Ausgabe 2/2008 - Partnerschaft Ruanda
Ausgabe 2/2008 - Partnerschaft Ruanda
Ausgabe 2/2008 - Partnerschaft Ruanda
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Vor Ort in <strong>Ruanda</strong><br />
Weiterbildung in APABENA<br />
tätig. Über Mund-zu-Mund-<br />
Propaganda war schnell auch<br />
über den Stadtteil Kinamba<br />
hinaus bekannt, dass es eine<br />
Möglichkeit gibt, umsonst<br />
Deutsch zu lernen und dankbar<br />
über ein Weiterbildungsangebot<br />
fand sich in meinem<br />
Kurs zweimal wöchentlich ein<br />
buntes Gemisch aus Nachtwächtern,<br />
Arbeitslosen und<br />
Studenten, ein Zimmermädchen,<br />
ein Künstler, eine<br />
Köchin und ein Tennislehrer.<br />
Alle hochmotiviert, diese in<br />
Afrika doch sehr exotische<br />
Sprache zu lernen. So einfach<br />
wie gedacht war die deutsche<br />
Grammatik und deutscher<br />
Wortschatz dann aber doch<br />
nicht. Schon die Aussprache<br />
des Alphabets, insbesondere<br />
des verflixten „Ypsilons“ stellte<br />
die erste große Hürde dar.<br />
Mit viel Humor, Engagement<br />
und Fleiß wurde jedoch auch<br />
bei uns endlich gut was lange<br />
währt und am Ende der drei<br />
Monate konnten die Schüler<br />
schon erste kleine Gespräche<br />
führen und die Gruppe mit<br />
gutem Gewissen an einen anderen<br />
Praktikanten übergeben<br />
werden, der den Kurs weiterführen<br />
wird.<br />
Das sozialmedizinische<br />
Zentrum als<br />
Begegnungsstätte<br />
Eine ganz besondere Gruppendynamik<br />
entwickelte sich<br />
auch in dem Hygienekurs, den<br />
ich in Zusammenarbeit mit<br />
der vorstehenden Krankenschwester<br />
des sozialmedizinischen<br />
Zentrums gehalten habe.<br />
Die Teilnehmerinnen waren<br />
Frauen aus der Nachbarschaft<br />
APABENAs und auf<br />
dem Plan standen die Vermittlung<br />
von Grundkenntnissen<br />
über Umwelt-, Individual- und<br />
Sozialhygiene sowie über Infektionskrankheiten,<br />
ihre<br />
Übertragung und Heilung.<br />
Ein ganz wichtiges Thema war<br />
natürlich HIV und AIDS, dessen<br />
Bedeutung mir umso klarer<br />
wurde, als ich erfuhr, dass<br />
alle Frauen des Kurses infiziert<br />
waren. Erschüttert über<br />
ihre so schwierige Lebenssituation<br />
und die Aussichtslosigkeit<br />
derselben entstand die<br />
Idee eines Buchprojektes. Mit<br />
dem Ziel einige Einnahmen zu<br />
erwirtschaften, die den Frauen<br />
als Startguthaben für einen<br />
kleinen Laden dienen sollen,<br />
haben wir begonnen, die Lebensgeschichten<br />
der Frauen<br />
zu dokumentieren. Und die<br />
Frauen erzählten... von ihrer<br />
Kindheit und Jugend, von<br />
ihren Spielen und Träumen,<br />
vom Genozid und von ihrer<br />
Infektion und den darauf folgenden<br />
Veränderungen in<br />
ihrem Leben, von ihrem jetztigen<br />
Alltag mit der Krankheit,<br />
ihren Sorgen und Ängsten,<br />
ihren Gedanken zum Tod und<br />
ihren Wünschen und Hoff-<br />
Um sich für eine Verbesserung ihrer Lebenssituation einzusetzen, erzählen neun HIV – infizierte ruandische<br />
Frauen ihre Lebensgeschichte. (Foto: Lale Heim)<br />
nungen. Es kam zu schönen<br />
und besonderen Begegnungen<br />
in APABENA und in den Hütten<br />
der Frauen. Wir haben zusammen<br />
getanzt und gelacht<br />
und uns die Hände gehalten,<br />
wenn der Schmerz zu groß<br />
war.<br />
Inzwischen bin ich wieder in<br />
Deutschland und bringe die<br />
Notizen dieser Begegnungen<br />
in Reinform. Es ist Winter und<br />
kalt, aber ich sitze im Trockenen<br />
und Warmen und um<br />
mich herum beschäftigen sich<br />
Menschen mit dem Einkauf<br />
von Weihnachtsgeschenken.<br />
Morgens nach dem Aufstehen<br />
gehe ich ins Bad, drehe den<br />
Hahn auf, wähle die Temperatur<br />
und wasche mich mit<br />
fließendem Wasser. Zur gleichen<br />
Zeit etwa nehmen die<br />
Frauen in Kinamba ihre Kanister<br />
und laufen zur Wasserstelle<br />
bei APABENA. Wahrscheinlich<br />
haben sie gestern<br />
nichts gegessen und vermutlich<br />
wird es auch heute nicht<br />
anders sein. Wenn sie Glück<br />
haben, dann werden sie gleich<br />
irgendwo eine kleine<br />
Hilfstätigkeit finden, um etwas<br />
Geld zu verdienen. Wenn<br />
nicht, werden sie den Tag damit<br />
verbringen, nach einer solchen<br />
zu suchen. Vielleicht<br />
sind sie krank und können<br />
sich den Arzt nicht leisten. Die<br />
Frage nach ihrem Wohlbefinden<br />
werden sie aber auch heute<br />
mit einem „sehr gut“ beantworten,<br />
denn „so ist es, das Leben<br />
in Afrika“.<br />
Um das Projekt zu unterstützen<br />
oder mehr darüber zu erfahren:<br />
http://sites.google.com/site/a<br />
pabena/<br />
RUANDA REVUE · 02/<strong>2008</strong><br />
53