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AUDIO TEST Stereo + Phono (Vorschau)

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Dieses war gleichzeitig Aufnahme- und<br />

Abspielgerät: Eine Sängerin beispielsweise<br />

sang in den Schalltrichter und brachte so<br />

eine Membran zum Schwingen. Ein daran<br />

befes tigter Stift ritzte das Signal nun<br />

mittels Horizontalbewegungen in den<br />

Plattenrohling ein. Dazu musste der aufzunehmende<br />

Ton mit hohem Pegel den<br />

Trichter erreichen. Gerade für Instrumentalisten<br />

war es nicht einfach, zum Beispiel<br />

eine Geige möglichst ruhig vor dem Trichter<br />

zu halten, aber auch laut einzuspielen.<br />

In optischer Hinsicht wurde hier ebenfalls<br />

der Grundstein für Schallplatten und die<br />

darauffolgenden modernen Medien gelegt:<br />

der scheibenförmige Tonträger. Die<br />

Nadel übertrug die Bewegung wieder<br />

auf die Membran und der erzeugte Schall<br />

wurde durch ein Megafon verstärkt. Die<br />

Aufnahmen der Zeit hatten entscheidende<br />

Nachteile: Sie waren qualitativ wenig<br />

hochwertig, von kurzer Spieldauer und vor<br />

allem monofon. Die <strong>Stereo</strong>fonie im Wohnzimmer<br />

musste sich jedoch noch etwa ein<br />

halbes Jahrhundert gedulden. Erst 1931<br />

ließ Alan D. Blumlein ein Patent für die<br />

sogenannte Zweikomponentenschrift anmelden.<br />

Er übernahm dazu die Grundprinzipien<br />

von Edison und Berliner. Ab Seite 24<br />

dieses Heftes erfahren Sie, wie die beiden<br />

Speicherprinzipien genau funktionieren<br />

und welche Vor- und Nachteile sie mit sich<br />

bringen. Die <strong>Stereo</strong>schallplatte war geboren.<br />

Nun ja, zumindest in der Theorie,<br />

denn tatsächlich herstellen wollte solche<br />

Platten damals noch niemand.<br />

Raumklang im Kinosaal<br />

<strong>Stereo</strong> kam im Jahr 1940 in die Kinos: Walt<br />

Disneys „Fantasia“ war der erste kommerzielle<br />

Film mit <strong>Stereo</strong>ton. Für die Musik gab<br />

es dann auch gleich drei Ehren-Oscars für<br />

„einen herausragenden Beitrag zur Nutzung<br />

des Tones im Film“. Die Aufnahmen<br />

mit dem Philadelphia Symphony Orchestra<br />

waren richtungsweisend: 33 Mikrofone<br />

wurden per Lichttonverfahren auf acht<br />

Bänder aufgenommen, auf einem neunten<br />

Band gab es einen Klick-Track als Orientierung<br />

für die Animationen. Für die Vorführung<br />

wurden vier Master-Bänder erstellt:<br />

Musik, Sprache, Effekte und ein Band zur<br />

Lautstärkekontrolle. Bevor ein selbstarbeitendes<br />

System die Aufgabe übernahm,<br />

musste ein Techniker live das Panorama-<br />

Potenziometer bedienen. So konnten beim<br />

sogenannten Fantasound die Schallquellen<br />

über das <strong>Stereo</strong>panorama bewegt werden.<br />

Um eine räumlichere Wiedergabe zu erzielen,<br />

wurden um die Sitzplätze im Kino<br />

weitere Lautsprecher aufgestellt. Für die<br />

Veröffentlichung wurde außerdem eine<br />

monofone Mischung erstellt, um auch andere<br />

Kinos und später den Heimanwender<br />

zu erreichen. <strong>Stereo</strong>ton war nun also theoretisch<br />

erdacht und wurde erstmals praktisch<br />

angewandt. Das heimische Wohnzimmer<br />

blieb jedoch nach wie vor „monoton“,<br />

daran änderten auch die ersten Mehrkanaltonbänder<br />

nichts. Obwohl 1949 sogar<br />

schon Tonbänder mit drei Kanälen vorgestellt<br />

wurden (links, Mitte, rechts) und in<br />

den Jahren darauf <strong>Stereo</strong>kassetten sowie<br />

Abspielgeräte in den Handel kamen, konnte<br />

sich das neue Format nicht durchsetzen.<br />

Die Ursache lag diesmal im schlecht gewählten<br />

Zeitpunkt: Viele Leute hatten ihr<br />

Geld gerade in teure LP-Technik investiert.<br />

Der Weg ins Wohnzimmer<br />

Dieser Zustand sollte sich erst in den 1950er<br />

Jahren ändern. 1958 wurde Blumleins Idee<br />

der <strong>Stereo</strong>schallplatte endlich in die Praxis<br />

umgesetzt. Mehrere Schallplattenfirmen,<br />

darunter RCA und Decca, begannen,<br />

<strong>Stereo</strong>-LPs zu vermarkten. Diesmal gab es<br />

Rückendeckung von der gesamten Plattenindustrie<br />

und vor allem von den Studios –<br />

schließlich musste ja auch <strong>Stereo</strong>material<br />

geschaffen werden. Dennoch war die Umstellung<br />

alles andere als einfach. Die bisher<br />

auf dem Markt verbreiteten Abspielgeräte<br />

für Mono-LPs waren nicht kompatibel zu<br />

den <strong>Stereo</strong>platten. Die Arme der Tonabnehmer<br />

waren nicht für horizontale und<br />

vertikale Bewegungen ausgelegt, sodass<br />

für den <strong>Stereo</strong>genuss neue Technik angeschafft<br />

werden musste. In den Tonstudios<br />

wurde die neue Technik mit Begeisterung<br />

begrüßt. Man erkannte schnell, wie viele<br />

neue Möglichkeiten zwei Kanäle boten.<br />

Für „echte“ <strong>Stereo</strong>aufnahmen wurden<br />

Mikrofonanordnungen entwickelt, die das<br />

Räumlichkeitsgefühl und die Lokalisation<br />

der Schallquellen unterschiedlich authentisch<br />

abbildeten. Auch hier sollte der Name<br />

Blumlein erneut erwähnt werden: Die<br />

Blumlein-<strong>Stereo</strong>fonie ist eine besondere<br />

Mikrofonanordnung, die nach wie vor gern<br />

verwendet wird. Vermehrt kam aber auch<br />

das sogenannte Panning zum Einsatz: Instrumente,<br />

die nur mit einem Mikrofon aufgenommen<br />

wurden, konnten nun mit dem<br />

Panoramaregler frei auf der <strong>Stereo</strong>basis<br />

verschoben werden, um das Musikgeschehen<br />

lebendiger wirken zu lassen und inhaltlichen<br />

Bezug zu ermöglichen. In Liedern<br />

wie „Eleanor Rigby“ von den Beatles kam<br />

dieses Verfahren extensiv zum Zuge. Beide<br />

Methoden werden heute oft kombiniert,<br />

um aus Haupt- und Stützmikrofonen das<br />

gewünschte Klangbild zu schaffen. In den<br />

Laden kamen zum Leidwesen der Verkäufer<br />

nun jeweils zwei Editionen jedes neuen Albums:<br />

eine monofone und eine stereofone<br />

Variante. Zwar konnten einkanalige Platten<br />

auch auf den neuen <strong>Stereo</strong>abspielgeräten<br />

verwendet werden, umgekehrt führte der<br />

Abspielversuch von <strong>Stereo</strong>-LPs auf dem alten<br />

Monoplayer jedoch zur Beschädigung<br />

der Scheibe.<br />

Der große Durchbruch: Radio<br />

Mit den <strong>Stereo</strong>schallplatten schaffte der<br />

Raumklang endlich den Sprung in die Pri-<br />

Der Film „Fantasia” erfreut sich heute noch großer Beliebtheit und ist inzwischen sogar auf Blu-ray erhältlich. Er ist jedoch nicht nur optisch ein Leckerbissen:<br />

Zumindest im Kino wurde dem Publikum erstmals <strong>Stereo</strong>ton geboten<br />

Bilder: Auerbach Verlag, Disney<br />

18 <strong>AUDIO</strong> <strong>TEST</strong> | 2.2012 | www.audio-test.at

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