Dokument 1.pdf - ELBA: Das elektronische BASt-Archiv - hbz
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5.3.5 Verhaltensanpassungen<br />
Bei nahezu jedem Fahrerassistenzsystem wird die<br />
Frage nach möglichen negativen Verhaltensanpassungen<br />
aufgeworfen. Bei Verfügbarkeit eines MWS<br />
– so die Befürchtung – könnten sich die Fahrer zu<br />
sehr auf die Systemwarnung verlassen und demzufolge<br />
bei ausbleibenden Warnungen seltener Fahrpausen<br />
einlegen als vor Nutzung des MWS. Daher<br />
wurden die Fahrer gebeten, ihr aktuelles Pausenverhalten<br />
mit Pausenverhalten vor Nutzung des<br />
MWS zu vergleichen:<br />
• Seltenere Pausen berichteten 0 %,<br />
• häufigere Pausen nur 5 % (d. h. ein Fahrer),<br />
• keine Veränderung bei 95 %.<br />
<strong>Das</strong> Pausenverhalten zeigt sich damit nahezu unverändert.<br />
Weitere Verhaltensanpassungen (z. B.<br />
spätere Fahrpausen) wurden (in einer offen formulierten<br />
Frage) nicht genannt, lassen sich jedoch<br />
nicht ausschließen.<br />
5.3.6 Soziodemografische Unterschiede<br />
Trotz der geringen und recht homogenen Stichprobe<br />
zeigen sich einige Unterschiede in der MWS-Bewertung<br />
über die Stichprobe. So korreliert das Ausmaß,<br />
mit dem die Müdigkeitserkennung als zutreffend<br />
beschrieben wird, deutlich und signifikant mit<br />
einigen soziodemografischen Merkmalen der Stichprobe.<br />
Sie wird negativer beurteilt<br />
• mit steigendem Alter (r = -.455 mit p = .044),<br />
• bei einer höheren jährlichen Fahrleistung<br />
(r = -597 mit p = .005) und<br />
• einer höheren Kilometerzahl der MWS-Nutzung<br />
(r = -.511 mit p = .021), die auch mit der jährlichen<br />
Fahrleistung hoch korreliert.<br />
Die Bewertung des aus Nutzersicht erzielten<br />
Sicherheitsgewinns weist hingegen keine signifikanten<br />
Zusammenhänge (p > .05) zu den genannten<br />
soziodemografischen Merkmalen auf.<br />
5.4 Einschränkungen<br />
Die Effektivität der Systemwarnung, müde Fahrer<br />
zu einer Fahrpause zu bewegen, ist nur eingeschränkt<br />
beurteilbar. Ob weniger und, wenn ja, wie<br />
viel weniger Fahrer ohne die Systemwarnung pausiert<br />
hätten, lässt sich aufgrund der fehlenden Vergleichsbasis<br />
nicht beurteilen. Ein experimentelles<br />
Vorgehen könnte hier Aufschluss bringen.<br />
Die befragte Stichprobe zeichnet mit Sicherheit kein<br />
repräsentatives Abbild der Gesamtheit der Pkw-Fahrer.<br />
Möglich, doch nicht abgesichert, ist, dass das<br />
Gros der befragten Fahrer derzeit den „typischen<br />
Nutzer“ oder zumindest den „Power-User“ abbildet.<br />
Nicht auszuschließen ist daher, dass eine repräsentative<br />
Stichprobe ein anderes, positiveres (man bedenke<br />
den negativen hohen Zusammenhang zwischen<br />
Fahrleistung und wahrgenommener Detektionsgüte)<br />
Bild der MWS gezeichnet hätte.<br />
Ziel der Studie war eine Beurteilung der Akzeptanz<br />
und Compliance in Hinsicht auf MWS und keine<br />
vergleichende Evaluation unterschiedlicher MWS.<br />
Aus diesem Grund werden keine Aussagen zu Unterschieden<br />
in der wahrgenommenen Detektionsgüte<br />
zwischen den MWS verschiedener Hersteller<br />
angestrebt. Ohnehin wären diese angesichts der<br />
geringen Stichprobe nicht tragfähig.<br />
Bei der Interpretation der Ergebnisse, insbesondere<br />
bei der Nennung der Prozentzahlen, ist Vorsicht<br />
geboten. Bei der geringen Stichprobe wirkt sich<br />
jede einzelne Antwort sehr gewichtig aus. Vor allem<br />
muss stets berücksichtigt werden, dass alle Aussagen<br />
auf rein subjektiven Angaben beruhen. Der Bezugsrahmen<br />
für die Beurteilung der Detektionsgüte<br />
(Welche Warnung zählt als Treffer, welche als Fehlalarm?)<br />
ist stets die Selbstbeurteilung der Fahrer.<br />
Wenn Fahrer nun dazu neigen, das Ausmaß ihrer<br />
Müdigkeit zu unterschätzen, würde dies eine Unterschätzung<br />
der Trefferzahl von MWS und eine<br />
Überschätzung der Zahl von Fehlalarmen bedeuten.<br />
Nur ein experimenteller Ansatz bzw. eine umfassende<br />
Naturalistic Driving Study könnte diesbezüglich<br />
Aufschluss geben.<br />
5.5 Fazit<br />
<strong>Das</strong> Unfallvermeidungspotenzial von MWS hängt<br />
v. a. von zwei Faktoren ab: der Güte der Müdigkeitsdetektion<br />
und der angemessenen Reaktion der<br />
Fahrer auf die Systemwarnungen. Aus Nutzersicht<br />
erscheint die wahrgenommene Detektionsgüte als<br />
nicht zufriedenstellend, Fehlalarme und Verpasser<br />
werden in gleichem Maße häufiger berichtet als<br />
korrekte Alarme. Hier gilt es zu berücksichtigen,<br />
dass Fahrer, die bislang weder einen Fehler (Fehlalarm<br />
oder Verpasser) noch einen Treffer berichtet