Volltext - Musiktheorie / Musikanalyse - Kunstuniversität Graz
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3. Die Pause als Grundlage der musikalischen Sprache und Struktur in<br />
der Musik Anton Weberns<br />
Das Interesse für die rhetorische und strukturelle Pause erneuert sich in der Musik der<br />
Wiener Schule, und dabei besonders bei Anton Webern. Der Mangel an „Fasslichkeit“<br />
in den Werken des späten 19. Jahrhunderts, der aus dem Weiterströmen bzw. der<br />
fortgesetzten Entfaltung der musikalischen Linie resultierte, und die dadurch<br />
entstandene oft erhebliche Gesamtdauer musikalischer Werke wurden zunehmend als<br />
Problem aufgefasst.<br />
Für Webern waren der Ausdruck in Barockmusik, und die Ordnung der Gedanken<br />
in der klassischen und romantischen Musik zentrale Orientierungspunkte, die er in<br />
seinen eigenen Werken zu verdeutlichen trachtete. Vor diesem Hintergrund lassen sich<br />
vier wichtige Merkmale seiner Musik unter dem Gesichtspunkt der Pause<br />
unterscheiden:<br />
1. „Hauch“ und Atem tragen wesentlich zur Wirkung von Weberns musikalischer<br />
Sprache bei; die Anweisung „wie ein Hauch“ wird dabei in seiner Vokal- und<br />
Instrumentalmusik für die Ausdeutung einer Atmosphäre eingesetzt, die ein<br />
Atemholen und damit die Betonung eines Wortes anzeigt. Webern entwickelte<br />
daraus das kompositorische Prinzip des ausgelassenen Hauptakzents (vgl. 3.1.2).<br />
2. Die Reduktion von ehemals formbildenden Elementen wie z.B. Wiederholung und<br />
Sequenz erfolgt durch Pausen bzw. durch eine elliptische Formulierung<br />
musikalischer Gedanken und Konzentration auf wenige essenzielle<br />
Grundbestandteile. In seiner Instrumentalmusik bedeutete das zunächst die Abkehr<br />
vom Ideal der „großen Form“ des späten 19. Jahrhunderts bzw. den Weg zu kürzeren<br />
Stücken, die klassische Formprozesse in äußerster Knappheit zusammenfassen<br />
(3.2.2.). Den Reichtum an (oft gleichzeitig erklingenden) Varianten des<br />
Grundmaterials und die Ellipse nennt Webern als wichtigste Mittel der Verdichtung<br />
und stellt dabei die Aussparung vermittelnder „Zwischenglieder“ heraus. 23<br />
23 Eva-Maria Houben, Die Aufhebung der Zeit, Stuttgart (Steiner) 1992, S. 91.<br />
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