Dokument 1.pdf - ELBA: Das elektronische BASt-Archiv - hbz
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korrespondierender Müdigkeitsstadien über unterschiedliche<br />
Fahrer. Darüber hinaus bedarf es eines<br />
beträchtlichen Maßes an Expertise zur angemessenen<br />
Analyse der EEG-Daten.<br />
Es besteht ein enormes Potenzial, durch weitere<br />
Forschungsaktivitäten die valide Müdigkeitsdetektion<br />
bei Fahrern weiter auszubauen. <strong>Das</strong> EEG wird,<br />
so die Prognose, in den kommenden Jahren „mit<br />
der Signalanalyse explodieren“ [WS].<br />
6.3.4 Lidschlussverhalten<br />
Acht der zwölf Experten wählten die Augenaktivität<br />
als eines der drei validesten Müdigkeitsmessverfahren<br />
aus. Damit liegt dieses Messverfahren nach<br />
Anzahl der Nennungen vor allen anderen hier<br />
(Kapitel 6.3) dargestellten Messverfahren. Genannt<br />
wurden dabei ausschließlich Indikatoren des Lidschlussverhaltens,<br />
und zwar folgende (Mehrfachnennungen<br />
bei drei Experten):<br />
• Lidschlussverhalten (3 x),<br />
• Lidschlussdauer (3 x),<br />
• Lidschlussfrequenz (2 x),<br />
• (maximale) Lidöffnungsgeschwindigkeit (2 x),<br />
• Lidschlussgeschwindigkeit (1 x).<br />
Messgüte<br />
Die Reliabilität der Erfassung des Lidschlussverhaltens<br />
wird als „eher“ erfüllt beurteilt. Gleichermaßen<br />
wird auch die Eignung des Messverfahrens zur Erkennung<br />
beginnender Müdigkeit und deren Differenzierung<br />
zu schwerer Müdigkeit bewertet. Müdigkeitsbedingte<br />
Änderungen im Lidschlussverhalten<br />
zeigen sich, bevor Änderungen bei der Spurhaltung<br />
oder im EEG sichtbar werden [WS]. Mit steigender<br />
Abtastrate (500 Hz und mehr) ließe sich die Sensitivität<br />
auch weiter verbessern [WS]. Dabei unterscheiden<br />
sich die einzelnen Indikatoren des<br />
Lidschlussverhaltens nicht unwesentlich. Die<br />
Lidschlussfrequenz gilt als sensitiver als die<br />
Lidschlussdauer, „da zunehmende Frequenz nachlassende<br />
Vigilanz anzeigt“ [DEL]. Bei anderen gängigen,<br />
in der Delphi-Befragung nicht genannten<br />
Müdigkeitsindikatoren wie z. B. PERCLOS oder<br />
dem Sekundenschlaf sind hingegen die Erkennung<br />
beginnender Müdigkeit und damit auch die Differenzierungsfähigkeit<br />
nicht gewährleistet. Wie die<br />
meisten Müdigkeitsmessverfahren (Ausnahme:<br />
EEG, videobasiertes Expertenrating) ermöglicht<br />
auch das Lidschlussverhalten keine spezifische Erfassung.<br />
Störgrößen können mit Müdigkeit vergleichbare<br />
Messwerte hervorrufen (vgl. nachfolgend<br />
die Stabilität).<br />
Validität<br />
Die Kriteriumsvalidität gilt „im Labor, nicht im Feld“<br />
als „eher“ gegeben [DEL]. Trotz dieser Einschränkung<br />
erhält die externe Validität ein hohes Urteil.<br />
Ebenfalls positiv beurteilt wird die Generalisierbarkeit<br />
der Messergebnisse („eher“). Fraglos gibt es interindividuelle<br />
Unterschiede in der Ausprägung der<br />
Messwerte und der damit verbundenen Müdigkeit.<br />
Intraindividuelle Baselinevergleiche („wache Ausgangswerte“<br />
[DEL]) verbessern auch hier die Güte<br />
der Müdigkeitserfassung essenziell. Bei schwerer<br />
Müdigkeit und somit auch bei weniger sensitiven<br />
Indikatoren (PERCLOS, Sekundenschlaf) verschwinden<br />
interindividuelle Unterschiede zunehmend<br />
und verbessern die Vergleichbarkeit der<br />
Messwerte zwischen Probanden. Probleme bereitet<br />
jedoch mitunter die Lidschlusserfassung bei<br />
Fahrern mit asiatisch geprägter Physiognomie<br />
[WS]. Akzeptierte Grenzwerte, ab denen eine<br />
sichere Teilnahme im Straßenverkehr als fraglich<br />
gilt, gibt es auch für das Lidschlussverhalten nicht<br />
oder nur eingeschränkt. Dabei mangelt es eher an<br />
der allgemeinen Akzeptanz der Grenzwerte als an<br />
entsprechenden Vorschlägen. Bei Auftreten von<br />
Sekundenschlaf mag die Fahrtüchtigkeit von<br />
Fahrern mehr als fraglich sein, dennoch ist die<br />
absolute Dauer, ab der ein Lidschluss als Sekundenschlaf<br />
gilt, in der Forschung recht heterogen<br />
definiert (vgl. Kapitel 3.5.1).<br />
Stabilität<br />
Eine willentliche Verfälschung der Messergebnisse<br />
zur Vortäuschung eines wacheren Zustands erscheint<br />
durchaus möglich. Bei längeren Messzeiträumen<br />
und mit steigender Müdigkeit schwindet<br />
diese Möglichkeit zunehmend. Die Messung ist nur<br />
teilweise („etwas bis eher“) robust. Unterschiedliche<br />
Umgebungsfaktoren („wechselnde Lichtverhältnisse,<br />
Niesen, Wegdrehen, Fehlerfassung<br />
durch Reflektionen auf Brillengläsern“ [DEL]) können<br />
die Messung stark beeinflussen. Teilweise lässt<br />
sich dies durch längere Analysezeiträume (> 2 min)<br />
ausgleichen: So wurde die Robustheit des Lidschlussverhaltens<br />
gegenüber Störgrößen wie z. B.<br />
Gegenverkehr, Lichteinfall oder das Gebläse der<br />
Klimaanalage empirisch belegt [WS]. Die Messung<br />
des Lidschlussverhaltens gilt als „etwas“ intrusiv, da