Die nationale Ehre - welcker-online.de
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Gemahlin und Schwägerin — behufs »Austreibung <strong>de</strong>s Liebesteufels« und zur<br />
Erheiterung <strong>de</strong>r Dorfbewohner — heißflüssiges Lärchenpech dazwischengössen.<br />
Alle diese Dinge hat sich wohl Herr Renner, als er auf <strong>de</strong>n Trümmern <strong>de</strong>r<br />
Monarchie. die ersten Fortinbrasanordnungen für Wappen und Hymne einer<br />
befreiten Welt traf, an<strong>de</strong>rs vorgestellt. Sie wi<strong>de</strong>rstreiten auch <strong>de</strong>m I<strong>de</strong>al <strong>de</strong>r<br />
Schönheitspflege, <strong>de</strong>m er sich im Drang <strong>de</strong>r Zeiten schließlich zugewandt hat.<br />
Denn was bleibt einem heutzutag übrig, als Ästhet zu wer<strong>de</strong>n?<br />
DIE SOUVERÄNITÄT<br />
Ausländische Anerkennung für Österreich.<br />
Wien, 20. Juli.<br />
Wie verlautet, sind die in Österreich in <strong>de</strong>n letzten Tagen, im Hinblick<br />
auf die auswärtigen wirtschaftlichen Ereignisse getroffenen<br />
Vorkehrungen in <strong>de</strong>n westlichen Staaten voll gewürdigt wor<strong>de</strong>n,<br />
insbeson<strong>de</strong>re ist <strong>de</strong>m Vernehmen nach <strong>de</strong>r österreichischen Regierung<br />
die Anerkennung <strong>de</strong>s englischen Kabinetts zum Ausdruck<br />
gebracht wor<strong>de</strong>n.<br />
Zu <strong>de</strong>r Tragödie Friedrich Austerlitz<br />
die mit seinem Leben zu En<strong>de</strong> ging — nach<strong>de</strong>m die ganze Ver<strong>de</strong>rbnis <strong>de</strong>s Milieus<br />
ihre Glossengestalt hier erhalten hatte —, ist vorläufig nur <strong>de</strong>r Hinweis<br />
angebracht auf <strong>de</strong>n wahren Jammer dieser tieftrauernd Hinterbliebenen, <strong>de</strong>r<br />
eindrucksvoll genug alle Schuld bezeugt. Der Schwall nekrologischer Re<strong>de</strong>nsart<br />
birgt und offenbart doch diesmal ein echtes Gefühl: das einer Generation,<br />
die mit rühren<strong>de</strong>m Freimut »die Gefahren dieses Wechsels« bekennt, im Ge<strong>de</strong>nken<br />
bebend vor <strong>de</strong>r Zurechtweisung durch eine Stimme, als hätte sie jetzt<br />
mehr Macht als in letzter Lebzeit, und bewußt <strong>de</strong>r Schuld so schmählicher<br />
Überwindung. Je<strong>de</strong>r schlägt sich mit <strong>de</strong>n Klischees <strong>de</strong>r Totenehrung, die nur<br />
vom eigenen Unwert überzeugen, an die Brust und will <strong>de</strong>rjenige sein, <strong>de</strong>r am<br />
meisten zu bereuen hat, alle darin einig, ihm das zum höchsten Ruhm anzurechnen,<br />
was er vergebens betätigt hatte und schließlich aufgeben mußte:<br />
»seinen Wi<strong>de</strong>rstand gegen die Anpassung an äußere Sitten und Lebensgewohnheiten<br />
<strong>de</strong>r bürgerlichen Umwelt, sein Ringen gegen je<strong>de</strong> Verbürgerlichung<br />
unseres Denkens«. Selbst die bürgerlichen Formen <strong>de</strong>r Trauer, fürchten<br />
sie, wür<strong>de</strong> er ihnen verwehren:<br />
Es war uns allen unfaßbar, daß er nicht plötzlich an das finstere<br />
Fenster trat, nicht plötzlich die Treppe herabkam, uns nicht mit<br />
ungestümem Staunen zur Re<strong>de</strong> stellte: »Was treibt ihr hier? Habt<br />
ihr nichts zu tun? Was soll <strong>de</strong>nn das wie<strong>de</strong>r heißen?«<br />
<strong>Die</strong> Strenge <strong>de</strong>s Klassenlehrers ersehnen sich zurück, die sich die Ohren zu<br />
o<strong>de</strong>r die Hand frei gehalten hatten, ihm eine Nase zu drehn. Zerknirschung<br />
scheut selbst antikisieren<strong>de</strong>s Versmaß nicht, um einer Unsterblichkeit gerecht<br />
zu wer<strong>de</strong>n, wo die Prosa redaktionellen Lebens nicht zugereicht hat,<br />
<strong>de</strong>ssen Abend zu verschönern. Denn nur aus <strong>de</strong>r Entfernung vermöge <strong>de</strong>r<br />
Mensch das Erhabene abzuschätzen:<br />
Solang die Unsterblichen<br />
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