Betrifft: Kirchenkritik - Katholisches Dekanat Pforzheim
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Sexualmoral – Abtreibung – Ehe und Scheidung – Weltverantwortung<br />
37 »Die Kirche ist sexualfeindlich!«<br />
Der Journalist Günther Nenning († 2006)<br />
schrieb einmal pointiert, es sei „das tiefste<br />
Malheur der Christen: dass bei ihnen<br />
Religion und Sinnenfreude auseinander<br />
geraten sind“ (profil 46/14.11.1988). In<br />
puncto Sexualität ist früher tatsächlich zu<br />
viel von Sünde geredet worden und zu<br />
wenig davon, dass Sexualität zuerst einmal<br />
ein wunderbares Geschenk Gottes ist. Bis<br />
heute ist weithin unbekannt, dass eines<br />
der schönsten erotischen Lieder der Weltliteratur<br />
in der Bibel steht (das Hohelied<br />
im Alten Testament). Zu lange betrachtete<br />
man nur mit Argwohn, was heute Gott<br />
sei Dank zustimmend von der Kirche so<br />
formuliert wird: „Die Geschlechtlichkeit ist<br />
eine Quelle der Freude und Lust.“ (Katechismus<br />
der katholischen Kirche,<br />
Nr. 2362). Freilich ist Sexualität ein Geschenk,<br />
mit dem wir Menschen auch verantwortungsvoll<br />
umgehen müssen. Liebe,<br />
Treue, Ehrlichkeit, Zärtlichkeit, Respekt vor<br />
möglichem neuen Leben, Rücksichtnahme,<br />
ja auch das Verzichten-Können – all das<br />
gehört dazu, wenn menschliche Sexualität<br />
nicht nur einem kurzen Vergnügen, sondern<br />
wirklich dem Lebensglück des Menschen<br />
dienen soll. Darauf wollen kirchliche<br />
Normen letztlich hinweisen. Menschliche<br />
Sexualität soll Ausdruck persönlicher Liebe<br />
sein und nicht zum Konsumartikel, zur<br />
Ware, zur bloßen Lusttechnik verkommen.<br />
40 | <strong>Betrifft</strong>: <strong>Kirchenkritik</strong><br />
38<br />
»Lehrt die Kirche noch immer,<br />
dass man vor der Ehe keinen<br />
Sex haben soll? Das ist für uns<br />
Jugendliche unverständlich.«<br />
Es gibt Themen, die der katholischen<br />
Kirche wichtiger sind, aber sie vertritt<br />
– wie übrigens alle großen Religionen<br />
(Judentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus)<br />
– den Standpunkt, dass die<br />
Geschlechtsgemeinschaft erst nach der<br />
Hochzeit aufgenommen werden soll. Die<br />
Eheschließung ist ja in den meisten alten<br />
Kulturen jene Zeremonie, die ein Paar<br />
gleichsam dazu „berechtigt“, auch sexuell<br />
miteinander zu verkehren. Seit einigen<br />
Jahrzehnten ist diesbezüglich in Ländern<br />
„westlicher“ Zivilisation ein radikaler Kulturwandel<br />
im Gange, dessen langfristige<br />
Auswirkungen wir noch nicht abschätzen<br />
können. Die Kirche weiß, dass sich z. B.<br />
in unserem Land die meisten jungen<br />
Menschen nicht an die traditionelle Norm<br />
halten. Sie weiß auch, dass man daraus<br />
nicht schließen darf, Jugendliche lebten<br />
durch die Bank promisk und missachteten<br />
die Ehe. Im Gegenteil, Treue ist vielen<br />
ein sehr hoher Wert. Es ist Aufgabe der<br />
Kirche, mit jungen Leuten immer wieder<br />
ins Gespräch zu kommen. Sie muss<br />
einerseits die Lebenswelt Jugendlicher<br />
besser verstehen lernen und andererseits<br />
auf den Sinn hinweisen, der sich hinter<br />
manch veraltet klingender Norm verbirgt.