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»von einem Teilnehmer und genauen Beobachter der Genfer Beratungen« das Folgende erzählen: Es war eine Überraschung und für die Deutschen eine Genugtuung, daß der Reichsaußenminister Curtius eine vorzügliche Figur in der schwierigen Situation gemacht hat. Er hat auch das Amt des Vorsitzenden mit Würde und Haltung verwaltet. — — Sein persönlicher Erfolg bedeutet um so mehr, als die Situation im ganzen für Deutschland von vornherein verloren war. — — Der österreichische Vizekanzler Schober hat sich dadurch nicht genützt, daß er darauf bestand, englisch zu sprechen. Sein Akzent erregte geradezu Entsetzen, und man weiß seit langem, daß solche sprachliche Kleinigkeiten in Genf eine größere Wirkung tun, als es sachlich gerechtfertigt ist. Er zeigte außerdem eine bemerkenswerte Eitelkeit, was seine Beliebtheit nicht gesteigert hat. Die altösterreichische Höflichkeit und Liebenswürdigkeit, die man auch an ihm schätzt, verlor dadurch etwas. Aber er schnitt doch nicht ganz schlecht ab, denn es gelang ihm, die Gründung eines »österreichischen Komitees« zu verhindern — es wurde schon überall über ein »Bestechungskomitee « gespöttelt —, und er hat damit offenbar unter wohlwollender Unterstützung Englands oder vielleicht sogar auf Englands geheime Anregung eine weitere Beeinträchtigung der österreichischen Unabhängigkeit verhindert. Henderson hat Österreich auch dadurch geholfen, daß er Schober plötzlich die überraschende Frage wegen des Fortgangs der österreichisch—deutschen Verhandlungen stellte. Denn hätte er damit nicht vorgegriffen, würde die gleiche Anfrage, aber in ganz wesentlich schärferer Formulierung, von Briand gekommen sein. Trotzdem liegt in Schobers Antwort die eigentliche Niederlage, die die Zollunionsmächte über das unvermeidliche Maß hinaus in Genf erlitten haben. Denn die Situation ist jetzt die, daß Österreich mit jedem Land unterhandeln darf, nur mit Deutschland nicht. Seine Gebundenheit ist einseitig und von völlig außergewöhnlicher Strenge. — — Ganz im Widerspruch also zu dem günstigen Eindruck, den der König von England von dem Englisch unseres Repräsentanten hatte, welcher die Vervollkommnung auf die Gelegenheit zurückführen konnte, Seiner Majestät Vater in Marienbad überwachen zu dürfen, und stolz davon in einem Interview erzählt hat. WER IST DAS? Er kann so und er kann auch anders; seine Persönlichkeit gibt keine Gewähr für den Kurs seiner Regierung. Weil er es nämlich eine Zeit lang mit der Heimwehr hielt. Aber gemeint ist Herr Buresch. UND DAS? Es ist eine bürgerliche Regierung, die da gebildet worden ist. Und schon die Tatsache, daß auch dieser Regierung wieder Herr — — 14
angehört, ist für uns Sozialdemokraten Grund genug, dieser Regierung keinen Vorschuß an Vertrauen zu gewähren. Nämlich unter sämtlichen vorrätigen Klebern, die schon als solche stigmatisiert waren, Herr Vaugoin. Anderen kann wieder vertraut werden. ABER DAS! So mußten sie sich schließlich bequemen, eine Regierung ohne Seipel und ohne Kienböck zu bilden und in sie den den Seipeloten so verhaßten — — doch wieder aufzunehmen. DER KLEBER Der größte Teil der bisherigen Minister wird von der neuen Regierung übernommen. Vizekanzler und Außenminister ist wieder Schober [; Innenminister der Landbündler Winkler; Heeresminister der Vaugoin], der einfach in jeder Regierung kleben bleibt, obwohl er für jede Regierung die stärkste Belastung ist. Einstmals hätte der Passus auch ohne die eingeklammerte Zeile erscheinen können. DER ENTGEGENKOMMER Die Jovialität, mit der er alle politischen Fragen, und seien es die schwersten, zu behandeln versucht — — ermöglicht es ihm auch, sich sehr rasch über Grundsätze, die er bisher verfochten hat, hinwegzusetzen. So hat er es auch mit der Heimwehr gehalten: eines Tages ist er mit einem Hahnenschwanz am Hut aufgewacht, und eines Tages hat er wieder versucht. vergessen zu lassen, welchen Kopfputz er zwei Jahre lang getragen hat ... Aber nein, es ist von Herrn Buresch die Rede. »WAS WIRD SCHOBER TUN?« fragt man in Berlin, da sein großdeutsches Organ nicht nur entgegen der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs das Rasserecht der Universität, sondern auch das Staatsbürgerrecht »nach dem Grundsatz der rassischen Volkszugehörigkeit« reklamiere, nachdem er selbst einst auf dem Wege der Jüdischen Telegraphenagentur für die staatsbürgerliche Gleichheit der Juden voll und ganz eingetreten sei. Wird die großdeutsche Parteileitung dem Beschluß des Verfassungsgerichtshofs Rechnung tragen? Schwerlich. Also wird Schober die offizielle Führung der Großdeutschen — wenn er auch nicht ihr Klubobmann ist, so ist er doch ihr Parteiführer — niederlegen? 15
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