Februar 2009 als pdf herunterladen - Israelitische Kultusgemeinde ...
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JÜDISCHE WELT • AUSLAND<br />
ner, die die Aussagen des iranischen<br />
Prä sidenten befürworteten. ich glaube<br />
ja nicht, dass viele Juden damit<br />
kon form gehen. Es gibt auch immer<br />
noch Juden, die (wie auch einige<br />
mus ime) der alten Theorie anhängen,<br />
dass Frauen und männer nicht gleichgestellt<br />
sind. Aber die Zeiten haben<br />
sich geändert; die meisten progressiven<br />
jüdischen Bewegungen behandeln<br />
die Frauen völlig gleichwertig.<br />
männer und Frauen sitzen zusammen<br />
in der Synagoge, Frauen können<br />
Rabbiner werden und die Gleichbe -<br />
hand lung ist Realität geworden.<br />
Als ich einmal an einem Film in<br />
Frank reich arbeitete, habe ich auch<br />
Fran zösisch gelernt und mich gar nicht<br />
so schlecht angestellt. Dann fragte<br />
man mich: „Was für ein Landsmann bist<br />
du?“ Und ich antwortete: „Ich bin ein<br />
amerikanischer Jude.“ meine Frau sagte<br />
darauf: „Sie haben dich gar nicht nach<br />
deiner Religion gefragt!“ naja, ich weiß<br />
auch nicht. ich sage immer „amerikanischer<br />
Jude“, dann gibt es auch kei -<br />
ne missverständnisse.<br />
Gab es auch nette Geschenke zu Ihrer<br />
zweiten Bar Mitzwah?<br />
Das schönste Geschenk war, dass<br />
meine Söhne und viele Freunde dabei<br />
waren. Und Sie, Rabbi Wolpe, waren<br />
wunderbar, Sie sind ja stets Teil von<br />
wichtigen Anlässen – den zweiten...<br />
Ja, immer bei den zweiten Anläufen!<br />
Die zweite Hochzeit, die zweite Bar<br />
mitzwah.<br />
Und bald auch das zweite Jahrhundert.<br />
Welche Geschichte aus der Torah ist<br />
Ihnen die liebste?<br />
Die Geschichte von David hat mich<br />
im mer fasziniert. Er wurde zu so<br />
einer wichtigen Figur und meinte<br />
auch „Der Herr ist mein Hirte“, aber<br />
in Wahrheit war er ein Bastard! Er sah<br />
die nackte Bathsheba und schlief mit<br />
ihr. Als sie schwanger wurde, ver -<br />
such te er, ihren Ehemann aus der Ar -<br />
mee nach Hause zu holen. Und <strong>als</strong><br />
dieser sagte: „Nein, ich will bei meinen<br />
Männern bleiben!“, schickte David ihn<br />
an die Front, wo er getötet wurde.<br />
Auch die Erzählung von Joseph, be -<br />
vor er von seinen Brüdern nach Ägypten<br />
verkauft wurde, fasziniert mich.<br />
Aber ich würde ihm gern eine scheu -<br />
ern, weil er immer der Lieb lings sohn<br />
seines Vaters war und dann auch<br />
noch seinen Brüdern von seinem<br />
Traum erzählte, in dem sich alle vor<br />
ihm verneigen. Also wirklich...<br />
Es wäre sicher wesentlich besser gewesen,<br />
ihm eine zu scheuern, <strong>als</strong> ihn in die<br />
Sklaverei zu verkaufen.<br />
Aber dann in Ägypten empfing er<br />
seine Brüder dennoch mit Wohl wol -<br />
len. Es kümmert mich nicht, ob die<br />
Geschichten in der Bibel wahr sind<br />
oder nicht. ich glaube, dass es vielmehr<br />
darum geht, etwas daraus zu<br />
lernen. man kann im Leben Böses<br />
oder Gutes tun, das ist die Botschaft.<br />
Das Leben ist eine mischung und<br />
dann kannst du die Verhältnisse ab -<br />
wägen.<br />
Wie haben Sie es geschafft, über den Ver -<br />
lust Ihres Sohnes Eric im Jahr 2004 hinweg<br />
zu kommen und welchen Rat würden<br />
Sie anderen Menschen geben, die Ähnliches<br />
erleben mussten?<br />
Leider finden solche Tragödien sehr<br />
oft statt – jemand stirbt an einer Überdosis.<br />
Die erste Reaktion darauf ist:<br />
Was habe ich f<strong>als</strong>ch gemacht? Und<br />
die Therapeuten versuchen dich mit<br />
drei Antworten zufrieden zu stellen –<br />
du hast es nicht verursacht; du kannst<br />
es nicht kontrollieren; du kannst es<br />
nicht wieder gut machen. Die Leute<br />
wollen dir helfen und meinen, du<br />
sollst irgendwelche Tabletten nehmen.<br />
Aber damit kann man nicht<br />
abschließen. ich glaube, dass ist et -<br />
was, mit dem man einfach lernen<br />
muss zu leben und es <strong>als</strong> Teil des<br />
Lebens zu akzeptieren.<br />
Denken Sie, dass die heutigen Filme jüdische<br />
Themen besser behandeln <strong>als</strong> früher?<br />
ich denke eher, dass man heute vor<br />
jüdischen Themen eher zurückscheut<br />
<strong>als</strong> dam<strong>als</strong>. Außer Steven Spielberg<br />
natürlich.<br />
Was würden Sie gerne noch erreichen, was<br />
Ihnen bis jetzt noch nicht gelungen ist?<br />
ich bin jetzt 92 und würde gerne noch<br />
eine One-man-Show machen. mein<br />
Schlaganfall hat die Sache sehr schwie -<br />
rig gemacht und mein erster Gedanke<br />
war, dass ich nie wieder ei nen Film<br />
würde machen können. ich dachte:<br />
Was macht ein Schauspieler, der nicht<br />
sprechen kann? Er wartet darauf,<br />
dass der Stummfilm wieder in mode<br />
kommt. Also das würde ich gerne<br />
noch machen bevor ich sterbe.<br />
Mit 92 Jahren noch manche Pläne<br />
Möchten Sie unseren Lesern noch etwas<br />
Abschließendes sagen?<br />
Für mich ist es fast traumatisch, ein<br />
Jude zu sein, und ich fühle mich mit<br />
allen Juden verbunden. ich schätze<br />
alles, was das jüdische Volk erreicht<br />
hat, all die Beiträge, die sie geleistet<br />
haben. ich bin stolz darauf, Jude zu<br />
sein. Es ist wichtig, etwas von dem,<br />
was man bekommen hat, an die<br />
menschheit zurück zu geben. in den<br />
letzten paar Jahren habe ich nach<br />
dem Grundsatz gelebt: „Du weißt erst,<br />
was es heißt, zu leben, wenn du das<br />
Geben lernst.“ Jeder, der so viel Glück<br />
hatte wie ich, sollte etwas davon zu -<br />
rückgeben. Und genau das versuche<br />
ich.<br />
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38 <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>/Schwat 5769