Dokument 1.pdf - ELBA: Das elektronische BASt-Archiv - hbz
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Messzeit von elf auf sechs Minuten könnte sich<br />
positiv auf die zeitliche Ökonomie der Testdurchführung<br />
und v. a. auf die mögliche Reaktivität<br />
auswirken. Wenn sich belastbare Belege<br />
für die valide und nicht reaktive Erfassung der<br />
Fahrermüdigkeit bei gesunden Fahrern zeigen,<br />
kann über mögliche Einsatzgebiete des PST<br />
diskutiert werden.<br />
• Die hohe Heterogenität der Bewertung sämtlicher<br />
in der Delphi-Befragung diskutierten<br />
Messverfahren ist teils inhaltlich und teils<br />
methodisch begründet durch die unterschiedliche<br />
Auslegung der Gütekriterien und durch das<br />
Fehlen eines weithin akzeptierten Eichmaßes<br />
für Müdigkeit.<br />
• Wie in zahlreichen Forschungsarbeiten bislang<br />
aufgeführt, gibt es nach wie vor keinen Goldstandard<br />
für die Müdigkeitserfassung. Die Wahl<br />
der Messverfahren sollte daher in Abhängigkeit<br />
des jeweiligen Ziels und Kontexts der Müdigkeitserfassung<br />
erfolgen. Die Abwesenheit eines<br />
Goldstandards führt dazu, dass die Experten für<br />
eine valide Müdigkeitsdetektion die Kombination<br />
von zwei oder mehr Messverfahren als erforderlich<br />
erachten.<br />
Gütekriterienkatalog<br />
• Der im Rahmen des Projekts entwickelte und<br />
anhand des Expertenfeedbacks überarbeitete<br />
Kriterienkatalog bietet eine Diskussions- und<br />
Bewertungsgrundlage zum Vergleich von Messverfahren.<br />
• Die vorliegenden Güteprofile der sechs Müdigkeitsmessverfahren<br />
bieten einen guten Überblick<br />
über deren jeweilige Vor- und Nachteile.<br />
Die als abschließend deklarierten Urteile sollten<br />
auch bei Konsens der Experten als begründeter<br />
Schätzwert interpretiert werden. Bewertungsunterschiede<br />
von einem halben Punkt zwischen<br />
Messverfahren dürfen nicht als erwiesene Überlegenheit<br />
eines Verfahrens über ein anderes interpretiert<br />
werden.<br />
• Die Urteile zu den Gütekriterien variieren über<br />
die Kriterien und die Messverfahren. Während<br />
die Reliabilität und die Validität bei den sechs<br />
Messverfahren als eher erfüllt angesehen werden,<br />
gehen die Urteile bei der Intrusivität oder<br />
der Vereinbarkeit mit der Fahraufgabe weit auseinander.<br />
Die Kriterien Rechtssicherheit (im<br />
Sinne der Einzelfallgerechtigkeit) und Prädik -<br />
tionsgüte (4 h in Anlehnung an die Lenkzeitverordnung)<br />
sind für kein einziges Verfahren auch<br />
nur ansatzweise als erfüllt angesehen worden.<br />
• Müdigkeitsbedingte Messwertänderungen sind<br />
im statistischen Gruppenvergleich und weniger<br />
im Einzelfall nachweisbar. Die Voraussetzungen<br />
für eine Generalisierbarkeit der Messwerte und<br />
damit für eine Formulierung allgemeingültiger<br />
Grenzwerte sind derzeit von keinem Verfahren<br />
erfüllt. Die Anzeichen und Folgen von Müdigkeit<br />
sind weder inter- und intraindividuell noch über<br />
unterschiedliche Situationen vergleichbar, insbesondere<br />
bei noch moderaten Müdigkeitsausprägungen.<br />
• Wie bei den anderen Gütekriterien ist auch beim<br />
Vergleich der Sensitivität und Spezifität der<br />
Messverfahren allein ein intuitionsgeleitetes<br />
Expertenurteil möglich, da einschlägige empirische<br />
Befunde meist nicht vorliegen. Nur äußerst<br />
selten wird in Studien die Klassifikationsgüte,<br />
also der Anteil korrekter Klassifizierungen und<br />
fehlerhafter Erkennungen bzw. Zurückweisungen,<br />
berichtet, zumeist belässt man es bei Korrelationsmaßen.<br />
Die damit implizierte Annahme<br />
eines linearen Zusammenhangs wird selten hinterfragt,<br />
auch wenn sie angesichts des heutigen<br />
Wissenstandes fraglich scheint.<br />
• Der fehlende Goldstandard, die Seltenheit von<br />
Studien im Realverkehr mit großen Stichproben<br />
und die mangelnde Vergleichbarkeit der Studien<br />
untereinander erschweren den Vergleich der<br />
Messverfahren. So wurde auch im Rahmen der<br />
Expertenbefragung wiederholt angemerkt, dass<br />
viele der in der Befragung getroffenen Aussagen<br />
mehr auf der Expertenintuition als auf einschlägigen<br />
Studien beruhen. Dies erschwert die<br />
Untermauerung der Ergebnisse mit konkreten<br />
empirischen Belegen. Die im vorliegenden Projekt<br />
durchgeführte Expertenbefragung kann<br />
diese nicht ersetzen, doch stellen die gesammelten<br />
Expertenurteile das wohl geeignetste<br />
Bewertungsinstrument dar, das angesichts des<br />
aktuellen Forschungsstands verfügbar ist.