Die nationale Ehre - welcker-online.de
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doch nur um sein ad hoc erworbenes Wissen han<strong>de</strong>ln, und da wäre es noch<br />
ehrlicher, zu sagen, er pflege dies zwar sonst zu tun, aber diesmal sei er zu<br />
faul gewesen, in <strong>de</strong>r Literaturgeschichte etc. nachzuschlagen, was er somit<br />
<strong>de</strong>m Leser überlasse, <strong>de</strong>r aber schon gar nicht dazu gezwungen wer<strong>de</strong>n kann.<br />
AUS DER BRANCHE<br />
Doch Rudolf Lothar,<br />
sagt Salten,<br />
<strong>de</strong>r Lebendige, Arbeitsame, Einfallsreiche, unter allen Europäern<br />
vielleicht <strong>de</strong>r einzige, <strong>de</strong>m es wirklich gelang, wirklich ein Amerikaner<br />
zu wer<strong>de</strong>n, Rudolf Lothar — —<br />
Wirklich? Ich hab ihn noch gekannt, wie er ein Europäer war. Vielleicht <strong>de</strong>r<br />
erste Autor, <strong>de</strong>m eine Schreibmaschine diktiert hat und <strong>de</strong>n eine Aktentasche<br />
in alle Win<strong>de</strong> trug. Einfallsreich? Wie man's nimmt. Lebendig? Unberufen. Arbeitsam?<br />
Immer auf <strong>de</strong>m Laufen<strong>de</strong>n. Karriere zwischen Pleite und Kritik. Kein<br />
Sitzfleisch beim Radio, immer rennt er hinaus und wenn er zurückkommt und<br />
<strong>de</strong>n Fa<strong>de</strong>n verloren hat, glaubt er, die Handlung sei so verworren wie er, und<br />
verlangt einen Querschnitt.<br />
BENEIDENSWERT!<br />
— — So wird, mit einiger schuldiger Reverenz vor hohen Erinnerungen<br />
... auch das Wie<strong>de</strong>rsehen mit <strong>de</strong>r Tragödie selbst ein ungebührlich<br />
spärliches Repertoire—Erlebnis. Mit ihrer Unter— und<br />
Überwelt hoher und einsamer Schatten, mit ihrer zauberhaft höhnischen<br />
Melancholie, ihrem Schachspiel um Kronen und Gewissensqualen,<br />
ihrem berückend eiskalten und glasklaren Pandämonium<br />
<strong>de</strong>s Ehrgeizes. Man dankt dies vor allem Aslans Richard.<br />
Jetzt lebt diese Titanengestalt königlichster Schwäche wie<strong>de</strong>r. Gera<strong>de</strong><br />
weil Aslan seinen eigenen, oft mühsam entschlossenen Weg<br />
gegangen ist. Er huldigt <strong>de</strong>r Tradition im Kostüm, in <strong>de</strong>r Maske, in<br />
<strong>de</strong>r bitter harmonischen, wi<strong>de</strong>rwillig herablassen<strong>de</strong>n Geste. Aber<br />
er hat seinen eigenen unnachahmlich souveränen Ton. Solche Melodie<br />
erhabener Herzensenttäuschung kann auch mit seiner heute<br />
fast beispiellosen Sprech— und Flüsterkunst kaum erklärt wer<strong>de</strong>n.<br />
Sie entstammt einer großen und großartigen Demut, einer<br />
schöpferischen Grazie <strong>de</strong>s Geistes und <strong>de</strong>s Herzens, <strong>de</strong>r nichts<br />
besser liegt und gelingt, als diese schöne, von Schuld und Scham<br />
nur leichthin getrübte Seele. Als dieser Gourmand <strong>de</strong>s Unglücks.<br />
— —<br />
Er meint zwar Gourmet, und doch, wenn ich diesen l. u. lese, <strong>de</strong>m es nur so<br />
fließt, was er zum Ausdrücken braucht, erfaßt mich, Scherz beiseite, ein Neidgefühl.<br />
(Wie Hannele Matterns Vater stehe ich starr vor Staunen: »Wo hast du<br />
die scheenen Klei<strong>de</strong>r her? Wer hat dir <strong>de</strong>n gläsernen Sarg gekooft?«) Wie diese<br />
Leute schreiben können und wie es ihnen so gar nicht drauf ankommt, von<br />
allen alles zu sagen! Ich wür<strong>de</strong> ihm ja, wenn er noch unter meiner Fuchtel<br />
schriebe, alles streichen und manches Schmuckwort für mich behalten, <strong>de</strong>r's<br />
oft brauchen könnte und wirklich schwerer erlangt, als man glaubt. Der Ullmann<br />
ist nicht handlich wie A<strong>de</strong>lung, San<strong>de</strong>rs o<strong>de</strong>r Sachs—Villatte, aber er<br />
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