Ausgabe 2/2008 - Partnerschaft Ruanda
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Egotrips ins Elend<br />
von Florian Töpfel<br />
erschienen am 9.05.<strong>2008</strong> in der Süddeutschen Zeitung Magazin<br />
Tausende von Jugendlichen<br />
Firma Travelworks, derzeit<br />
se überrollt uns“, heißt es in<br />
ein?“ kritisiert von Braun-<br />
gehen jedes Jahr als freiwillige<br />
890 Euro (zuzüglich Flug-<br />
einem Schreiben des Welt-<br />
mühl. Sie gönne den jungen<br />
Helfer in Entwicklungsländer.<br />
tickets, Impfungen, Versiche-<br />
wärts-Partners American Field<br />
Deutschen ja dieses „organi-<br />
Aber wem nützen sie eigent-<br />
rungen und Taschengeld).<br />
Service (AFS). Auf hundert<br />
sierte Abenteuer“. Aber in der<br />
lich? Am meisten sich<br />
„Wir wollen nicht, dass die<br />
Plätze bewarben sich dort<br />
jetzigen Form erinnere sie das<br />
selbst.(…)Raus aus den Kin-<br />
Möglichkeit, einen Freiwilli-<br />
1.400 Freiwillige. Eine zweite<br />
Programm eher an die<br />
derzimmern, rein in die Ur-<br />
gendienst zu machen, vom<br />
Endsendungsorganisation,<br />
„Dschungel-Camp-Shows auf<br />
wälder, hinaus in die Wüsten!<br />
Geldbeutel der Eltern ab-<br />
die mit Weltwärts zusammen-<br />
den Privatsendern“.<br />
Abenteuer bestehen und dabei<br />
hängt“, sagt Illi. Das sei einer<br />
arbeitet, der Deutsche Ent-<br />
Wenn die jungen Freiwilligen<br />
auch noch Gutes tun. Eine<br />
der Gründe, weshalb sein Mi-<br />
wicklungsdienst DED, meldet<br />
also tatsächlich sehr viel mehr<br />
weltweite Stellenbörse für<br />
nisterium zu Beginn des Jah-<br />
ähnlich Zahlen: 1.300 Interes-<br />
lernen, als sie helfen, warum<br />
Freiwilligendienste bietet der<br />
res den neuen entwicklungs-<br />
senten für 275 Plätze.(…)„Wie<br />
fließen dann die Millionen für<br />
Arbeitskreis „Lernen und Hel-<br />
politischen Freiwilligendienst<br />
sollen 18-jährige Weißnasen<br />
das Weltwärts-Programm aus<br />
fen in Übersee“ im Internet:<br />
„Weltwärts“ ins Leben gerufen<br />
mit Rückflugtickets in Ent-<br />
dem Budget für Entwick-<br />
Die Besucherzahlen sind al-<br />
habe. Bis zu 10.000 junge Frei-<br />
wicklungsländern auch hel-<br />
lungshilfe – und nicht aus<br />
lein im vergangenen Jahr um<br />
willige zwischen 18 und 28<br />
fen?“, fragt die Berliner Poli-<br />
dem Bildungsetat? Eine mög-<br />
ein Drittel gestiegen. „Der<br />
Jahren können künftig ko-<br />
tikprofessorin Claudia von<br />
liche Antwort auf diese Frage<br />
Kreis derer, die sich entwick-<br />
stenfrei in die Länder des Sü-<br />
Braunmühl fast verärgert. Sie<br />
liegt auf der Hand: weil man<br />
lungspolitisch<br />
engagieren<br />
dens entsandt werden. Siebzig<br />
ist „entsetzt“ über das neue<br />
gern mit dem Etikett „Ent-<br />
wollen, ist in den vergangenen<br />
Millionen Euro stehen dafür<br />
Weltwärts-Programm<br />
der<br />
wicklungshilfe“<br />
schmückt,<br />
Jahren stark gewachsen“, sagt<br />
bereit. Damit wird der größte<br />
Bundesregierung. Die Profes-<br />
was den deutschen Bürgern<br />
Holger Illi, Pressesprecher im<br />
Freiwilligendienst<br />
Europas<br />
sorin hält die Initiative für<br />
nützt. Aber ist der Ärger der<br />
Bundesentwicklungsministe-<br />
aus dem Boden gestampft.<br />
„grenzenlos<br />
populistisch“,<br />
Professorin überhaupt berech-<br />
rium.<br />
Ein „Lebensgefühl NGO“ hat<br />
weil sie kaum frage: Was brau-<br />
tigt? Wird nicht gerade in den<br />
Die neue Lust am Helfen: Bis-<br />
eine ganze Generation erfasst.<br />
chen die Menschen in diesen<br />
ärmsten Ländern jede helfen-<br />
lang konnten es sich nur die<br />
Immer mehr Jugendliche wol-<br />
Ländern wirklich? Eines sei je-<br />
de Hand gebraucht?(…)Ju-<br />
Kinder der Reichsten leisten,<br />
len selbst mit anpacken in den<br />
denfalls sicher, schimpft von<br />
gendliche „jenseits der eigenen<br />
die Ärmsten zu unterstützen.<br />
ärmsten Ländern der Welt. Sie<br />
Braunmühl: „An unqualifi-<br />
Komfortzone für ein persönli-<br />
Egal ob Anderer Dienst im<br />
lesen die Projektbeschreibun-<br />
zierten Händen fehlt es dort<br />
ches Ziel engagieren“. Schür-<br />
Ausland, selbst organisiertes<br />
gen und beschließen,<br />
nirgends!“<br />
mann weiß, dass sie in Ent-<br />
Praktikum bei einer NGO<br />
Hilfsprojekte in Indien bei<br />
Selbst wenn die jungen Deut-<br />
wicklungsländern einen „per-<br />
oder private Austauschorgani-<br />
„vertriebenen Slumbewohner-<br />
schen während ihres Aufent-<br />
sönlichen Reifeprozess erfah-<br />
sationen – in nahezu jedem<br />
Innen zu unterstützen“, im<br />
halts viel lernten – so sei die-<br />
ren“. Dass sie nach ihrem Auf-<br />
Fall mussten die Jungen und<br />
Niger „Giraffen und deren Le-<br />
ses Lernen einseitig, findet die<br />
enthalt stärker sind, dass sie<br />
Mädchen Tausende von Euro<br />
bensraum zu schützen“, in<br />
Professorin. Ziel von Entwick-<br />
gelernt haben, zwischen den<br />
aufbringen für Anreise, Unter-<br />
<strong>Ruanda</strong> mit „Fußball für den<br />
lungspolitik sei jedoch die<br />
Kulturen zu wechseln. Zudem<br />
kunft und Verpflegung. So ko-<br />
Frieden“ zu kämpfen. Der An-<br />
Umverteilung der Leben-<br />
findet Schürmann, Entwick-<br />
sten achteinhalb Wochen Frei-<br />
sturm auf die ersten ausge-<br />
schancen. „Warum laden wir<br />
lungshilfe sei heute entpoliti-<br />
willigendienst in Kambod-<br />
schriebenen Stellen ist gewal-<br />
nicht auch Jugendliche aus<br />
siert. Mit einem Engagement<br />
scha, beispielsweise bei der<br />
tig. „Hilfe – das große Interes-<br />
Entwicklungsländern zu uns<br />
sei keinerlei ideologisches Sta-<br />
62 RUANDA REVUE · 02/<strong>2008</strong>