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Februar 2009 als pdf herunterladen - Israelitische Kultusgemeinde ...

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KULTUR<br />

Ehrung für<br />

Wehrmachtsoffizier<br />

aus „Der Pianist“<br />

in Jerusalem<br />

Szene aus dem FIlm<br />

KULTUR<br />

in Roman Polanskis Film „Der Pia -<br />

nist“ rettet ein deutscher Wehr machts -<br />

offizier einem entkommenden Juden<br />

das Leben. Der Offizier, Wilhelm<br />

„Wilm“ Hosenfeld, (1895 – 1952) aus<br />

Hosenfeld bei Fulda wurde jetzt posthum<br />

von der Jerusalemer Holocaust -<br />

ge denkbehörde Jad Vaschem zum<br />

„Gerechten der Völker“ ernannt. Das<br />

ist die höchste Ehrung, die das jüdische<br />

Volk ausschließlich nichtjuden<br />

erteilt, wenn durch jüdische Zeugen<br />

nachgewiesen worden ist, dass sie<br />

unter dem Einsatz ihres Lebens Juden<br />

gerettet haben.<br />

Leon Wurm hatte bezeugt, dass Ho -<br />

sen feld ihn in seinem Sportzentrum<br />

beschäftigt hatte, nachdem es ihm<br />

gelungen war, aus dem Zug zum Ver -<br />

nichtungslager Treblinka zu fliehen.<br />

Wladyslaw Szpilman hatte Jad Va schem<br />

geschrieben und in seinen Tagebü -<br />

chern festgehalten, wie Hosenfeld ihm<br />

im november 1944 geholfen habe,<br />

ein Versteck zu finden. Danach habe<br />

Ho senfeld dem “Pianisten” Szpilman<br />

Decken und nahrungsmittel ge bracht<br />

und ihn moralisch gestützt. Diese<br />

Tagebücher dienten dem Regisseur<br />

Po lanski <strong>als</strong> Quelle für das Drehbuch<br />

seines Films.<br />

Der Gedenkbehörde waren diese<br />

Zeug nisse auch schon vor dem Dre -<br />

hen des Films bekannt. Doch sah man<br />

davon ab, Hosenfeld die Ehrung auszusprechen,<br />

solange nicht geklärt war,<br />

ob er während des Aufstandes im War -<br />

schauer Ghetto 1944 Kriegs verbre -<br />

chen begangen habe.<br />

Hosenfeld, ein überzeugter Katho -<br />

lik und von Beruf Volksschullehrer,<br />

war kurz vor dem Krieg eingezogen<br />

worden und hatte während des<br />

Krieges in Polen gedient, ab 1940 in<br />

Warschau <strong>als</strong> Sport- und Kulturoffi -<br />

zier. Während des Aufstandes verhörte<br />

er Gefangene. nach dem Krieg<br />

verhafteten ihn die Sowjets und verurteilten<br />

ihn zu einer lebenslängli -<br />

chen Strafe. Er starb 1952 in einem<br />

sow jetischen Gefängnis. Angeblich<br />

plädierten viele menschen für seine<br />

Frei lassung. Aber die Sowjets konnten<br />

sich nicht vorstellen, dass ein Wehr -<br />

machtsoffizier im Rang eines Haupt -<br />

manns der Reserve nicht in Kriegs -<br />

ver brechen verwickelt gewesen sein<br />

könnte.<br />

in jüngster Zeit seien neue Doku -<br />

men te aufgetaucht, darunter Briefe<br />

Hosenfelds an seine Frau und Tage -<br />

bü cher. Aus ihnen ging hervor, dass er<br />

an einer Ablehnung gegen die Ju den -<br />

politik der nazis festhielt, obgleich er<br />

zunächst die nazi-Partei unterstützt<br />

hatte. 1933 trat er in die SA ein, 1935<br />

in die nS-Partei. im Frühjahr 1941 las<br />

Hosenfeld "mein Kampf", und verstand,<br />

dass Hitler nur ausführte, was<br />

er angekündigt hatte. Hosenfeld folgerte,<br />

dass Hitler die Sowjetunion<br />

angreifen und die Juden vernichten<br />

werde. „Nach Hitler wird es in Europa<br />

keine Juden mehr geben," schrieb Ho -<br />

sen feld in sein Tagebuch. Ein prägendes<br />

Element, so „Die Welt“ in einem<br />

Ar tikel über ihn, „war sein tief verwurzelter<br />

katholischer Glauben, der vor allem<br />

im Gefühl begründet war. Und eben dieses<br />

Gefühl - die Fähigkeit zum Mitleid - hinderte<br />

ihn, zum hundertprozentigen Na tio -<br />

n<strong>als</strong>ozialisten zu werden, und aus diesem<br />

elementaren Mitgefühl heraus wurde er<br />

auch, <strong>als</strong> es möglich und nötig wurde,<br />

zum Retter.“<br />

Hosenfelds hat mehreren Juden das<br />

Leben gerettet, die im Versteck lebten.<br />

Er hat mehreren Polen eine schützende<br />

Anstellung, f<strong>als</strong>che Papiere oder<br />

Lebensmittel verschafft, darunter<br />

einem polnischen Priester und einem<br />

deutschen Kommunisten, der Jahre<br />

im KZ hinter sich hatte und an die<br />

Front geschickt worden war.<br />

Sehr spät kam Hosenfeld nach An ga -<br />

ben der „Welt“ zu der Einsicht: „Die<br />

Gräuel hier im Osten ... sind nur die ge rad -<br />

linige Fortsetzung dessen, was anfangs<br />

mit den politischen Gegnern in Deutsch -<br />

land geschah." Den Judenmord be -<br />

zeichnet er <strong>als</strong> "untilgbare Schande" und<br />

"unauslöschlichen Fluch". Weiter<br />

schrieb er: „Wir verdienen keine Gnade,<br />

wir sind alle mitschuldig.“ Und: „Ich<br />

kann nicht verstehen, wie wir zu derartigen<br />

Verbrechen gegen schutzlose Zivilis -<br />

ten, gegen Juden, begehen konnten. Ich<br />

frage mich immer wieder, wie war das<br />

möglich?“<br />

Friedel Hosenfeld hat auf seiner Ho -<br />

mepage im internet Bilder und Texte<br />

über seinen Groß vater ge sammelt.<br />

in Deutschland leben zwei Söhne und<br />

zwei Töchter des posthum geehrten<br />

Wehrmachtsoffiziers. ihnen soll an<br />

einem noch nicht festgelegten Termin<br />

die Ehrung der Gedenkbehörde überreicht<br />

werden.<br />

UWS<br />

buch-tipp<br />

42 <strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>/Schwat 5769

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