Februar 2009 als pdf herunterladen - Israelitische Kultusgemeinde ...
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POLITIK • ISRAEL<br />
Eine Region, zwei Staaten<br />
Von Shimon Peres<br />
Es besteht kein mangel an meinun gen,<br />
wenn es um Fragen des nahen Os tens<br />
geht, und die jüngsten Ereig nisse in<br />
Gaza haben sie nicht ge dämpft. Eine<br />
minderheit von nahost-Experten ist<br />
kürzlich <strong>als</strong> Anwalt für eine Ein-Staa -<br />
ten-Lösung hervorgetreten. Eine solche<br />
würde israels Legiti mi tät und sein<br />
international anerkanntes Existenz -<br />
recht <strong>als</strong> souveräner jüdischer Staat im<br />
Land meiner Vorväter untergraben.<br />
ich selbst habe persönlich dem er -<br />
staun lichen Fort schritt beigewohnt, den<br />
wir in den ver gangenen Jahren mit der<br />
Paläs ti nensischen Autonomie behör-de<br />
ge macht haben, und ich glaube, dass<br />
eine Zwei-Staaten-Lösung nicht nur<br />
die beste Lösung für diesen uralten<br />
Konflikt ist, sondern auch, dass sie in<br />
unserer Reichweite liegt.<br />
Der Ein-Staaten-Lösung sind so<br />
viele Schwachstellen zu Eigen, dass sie<br />
überhaupt gar keine Lösung ist. Aus<br />
israels Perspektive ist es dem jüdischen<br />
Volk unmöglich, eine Regelung<br />
zu akzeptieren, die das Ende der Exis -<br />
tenz eines jüdischen Staates bezeichnet.<br />
Was die Perspektive der Paläs ti -<br />
nenser angeht, so darf ihnen nicht die<br />
Gelegenheit genommen werden, ihr<br />
nationales Schicksal in die eigene<br />
Hand zu nehmen.<br />
Gegner der Zwei-Staaten-Lösung<br />
be haupten – nicht ohne Grund -, dass<br />
Gaza und das Westjordanland zu klein<br />
sind, um die palästinensischen Flücht -<br />
linge aufzunehmen. Das wäre freilich<br />
auch der Fall unter dem Ein-Staaten-<br />
Schema; sie würde in einem Staat re -<br />
sul tieren, der gerade einmal 24.000<br />
Qua dratkilometer umfasst und be reits<br />
jetzt mit einer Bevölkerung von mehr<br />
<strong>als</strong> 10 mio. (5.5 mio. Juden und 4.5<br />
mio. Arabern) am Überlaufen ist. Wäh -<br />
rend Zyniker die Größe des Westjor -<br />
danlands und Gazas zur Debatte stellen,<br />
brauchen die Optimisten zu ihrer<br />
Beruhigung nicht weiter <strong>als</strong> nach<br />
Singapur zu blicken.<br />
Das Gebiet des Westjordanlandes<br />
und des Gaza-Streifens ist neunmal<br />
größer <strong>als</strong> das Singapurs, die palästinensische<br />
Bevölkerung in beiden Re -<br />
gionen hingegen kleiner <strong>als</strong> die Sing a -<br />
purs. Das südostasiatische Land er -<br />
freut sich eines der höchsten Lebens -<br />
standards auf der Welt. Wir glauben<br />
daran, dass die Palästinenser zum<br />
Erzielen eines ähnlichen Erfolgs fähig<br />
sind, und wir werden weiter unermüdlich<br />
mit unseren Partnern am Ver -<br />
handlungstisch auf die Gründung<br />
eines autonomen palästinensischen<br />
Staates hinarbeiten, in dem die men -<br />
schen eine moderne Wirtschaft auf der<br />
Grundlage von Wissenschaft, Tech -<br />
nologie und den Wohltaten des Frie -<br />
dens in Gang setzen werden.<br />
Die Schaffung eines einzelnen multinationalen<br />
Landes ist ein dürftiger<br />
Pfad, der nichts Gutes für den Frie -<br />
den verheißt, sondern vielmehr die<br />
Per petuierung des Konflikts fördert.<br />
Der von Blutvergießen und instabi li -<br />
tät heimgesuchte Libanon ist nur ei -<br />
nes von vielen Beispielen eines nicht<br />
zu wünschenden Sumpfes dieser Art.<br />
Die Schwierigkeiten einer Zwei-<br />
Staa ten-Lösung sind zahllos, aber sie<br />
bleibt das einzige realistische und mo -<br />
ralische Rezept für die Been di gung<br />
des israelisch-palästinensischen Kon -<br />
flikts. Diejenigen, die sich dieser Lö -<br />
sung nicht verpflichtet fühlen, argumentieren,<br />
dass israels Taille nach der<br />
Schaffung eines palästinensischen<br />
Staa tes - mit etwa zehn Kilometern -<br />
zu schmal wäre, um die Sicherheit für<br />
seine Bürger zu gewährleisten.<br />
in der Tat, zehn Kilometer werden<br />
für eine volle Sicherheitsgarantie zu<br />
schmal sein, was nur unsere Überzeugung<br />
bestätigt, dass israels Sicherheit<br />
nicht nur auf territorialer Verteidi -<br />
gung, sondern auf Frieden beruht.<br />
Der Frieden verleiht weite Flügel.<br />
Selbst wenn die Taille schmal ist.<br />
im vergangenen monat hat der li -<br />
bysche Staatschef muammar Gaddafi<br />
seine Vorschläge für eine Ein-Staaten-<br />
Lösung erläutert. Obwohl ich mit seiner<br />
Rezeptur nicht übereinstimme,<br />
er mutigt mich die Art und Weise, in<br />
der er sich erklärt und seine Sache<br />
vertritt.<br />
Am meisten springt dies bei seiner<br />
fundamentalen und zentralen Prä mis -<br />
se ins Auge, dass „das jüdische Volk<br />
sein Heimatland will und verdient“. Die<br />
Resonanz dieser Worte ist entscheidend,<br />
denn sie entsprechen diametral<br />
den radikal-muslimischen Elemen ten,<br />
die dem jüdischen Volk das Recht auf<br />
eine Heimat im Land ihrer Vorväter<br />
absprechen und auf dieser Grundlage<br />
einem mörderischen Jihad das Wort<br />
re den, dessen Ziel die Zerstörung is -<br />
ra els ist.<br />
Das jüdische Volk will in Frieden in<br />
seiner rechtmäßigen, historischen<br />
Hei mat leben, und verdient dies. Das<br />
palästinensische Volk will in seinem<br />
eigenen Land mit seinen eigenen po -<br />
litischen institutionen und seinem<br />
Recht auf Selbstbestimmung leben und<br />
verdient dies. Es ist unerlässlich, dass<br />
man diese Angelegenheit auf der Aus -<br />
sicht auf Koexistenz zwischen Ju den<br />
und Arabern begründet, die in Berei -<br />
chen wie Wirtschaft, Tourismus, Um -<br />
welt schutz und Verteidigung zur Ko -<br />
operation wird. All dies wird nur da -<br />
durch zu erreichen sein, dass man<br />
jedem Volk seinen eigenen Staat und<br />
seine eigenen Grenzen zugesteht, auf<br />
dass die jeweiligen Bürger ihrem<br />
Glau ben gemäß beten, ihre Kulturen<br />
pflegen, ihre Sprachen sprechen und<br />
ihr Erbe bewahren können.<br />
Lassen Sie uns unsere größten An -<br />
strengungen darauf richten, diese zwei<br />
Staaten zum Blühen zu bringen. Viel -<br />
leicht werden israelis und Palästi nen -<br />
ser eines Tages, wie in Europa, be -<br />
schließen, Grenzen nicht länger die<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit be -<br />
hin dern und einen Vorwand zum<br />
Krieg bieten zu lassen.<br />
Shimon Peres ist Präsident des Staa -<br />
tes israel. The Washington Post, 10.02.09<br />
26 <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>/Schwat 5769