />

Eine standardisierte Erfassung pupillografischer<br />

Maße in einem von äußeren Störeinflüssen abgeschotteten<br />

Setting ermöglicht der Pupillografische<br />

Schläfrigkeitstest (PST). Auf dieses Testverfahren<br />

wird im folgenden Unterkapitel umfassend<br />

eingegangen, da er aus Expertensicht das valideste<br />

peripherphysiologische Messverfahren darstellt<br />

und im Rahmen der Delphi-Studie (siehe Kapitel<br />

6.3.6) seine Mess- und Testgüte kontrovers diskutiert<br />

wurden.<br />

Einen interessanten Forschungsansatz stellt die Erfassung<br />

kognitiv-physiologischer Sprachveränderungen<br />

(Artikulation, Atmung, Stimm- und Lautbildung)<br />

infolge von Müdigkeit dar. Erste Studien<br />

sprechen für eine hohe Klassifikationsgüte<br />

wacher und müder Probanden von bis zu 86 %<br />

(KRAJEWSKI et al. 2009). Die Autoren beschreiben<br />

das Verfahren als robust gegen Umgebungsbedingungen<br />

wie Feuchtigkeit, Temperatur und Vibrationen<br />

bei einer kontaktfreien und nicht intrusiven<br />

Messung (KRAJEWSKI et al. 2009). Allerdings<br />

zeigte sich, dass die Müdigkeitserkennung durch<br />

ein Training der Stimme beeinträchtigt werden kann<br />

(BAGNALL et al. 2011). Für eine umfassende Beurteilung<br />

ist es verfrüht, doch scheint der gewählten<br />

Ansatz vielversprechend.<br />

Zu weiteren müdigkeitsbedingten physiologischen<br />

Veränderungen gehören<br />

• ­ das Absinken der Körperkerntemperatur bei<br />

gleichzeitigem Anstieg der peripheren Temperatur<br />

(van den HEUVEL et al. 1998),<br />

• ­ der Anstieg des Melatonin-Levels (LOWDEN<br />

et al. 2004),<br />

• ­ das Absinken des Blutdrucks (MALIK et al.<br />

1996),<br />

• ­ die Abnahme der Atmungsfrequenz (DUREMAN<br />

& BODÉÉN 1972),<br />

• ­ der Anstieg des Ptyalinspiegels (YAMAGUCHI<br />

et al. 2006).<br />

Fazit<br />

In ihrer Validität bleiben peripherphysiologische<br />

und endokrinologische Maße größtenteils hinter<br />

anderen Messverfahren zurück. Dies ist insbesondere<br />

darauf zurückzuführen, dass viele gerade im<br />

Feld nicht kontrollierbare Faktoren (Temperatur,<br />

Bewegung, Licht, Nahrungsaufnahme, Stress, Beanspruchung<br />

etc.) die Messgrößen stark beeinflussen.<br />

Bei einigen Messverfahren ist die Erfassung<br />

außerhalb eines Laborsettings (z. B. Melatonin,<br />

Cortisol, Ptyalin) kaum denkbar. Zumindest<br />

gängigere Maße wie z. B. die Herzrate und die<br />

Herzratenvariabilität zeigen auch bei den (generell)<br />

seltenen Studien im realen Straßenverkehr<br />

müdigkeitsbedingte Veränderungen. Auch scheint<br />

nach ersten Erkenntnissen durch die Analyse<br />

müdigkeitsbedingter Sprachveränderung eine<br />

vergleichsweise robuste und nichtintrusive<br />

Anwendbarkeit während der Fahrt möglich. Doch<br />

liegen zu Letzterem noch zu wenige Erkenntnisse<br />

vor, um ein abschließendes Urteil zu fällen. Die<br />

hier aufgeführten physiologischen Verfahren<br />

können als zusätzliche Indikatoren die Müdigkeitsdetektion<br />

durch andere, spezifischere Müdigkeitsmessverfahren<br />

ergänzen. Von einer ausschließlichen<br />

Verwendung peripherphysiologischer<br />

Maße ist abzuraten.<br />

Pupillografischer Schläfrigkeitstest (PST)<br />

Der PST erfasst die spontanen Pupillenschwankungen,<br />

die infolge der abnehmenden zentralnervösen<br />

Aktivierung bei erhöhter Müdigkeit unter<br />

Ausschluss von Lichteinfall auftreten. <strong>Das</strong> Ausmaß<br />

der Schwankungen über die bislang noch elfminütige<br />

Messzeit wird über das Amplitudenspektrum<br />

in Hz und den Pupillenunruheindex (PUI) in<br />

mm quantifiziert. Die Messung erfolgt in absoluter<br />

Dunkelheit, der Kopf wird mithilfe einer Kinnstütze<br />

fixiert, und die Aufgabe des Probanden besteht<br />

darin, während der elfminütigen Messung einen<br />

leuchtenden Punkt zu fixieren. Entwickelt und vorrangig<br />

eingesetzt wurde der PST zur Erfassung<br />

der Tagesschläfrigkeit. Er differenziert zwischen<br />

gesunden und schlafkranken (Hypersomnikern,<br />

Probanden mit hoher Tagesschläfrigkeit) Probanden,<br />

wobei Letztere signifikant höhere Werte des<br />

Amplitudenspektrums und des PUI aufwiesen<br />

(WILHELM et al. 1998b; WILHELM et al. 1998a).<br />

Auch Korrelationen zu Selbstbeurteilungsverfahren<br />

(ca. r = .3) und videobasierten Expertenratings<br />

sind belegt (WILHELM 2007; SCHNIEDER et al.<br />

2012).

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