Dokument 1.pdf - ELBA: Das elektronische BASt-Archiv - hbz
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3<br />
Kurzfassung – Abstract<br />
Erfassung der Fahrermüdigkeit<br />
10 % bis 20 % der Straßenverkehrsunfälle werden<br />
auf Müdigkeit am Steuer zurückgeführt. Es steht<br />
eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden zur Verfügung,<br />
um Müdigkeit beim Fahrer zu erkennen. Ziel<br />
des vorliegenden Projekts war es, die Stärken und<br />
Schwächen der verschiedenen Müdigkeitsmessverfahren<br />
vergleichend zu beschreiben und existierende<br />
Müdigkeitsmess- und Müdigkeitswarnsysteme<br />
im Überblick darzustellen. Die Ergebnisse beruhen<br />
auf folgender Verknüpfung von Literaturanalysen,<br />
Experten- und Nutzerbefragungen:<br />
• Literaturanalyse und zusammenfassende Darstellung<br />
von Müdigkeitsmessverfahren, die auf<br />
physiologischen und leistungsbezogenen Messgrößen<br />
beruhen.<br />
• Literaturanalyse zu Müdigkeitsmess- und Warnsystemen,<br />
Befragung der Systemhersteller und<br />
zusammenfassende Darstellung der identifizierten<br />
Systeme.<br />
• Befragung von 20 Nutzern von den in Mittel- und<br />
Oberklassefahrzeugen implementierten Müdigkeitswarnsystemen<br />
zur Beurteilung der wahrgenommenen<br />
Detektionsgüte, Akzeptanz und<br />
Compliance.<br />
• Erarbeitung eines Gütekriterienkatalogs als<br />
Grundlage für die Bewertung und den Vergleich<br />
ausgewählter Müdigkeitsmessverfahren.<br />
• Zweistufige Befragung von 12 Experten aus<br />
Industrie- und Hochschulforschung nach der<br />
Delphi-Methode. Ziel war die Auswahl und<br />
Bewertung der validesten Verfahren zur Erfassung<br />
der Fahrermüdigkeit, begründeter Zweitbewertungen<br />
bei abweichenden Urteilen und<br />
der Beurteilung ihrer Eignung für verschiedene<br />
Einsatzgebiete.<br />
• Workshop mit den Delphi-Teilnehmern zur<br />
Diskussion und Ergänzung der Delphi-Ergeb -<br />
nisse.<br />
Die 70 in der Fachliteratur identifizierten Müdigkeitsmesssysteme<br />
unterscheiden sich in den zugrunde<br />
liegenden Müdigkeitsmessverfahren, dem<br />
Vorliegen und der Gestaltung von Warnfunktionen<br />
und ihrer Verbreitung. Nur selten werden überzeugende<br />
Validierungsbelege oder Angaben zur Anzahl<br />
falscher und ausbleibender Alarme angeführt.<br />
Aus Nutzersicht bieten die derzeit in Mittel- und<br />
Oberklassemodellen verfügbaren Müdigkeitswarnsysteme<br />
oftmals keine zufriedenstellende Detek -<br />
tionsgüte. Vielfach wird die Fahrt trotz detektierter<br />
und selbst eingestandener Müdigkeit fortgesetzt.<br />
Ca. die Hälfte der Fahrer sieht in der Nutzung der<br />
Müdigkeitswarnsysteme einen Zuwachs an Sicherheit.<br />
Zu den validesten Müdigkeitsmessverfahren gehören<br />
aus Expertensicht die Erfassung der Fahrperformanz<br />
(Lenkverhalten und Spurhaltung) und des<br />
Lidschlussverhaltens, das videobasierte Expertenrating,<br />
das EEG und der Pupillografische Schläfrigkeitstest.<br />
Die unterschiedlichen Stärken und<br />
Schwächen der sechs ausgewählten Messverfahren<br />
werden im Bericht detailliert aufgeführt.<br />
Nach wie vor existiert kein Goldstandard zur<br />
Müdigkeitserfassung. Je nach Einsatzgebiet sind<br />
entweder alle sechs ausgewählten Messverfahren<br />
(Forschung & Entwicklung), nur einige (Müdigkeitswarnsystem<br />
im Fahrzeug) oder kein einziges (Verkehrskontrolle)<br />
geeignet. Die Auswahl der Messverfahren<br />
sollte daher in Abhängigkeit des jeweiligen<br />
Ziels und Kontexts der Müdigkeitserfassung erfolgen<br />
und die spezifischen Stärke-Schwächenprofile<br />
berücksichtigen. Eine valide Müdigkeitserfassung<br />
bedarf der Kombination von mindestens zwei<br />
Messverfahren.<br />
Bedarf besteht in der Optimierung und der begleitenden<br />
Evaluierung der Müdigkeitswarnsysteme im<br />
Fahrzeug und der vielversprechendsten Messverfahren.<br />
Weitere Maßnahmen zur wirksamen Reduzierung<br />
müdigkeitsbedingter Unfälle wurden im<br />
Rahmen des Expertenworkshops diskutiert und im<br />
Bericht dargelegt.