MUSIK UND SPRACHE - KH-Konrath.de
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Gembris Darstellung 16 setzt nicht erst bei <strong>de</strong>m geborenen Menschen ein, son<strong>de</strong>rn berücksichtigt<br />
die Entwicklung bis zur Geburt gleichfalls. Pränatale Wahrnehmungsfähigkeiten<br />
beginnen damit, daß zwischen <strong>de</strong>m fünften und sechsten Monat die Nervenzellen im Ohr<br />
<strong>de</strong>s Fötus ausgebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Reaktionen auf extrauterine Reize seien ab <strong>de</strong>m siebten<br />
Monat beobachtbar, da die Schallkulisse intrauterin geringerer als erwartet sei, so daß<br />
eine generelle Wahrnehmung akustischer Reize (min<strong>de</strong>stens 65-70 dB) durchaus als<br />
wahrscheinlich angesehen wer<strong>de</strong>n könne, wobei es wegen <strong>de</strong>r stärker wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Dämpfung<br />
<strong>de</strong>r Lautstärke bei steigen<strong>de</strong>r Frequenz dazu komme, „daß keine Unterschei<strong>de</strong> zwischen<br />
Männer- und Frauenstimmen gehört wer<strong>de</strong>n können. Genau erkennbar ist jedoch<br />
die Sprachmelodie und die Prosodie“ 17 .<br />
Im Säuglingsalter, nach<strong>de</strong>m bei <strong>de</strong>r Geburt ein drastischer Wechsel <strong>de</strong>r Wahrnehmung<br />
eingetreten ist, gelten bereits als erkennbar sowohl Tondifferenzen von 1-2 % Tonhöhenunterschied<br />
bzw. 3 dB Lautstärkeän<strong>de</strong>rung als auch Tongleichheit. Signifikant für die musikalische<br />
wie sprachliche Entwicklung seien daher die frühkindlichen Vokalisationen <strong>de</strong>r<br />
Mutter-Kind-Interaktion. Diese sogenannte »Ammensprache« entspreche einem »vorlinguistischen<br />
Alphabet«, das als Vorläufer einerseits <strong>de</strong>r sprachlichen wie <strong>de</strong>r musikalischen<br />
Kompetenz an<strong>de</strong>rerseits<br />
angesehen wer<strong>de</strong>. Solche<br />
nonverbale Kommunikation,<br />
die sich per Intensität,<br />
Tonhöhe, melodische Kontur,<br />
Rhythmus, Klangfarbe<br />
und Tempo gestalte, stelle<br />
die früheste musikalische<br />
Erziehung dar. Bemerkenswert<br />
hierbei ist in<strong>de</strong>s, daß<br />
jene Mutter-Kind-Interaktion<br />
insofern interkulturell ist,<br />
als daß Forschungen ergaben,<br />
daß sie in verschie<strong>de</strong>nen<br />
Nationen vergleichbare<br />
Ausprägungen aufweist.<br />
Darstellung aus Gembris: Grundlagen, S. 311<br />
16 Bezuggenommen wird auf Gembris: Grundlagen und auf Gembris: »Musikalität« in MGG Bd. 6, S. 867ff.<br />
17 Fassben<strong>de</strong>r: Entwicklung grundlegen<strong>de</strong>r musikalischer Fähigkeiten, 1993, S. 270; zit. in MGG Bd. 6, S. 881