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Betrifft: Kirchenkritik - Katholisches Dekanat Pforzheim

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7<br />

»Der Hexenwahn, den die<br />

katholische Kirche unterstützte,<br />

forderte 9 Millionen Opfer.<br />

Was sagen Sie dazu?«<br />

Dass der Hexenwahn in Europa 9<br />

Millionen Opfer gefordert habe, ist<br />

eine Behauptung, die früher (z. B. von<br />

den Nazis) eifrig verbreitet worden ist.<br />

Vereinzelt übernehmen auch heute noch<br />

Bücher und Internetseiten unkritisch<br />

diese Opferzahl. Die neue Hexenforschung<br />

rechnet mit 40.000 bis 60.000<br />

Hingerichteten (vgl. Katalog zur Ausstellung<br />

„Hexenwahn – Ängste der Neuzeit“,<br />

Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />

2002). Das ist schrecklich genug! Der<br />

Hexenwahn gehört zu den dunkelsten<br />

Kapiteln europäischer Geschichte. Über<br />

300 Jahre (1430-1780) waren Hexenprozesse<br />

Bestandteil regulärer staatlicher<br />

Rechtsprechung!<br />

Am üppigsten blühte der Hexenwahn<br />

zwischen 1560 und 1680 in Deutschland.<br />

Seine Ursachen sind vielfältig. Die überwiegende<br />

Mehrheit der Hexenprozesse<br />

wurde übrigens von weltlichen Juristen<br />

und weltlichen Richtern und nicht, wie<br />

man landläufig annimmt, von der katholische<br />

Kirche oder der Inquisition geführt.<br />

In altchristlicher Zeit verurteilte die Kirche<br />

ausdrücklich die Auffassung, Menschen<br />

könnten Schadenzauber verüben. Karl<br />

der Große († 814), der sich als Schirm-<br />

herr der Kirche verstand, verbot den neu<br />

christianisierten Sachsen das Verbrennen<br />

von „Hexen“. Dennoch konnte sich dieser<br />

unter Germanen verbreitete heidnische<br />

Aberglaube in vielen christlichen (katholischen<br />

und evangelischen) Gebieten<br />

durchsetzen. Nach und nach vertraten<br />

auch Universitäten, Wissenschaftler,<br />

Päpste und Fürsten die Ansicht, dass<br />

Menschen mit Hilfe des Teufels Schadenzauber<br />

ausüben könnten. Das Volk<br />

glaubte ohnedies gerne daran. Auch<br />

Martin Luther „bestätigte“ die Existenz<br />

von Hexen und riet: „Man töte sie nur!“<br />

(Luthers Werke, WA 16, S. 551) Nicht<br />

nur Frauen, auch Männer und Kinder<br />

– übrigens auch katholische Priester<br />

und Prälaten! – wurden als „Hexen“ und<br />

„Hexer“ angezeigt und bezahlten diesen<br />

kollektiven Wahn nicht selten mit ihrem<br />

Leben. Fanatiker (z. B. der Dominikaner<br />

Heinrich Kramer) schürten ihn, manchmal<br />

holten sie sich dafür auch prominente<br />

kirchliche Unterstützung (1484: „Hexenbulle“<br />

von Innozenz VIII.).<br />

Allerdings konnte im päpstlich regierten<br />

Teil Italiens der Hexenwahn nie<br />

wirklich Fuß fassen, ebenso wenig im<br />

Einflussbereich der Spanischen Inquisition<br />

(sie verhinderte aktiv Hexenverfolgungen!),<br />

auch nicht in orthodoxen<br />

Gebieten, im katholischen Irland, in der<br />

Diözese Brixen (Tirol) usw. Katholische<br />

<strong>Betrifft</strong>: <strong>Kirchenkritik</strong> | 11

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