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IN EIGENER SACHE • HINTER DEN KULISSEN SERIE Hinter den Kulissen – Die IKG Wien stellt sich vor Teil 6: Der gute Geist der Seitenstettengasse serVice erreichbarkeit von willy steiner montag bis Freitag 7.00 Uhr bis 15.30 Uhr unter 0676 - 844 512 204 „Nervlich gestählt“ Seit 1988 ist Willy Steiner Haus techniker in der Kultusgemeinde. Da kannte er das Haus allerdings schon gut: denn bereits zuvor half er immer wieder aus, etwa bei großen Veranstaltungen. So hat er 1982 auch das Attentat vor dem Stadttempel miterlebt. Manch mal ist der Alltag in der Seitenstetten gasse aber auch heiter – und ganz sicher nie langweilig. VON ALEXIA WEISS Jeden Tag um 7.00 Uhr beginnt Willy Steiner seinen Dienst in den Räumen der Kultusgemeinde in der Seiten stet - tengasse 4. Die erste Aufgabe: „Ich kontrolliere, ob der Aufzug in Ordnung ist.“ Danach steht im Winter die Kontrolle der Heizungsanlage an, im Sommer die der Lüftung im Tempel so wie der Klimaanlagen in den Bü ros. Darüberhinaus ist er für die Anlagen im Haus nummer zwei, in dem u.a. die Anlaufstelle untergebracht ist, verantwortlich. Das ist die tägliche mor genroutine. Wenn es schneit ist er auch für die Räumung des Gehsteiges zuständig – „leider“, sagt Steiner, denn auf Grund der Steigung und des Kopfsteinpflasters „muss man mit dem Besen kehren. Scheren geht nicht“. Auch danach wird Steiner nicht langweilig. Glühbirnen austauschen ge - hört ebenso zu den Standardaufga ben wie kleinere handwerkliche Repara tu - ren. muss ein Professionist Hand an le - gen, koordiniert Steiner die Termine mit den Handwerkern. Dazwischen übernimmt er für die verschiedenen Ab teilungen der iKG Erledigungen und Behördenwege. Viel Arbeit bescheren Steiner zudem die Veranstaltungen. Er ist es, der die Räume für jeden Termin – von der kleinen Sitzung bis zum Plenum des Kultusvorstands – vorbereitet. Er ist es aber auch, der das Gemein dezen trum für Podiumsdiskussionen, Pres se kon - fe renzen oder Bar mitzwas und Hoch - zeiten je nach Anlass entsprechend be stuhlt und dann bei der Veranstal - tung für den Ton sorgt. „Bei Hochzei - ten stelle ich auch oft die Chuppa auf“, so Steiner. Oft werde dann bis zur letzten Sekunde „gearbeitet, umgeplant und improvisiert“. 6 Februar 2009/Schwat 5769
IN EIGENER SACHE • HINTER DEN KULISSEN mit den Jahren und der vielen Er fah - rung sei er aber inzwischen „nervlich gestählt“. noch gut kann sich Steiner an die Hektik erinnern, die am 9. no - vember 2002 ausgebrochen ist. Für 19 Uhr dieses Tages war die feierliche Ein weihung der Gedenkstätte für die 65.000 von den nationalsozialisten er mordeten österreichischen Juden im Foyer vor dem Tempel anberaumt – im Beisein des Bundespräsidenten. „An diesem Tag hat es stark geregnet und als ich da um 17.15 Uhr hinkam, stand der ganze Raum unter Wasser.“ Ge mein - sam mit Architekt Thomas Feiger und Ronald Geissler, dem Leiter der im - mo bilienverwaltung, habe man dann mit vereinten Kräften den Raum „mit Kübeln und Fetzen“ trocken bekommen. Ein Elektriker reparierte die Beleuch - tung. „Als die Gäste kamen, hat alles so ausgesehen, als ob nichts passiert wäre“, erzählt Steiner stolz. An einem Tag war allerdings mit ei nem Schlag alles anders. Das war 1982, als Steiner neben seinem Posten im Ver - kauf einer in Wien angesiedelten Schwei zer Firma schon gelegentlich in der Kultusgemeinde aushalf. Da - mals war seine mutter noch ganztägig für die iKG tätig und es wurde eine große Bar mitzwa gefeiert. Der Festsaal befand sich dort, wo heute die Bibliothek ist und die Gäste muss - ten nach der Zeremonie den Tempel verlassen, auf die Straße hinaustreten und beim angrenzenden Haus wieder hineingehen, um in den Festssaal zu gelangen. Als erstes verließ bei solchen Anlässen stets der Rabbiner den Tempel. Steiners mutter bat ihren Sohn also, aus dem Fenster zu schauen, und ihr zu sagen, wann der Rabbiner auf die Straße trete. Steiner stand daher im ers ten Stock am Fenster und beobachtete dabei zwei männer, einen jungen und einen älteren, die sich unterhielten, dabei immer lautstarker wurden und gestikulierten. nach fünf, sechs minuten habe sich der jüngere umgedreht „und ein Eierbrikett geworfen“. Steiner dachte, der mann wolle damit jemanden erschrecken. „In dem Moment gab es eine Detona ti on.“ Das „Eierbrikett“ entpuppte sich als Handgranate. „Rundherum waren die Scheiben kaputt, die Splitter lagen auch im ersten Stock. Ich habe dann gerufen, Mama, Mama, das ist ein Anschlag, und bin hinunter auf die Straße gelaufen. Und dann habe ich den verletzten Po li zisten in das der Kultusgemeinde gegenüberliegende Haustor gezogen und einen ebenfalls durch Splitter verletzten älteren Herren von der Straßenmitte auf die Seite, also den Gehsteig, gezogen, wo ich ihn mit dem Rücken an die Hauswand stützend abgesetzt habe.“ Die Bar mitzwa-Feier lich - keiten seien damit beendet gewesen. Am nachmittag dieses Tages sei aber noch etwas Absonderliches passiert, erinnert sich Steiner. Alles sei abgesperrt gewesen und in der Höhe des heutigen Lokals „Krah Krah“ seien die Schaulustigen in vier, fünf Reihen gestanden, um einen Blick auf die Sei - tenstettengasse zu erhaschen. Plötz lich seien Schüsse gefallen. Und dann ha be sich herausgestellt, „das war ein Pas - sant. Weil er nichts gesehen hat, hat er mit einer Schreckschusspistole in die Luft geschossen.“ Zum Kopfschütteln ist auch folgende von Steiner geschilderte Situation: ei - ne mitarbeiterin der iKG habe ihn vor vielen Jahren angerufen und ge meint, ihr sei so kalt, er möge doch nach der Heizung sehen. Als er ihr Büro betrat „stand das Fenster sperangelweit offen“. Das habe sie übersehen, habe sie zu ihm gemeint. An einem anderen Tag habe sie ihn gebeten, dafür zu sorgen, dass es in ihrem Zimmer nicht so dun - kel sei. Das Betätigen des Licht schal - ters reichte aus. „Das habe ich vergessen“, habe sie darauf zu ihm gemeint. Ähnliche Szenen erlebe er immer wieder, sagt Steiner und lacht. Stolz ist Steiner darauf, dass er sich bis her noch keinen einzigen Tag krank gemeldet hat. Und selbst wenn er auf Urlaub ist, ist er da, wenn man ihn braucht. Er fliege nicht gerne und sei am liebsten in seinem Garten, im na turschutzgebiet an der Donau, nicht weit vom Albernen Hafen. Dort hat er jeden Sommer alle Hände voll zu tun, denn oft gebe es Hochwasser und obgleich er sein Stelzenhaus inzwischen um einen meter angehoben habe, passiere es doch immer wie der, dass nicht nur der Garten, son dern auch die erste Etage des Hauses unter Wasser stehe. Und wenn ihn dann in seinem Garten im Sommer der Anruf ereilt mit der Bitte, er werde dringend gebraucht, ist Steiner zur Stelle. Dann ist er auch braun gebrannt. Steiner liebt nämlich die Sonne. Und braun gebrannt fühlt er sich am wohlsten. zur Person willy steiner, geb. 1955 in Wien, die matura an der Handelsaka de - mie fiel der Liebe zum Eishockey zum Opfer, daher Wechsel an die Handelsschule. nach dem HAS- Ab schluss im Verkauf eines Schwei - zer Unternehmens in Wien tätig. An fang der achtziger Jahre gelegentlich nebenberuflich Aushilfsund Handwerkstätigkeiten für die Kultusgemeinde. Seit Juni 1988 hauptberuflich als Haustechniker der iKG beschäftigt. Steiners mut - ter maria Dietl (geb. 1925) betreut bis heute die Garderobe des Stadt - tem pels sowie das Gemeinde zen - trum. Purim-Café & misChloaCh-manot-markt Spenden & Schenken sonnntag, 8. märz 2009 - ab 15.00 uhr Jüdisches museum am Judenplatz, 1010 Wien obst - Weine - naschereien Verpackungs- und Zustell-service Februar 2009/Schwat 5769 7
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