Februar 2009 als pdf herunterladen - Israelitische Kultusgemeinde ...
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IN EIGENER SACHE • FUNDRAISING<br />
Unbekannte Dimensionen<br />
Die IKG ist für viele jüdische Familien<br />
in Wien oft letzter Rettungsanker in ei ner<br />
Situation größter finanzieller Not.<br />
Bis vor einem halben Jahr – vor Be -<br />
ginn meiner Tätigkeit für Fundraising<br />
der iKG – hätte ich mir diese<br />
Dimension nicht vorstellen können.<br />
Ja, es ist be kannt es gibt ESRA mit<br />
eigenem ex ter nen Budget sowie die<br />
Sozialab tei lung der <strong>Kultusgemeinde</strong><br />
mit ihrem So zi al budget. Aber was<br />
genau dahintersteckt und in welcher<br />
Beziehung ge nau ESRA und die<br />
<strong>Kultusgemeinde</strong> zu einander stehen,<br />
war mir nicht klar.<br />
Die Zahlen und die persönlichen<br />
Schicksale sprechen jedoch eine eigene<br />
Sprache.ich möchte an dieser<br />
Stelle die mir wesentlich erscheinenden<br />
Fakten darlegen.<br />
Zunächst einmal zu ESRA selbst. Die<br />
herausragenden Leistungen zur psy -<br />
chosozialen Betreuung sind mittlererweile<br />
österreichweit und auch international<br />
anerkannt. Weniger bekannt ist<br />
wohl die Tatsache, dass die Sozialbe -<br />
ra tung in ESRA <strong>als</strong> Vermittlerin für<br />
alle Anträge auf finanzielle Un ter stüt -<br />
zung an die iKG zuständig ist und<br />
diese vorab professionell bearbeitet.<br />
D.h. jeder einzelne Antrag wird überprüft<br />
im Hinblick auf die möglichkeit<br />
einer Unterstützung durch die öffentliche<br />
Hand. in vielen Fällen reicht die se<br />
Unterstützung jedoch nicht aus um z.B.<br />
Alleinerzieherinnen oder Famili en mit<br />
vielen Kindern vor einer Delogierung<br />
zu schützen. in solchen Fällen greift<br />
dann die Sozialabteilung der Kultus -<br />
ge meinde. Hier wird in der Sozial kom -<br />
mission beschlossen, wer welche Form<br />
der Unterstützung erhalten soll. Wird<br />
z.B. dringend eine Wohnung benötigt<br />
und muss die Familie mit den notwendigsten<br />
Dingen versorgt werden?<br />
Wer braucht einen einmaligen Heiz -<br />
kos tenzuschuss? usw.<br />
Aktuelle Zahlen aus dem Jahr 2008<br />
insgesamt haben 416 Personen Un ter -<br />
stützung aus dem Sozialbudget der<br />
iKG erhalten. Davon waren al lein 23<br />
Haushalte von alleinerziehenden müt -<br />
tern mit insgesamt 62 Erwachsenen<br />
und Kindern betroffen. Die restlichen<br />
354 Personen verteilen sich auf Fa mi -<br />
li en sowie auf ältere menschen (oft<br />
Ho locaustüberlebende) sowie Kran ke.<br />
Um ein solches Einzelschicksal deut -<br />
lich zu machen, werde ich im folgenden<br />
ein kurzes Fallbeispiel präsentieren,<br />
dass leider kein Einzelfall ist.<br />
Fallgeschichte Familie R., 5 Kinder<br />
Herr R. stammt aus der Ukraine und<br />
emigrierte 1990 im Alter von 15 Jah ren<br />
nach Österreich, er ist mittlerweile ös -<br />
ter reichischer Staatsbürger. Seine<br />
gleich altrige Frau heiratete er im Al ter<br />
von 21 Jahren in israel, wo es für bei de<br />
aber nicht möglich war, Fuß zu fassen.<br />
Das Paar kehrte 1997 nach Wien zu -<br />
rück, das erste Kind kam noch im selben<br />
Jahr zur Welt. Herr R. eröffnete<br />
ein kleines Schuhservice-Geschäft,<br />
welches anfangs auch den Lebens un -<br />
ter halt der Familie sicherte. Durch<br />
Fehl investitionen häuften sich in we -<br />
nigen Jahren die Schulden und <strong>als</strong> das<br />
Gebäude, indem sich das Ge schäft<br />
be fand, einen neuen Besitzer bekam,<br />
wurde auch die Geschäftsmiete empfindlich<br />
erhöht.<br />
Familie R. kam im Jahr 2001 erstm<strong>als</strong><br />
in die ESRA-Sozialberatung. An -<br />
lass waren hohe Zahlungsrück stän de.<br />
im Zuge der Anamnese stellte sich<br />
zudem heraus, dass die Familie mit<br />
fast allen Zahlungen in Verzug war<br />
und zudem die Delogierung drohte.<br />
Frau R. war zu diesem Zeitpunkt mit<br />
ihrem dritten Kind schwanger und<br />
hatte massive gesundheitliche (er höh -<br />
ter Blutdruck, Diabetes, rheumatische<br />
Erkrankung) Probleme. neben der<br />
Schul denregulierung musste auch<br />
eine neue und günstigere Wohnung<br />
ge funden werden, da Frau R. es kaum<br />
noch in den dritten Stock der gemeinsamen<br />
Wohnung schaffte. Über Ver -<br />
mittlung des Arbeitsamtes (AmS) fand<br />
Herr R. eine Anstellung <strong>als</strong> Boten fah -<br />
rer, das Schuhservice-Geschäft gab er<br />
auf. Die getroffenen Ratenverein ba -<br />
rungen wurden eingehalten, die Si tu -<br />
a tion schien sich zu stabilisieren.<br />
Ende 2003 kam Herr R. wieder in<br />
die Kinder- und Jugendberatung von<br />
ESRA: Das älteste Kind ging mittlerweile<br />
zur Schule und musste aufgrund<br />
von diagnostizierten Lernschwächen<br />
die erste Klasse wiederholen, eine Be -<br />
gleit lehrerin wurde zugezogen. Frau<br />
R. war zum vierten mal schwanger –<br />
diesmal mit Zwillingen – und litt un ter<br />
Rheumaanfällen und massiven de pres -<br />
siven Verstimmungen, das Verlassen<br />
der Wohnung war nur in Begleitung<br />
ihres mannes möglich.<br />
Als Herr R. Anfang 2005 seine Ar -<br />
beit verlor, verschlimmerte sich die Si -<br />
tuation der Familie zusehends. Der zeit<br />
sind drei von fünf Kindern in ESRA<br />
in pädagogischer Betreuung, die Dek -<br />
kung des Lebensunterhaltes gelingt<br />
nur mit regelmäßigen Unterstüt zungs -<br />
zahlungen der iKG. Durch die Fami -<br />
li engröße bedingt sind die Ausgaben<br />
für Wohnen und Heizen entsprechend<br />
hoch. nachzahlungen von Wien-Ener -<br />
gie (Jahresabrechnungen) konnten nur<br />
mit Hilfe von Beschlüssen der iKG-<br />
Sozialkommission abgedeckt wer den.<br />
Die Dynamik der internationalen<br />
Fi nanz krise lässt auch immer mehr<br />
men schen unserer Gemeinde in die Ar -<br />
beits losigkeit und zum Teil auswegslose<br />
Si tuationen rutschen. Die, die<br />
am meisten darunter leiden sind die<br />
Schwächsten unserer Gesellschaft<br />
wie Kinder, Kranke und Alte.<br />
Unsere Purim- Aktion<br />
„Spenden und Schen ken –<br />
Mischloach Manot“<br />
(s.S.48) bietet eine gute Gelegenheit ge -<br />
rade mit jenen jüdischen Bürgern so li -<br />
darisch zu sein, die am sozial bedürftigsten<br />
sind.<br />
ich bitte und hoffe auf ihre zahlreiche<br />
Unterstützung. Der Reinerlös fließt zu<br />
100% in das Sozialbudget der Kul tus -<br />
gemeinde.<br />
ich wünsche ein Chag Sameach und<br />
Happy Purim!<br />
ihre<br />
miriam<br />
Tenner<br />
Fundraising<br />
iKG Wien<br />
<strong>Februar</strong> <strong>2009</strong>/Schwat 5769 5