Volltext - Musiktheorie / Musikanalyse - Kunstuniversität Graz
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Bei Novalis finden sich vergleichbare fragmentarische und labyrinthartige Strukturen,<br />
die gleichsam Endlichkeit und Unendlichkeit, „Willkür und Zufall“, „Wunder und<br />
gesetzmäßige Wirkung“ vereinen. 45 Labyrinth und Fragment koinzidierenen im Topos<br />
des Unendlichen. Die Ferne e erscheint als spezifisch romantische Denkfigur.<br />
In seiner vierten Bagatelle (Nbsp. 33) stellt Webern heterogene<br />
Elemente<br />
nebeneinander. Der Klang<br />
der Instrumente wirkt wie das Aussprechenen einzelner<br />
Worte, oft in die Stille hinein. Dadurch nähert sich das Werk dem Modell<br />
des „Lieds<br />
ohne Worte“ an. Im Vorwortort der Partitur schrieb Schönberg dazu:<br />
„Man bedenke, welche Enthaltsamkeit dazugehört, sich so kurz zu fassen. Jeder Blick<br />
lässt sich zu<br />
einem Gedicht, jeder Seufzer zu einem Roman ausdehnen. Aber: einen Roman durch<br />
eine einzige<br />
Geste, ein Glück durch ein einziges Aufatmen auszudrücken: zu solcher Konzentration findet sich<br />
nur, wo Wehleidigkeit in entsprechendem Maße fehlt.“ 46<br />
In einem Brief an Schönberg vom 24. November 1913 versucht Webern<br />
das Wesen<br />
der vierten Bagatelle und ihrer Form zu erklären: „zuerst ein Wort: Engel. Daher<br />
kommt die ‚Stimmung‘ dieses Stücks. Die Engel im Himmel. Der unfaßliche Zustand<br />
nach dem Tode.“ 47<br />
Nbsp. 33: Webern, Sechs Bagatellen für Streichquartett op. 9, 4. Satz<br />
45 Zit. nach: Döhl, Weberns Beitrag, S. 37.<br />
46 Moldenhauer, Anton von Webern, S. 174.<br />
47 Ebda, S. 173.<br />
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