Dokument 1.pdf - ELBA: Das elektronische BASt-Archiv - hbz
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steht weiterer Forschungsbedarf zur Systementwicklung<br />
und ihrer Evaluierung auf Basis objektiver<br />
Daten.<br />
• Bislang weist kein Messverfahren eine genügend<br />
hohe Güte auf, die für einen Einsatz bei<br />
Verkehrskontrollen erforderlich ist. Eine valide<br />
Müdigkeitserfassung unter Gewährleistung der<br />
Einzelfallgerechtigkeit ist (noch) nicht gewährleistet<br />
und ein routinemäßiger Einsatz mit<br />
möglicher Sanktionierung bei Auffälligkeit daher<br />
nicht gerechtfertigt.<br />
Bewertung der Müdigkeitsmessverfahren<br />
• Peripherphysiologische Verfahren können nachweislich<br />
müdigkeitsbedingte Veränderungen erfassen.<br />
Doch ist der Zusammenhang eher<br />
schwach ausgeprägt und nicht müdigkeitsspezifisch.<br />
Die Messverfahren sind teilweise sehr intrusiv<br />
(Elektrokardio- und -myogramm) oder<br />
sogar mit der Fahraufgabe unvereinbar (Bestimmung<br />
des Melantonin- oder Cortisolspiegels,<br />
Posturografie).<br />
• Alle in der Delphi-Runde diskutierten Verfahren<br />
ermöglichen einen validen Einsatz im Bereich<br />
Forschung und Entwicklung. Geordnet nach Anzahl<br />
ihrer Nennungen gehören dazu Indikatoren<br />
des Lidschlussverhaltens (8), des Lenkverhaltens<br />
(6), des videobasierten Expertenratings (5),<br />
des EEG (4) und pupillografischen Schläfrigkeitstests<br />
(4) und der Spurhaltung (3).<br />
• Die Erfassung der Fahrperformanz über Parameter<br />
der Lenk- und Spurhaltung bietet eine<br />
hohe externe Validität bei nicht intrusiver Erfassung<br />
während der Fahrt. Wohl der größte Nachteil<br />
besteht in der Störanfälligkeit der Datenerfassung<br />
durch Streckencharakteristika. Nur bei<br />
Erfassung auf gerader Strecke über einen längeren<br />
Zeitraum sind die Daten eindeutig interpretierbar.<br />
<strong>Das</strong> schließt die Möglichkeit der Müdigkeitserfassung<br />
im Stadtverkehr aus. Für<br />
einen Einsatz der Messverfahren bei Müdigkeitswarnsystemen<br />
im Fahrzeug erscheinen die<br />
fahrperformanzbasierten Messverfahren am<br />
praktikabelsten. Sie liefern seit geraumer Zeit<br />
die Datengrundlage für die Zustandserkennung<br />
bei Müdigkeitswarnsystemen im Fahrzeug.<br />
Doch sind die müdigkeitsbedingten Veränderungen<br />
der Parameter abhängig vom Fahrzeugtyp<br />
und -modell und daher modellspezifisch anzupassen.<br />
• Für Forschungszwecke ist das EEG ein etabliertes<br />
Verfahren, das mit der Weiterentwicklung<br />
der Signalanalyse und zunehmend kontaktärmeren<br />
Erfassungsmethoden noch erhebliches<br />
Potenzial erkennen lässt. Die klassischen Frequenzbänder<br />
Alpha, Beta und Theta, die vor<br />
zehn Jahren bei der Müdigkeitserfassung präferiert<br />
eingesetzt wurden, scheinen allmählich ersetzt<br />
zu werden durch die Analyse der robusteren<br />
Spindeln im Alpha- und Thetaband. Ein Einsatz<br />
des EEG im alltäglichen Straßenverkehr<br />
wird erst bei Gewährleistung einer nicht intrusiven<br />
Erfassung – diskutiert wird bspw. die EEG-<br />
Ableitung im Fahrzeughimmel oder die Verwendung<br />
„trockener Elektroden“ – möglich.<br />
• Geschwindigkeit, Frequenz und Dauer des Lidschlusses<br />
gehören zu den derzeit validesten Indikatoren<br />
der Fahrermüdigkeit. Bei der höchsten<br />
Anzahl an Nennungen als valides Müdigkeitsmessverfahren<br />
(8 von 12 Experten) weist das<br />
Bewertungsprofil ein im Vergleich zu den anderen<br />
fünf Messverfahren konformeres Ergebnismuster<br />
auf. Bei verbesserter Sensortechnik, geringerer<br />
Störanfälligkeit und selbstverständlich<br />
einer kamerabasierten Erfassung (statt EOG)<br />
wäre ein Einsatz im Fahrzeug realisierbar. Die<br />
auf das Fahrergesicht gerichtete Kamera mag<br />
intrusiver sein als die unauffällige Aufzeichnung<br />
von Lenkverhalten und Spurhaltung, doch mit<br />
der angehenden Einführung von Systemen, die<br />
bei Unaufmerksamkeit warnen (z. B. bei Lexus),<br />
wäre die Einbindung der Müdigkeitserkennung<br />
in im Fahrzeug verfügbare Technologien möglich.<br />
• Die videobasierte Verhaltensbeobachtung durch<br />
Experten ist ein insbesondere in der Automobilindustrie<br />
gängiges Verfahren zur Offline-Bestimmung<br />
der Müdigkeit mit hoher externer Validität.<br />
Ein Einsatz außerhalb der Forschung und Entwicklung<br />
ist aufgrund mangelnder Akzeptanz<br />
(Videoaufnahme, -speicherung und -sichtung zu<br />
intrusiv) und des hohen zeitlichen Aufwandes<br />
bei der Datenauswertung unwahrscheinlich.<br />
• Die Güteeigenschaften des Pupillografischen<br />
Schläfrigkeitstests wurden kontrovers diskutiert.<br />
Während das Verfahren in der Schlafmedizin als<br />
etabliert und umfassend validiert gilt, ist die Eignung<br />
des PST zur Vorhersage von Fahrleistungsbeeinträchtigungen<br />
unklar. <strong>Das</strong> Ausmaß<br />
der Reaktivität der Messung sollte kritisch<br />
geprüft werden. Die angestrebte Verkürzung der