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MUSIK UND SPRACHE - KH-Konrath.de

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„Musikverstehen meint, daß in zweierlei Weise hinter <strong>de</strong>n akustischen Strukturen Sinn<br />

entschlüsselt wird: einmal, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r musikalische Ausdruck nachvollzogen, und zum<br />

zweiten, in<strong>de</strong>m die grammatikalische Be<strong>de</strong>utung erkannt wird. Die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s Musikverstehens<br />

ist eng verknüpft mit einem Begriff von Musik, <strong>de</strong>r – wie immer metaphorisch – ihre<br />

Sprachähnlichkeit betont. Die historische und ethnographische Reichweite dieses Musikbegriffes<br />

ist begrenzt, damit ist auch die ihm zugeordnete Forschung über die Mechanismen,<br />

die <strong>de</strong>m Verstehen zugrun<strong>de</strong> liegen, in ihrer Be<strong>de</strong>utung eingeschränkt.“ 81 Mit diesem<br />

Resümee leitet sie eine Geschichte <strong>de</strong>r Metapher »Musik als Sprache« ein, genauer: die<br />

Geschichte einer Tradition, die bereits überwun<strong>de</strong>n sei: „Die grammatische Struktur von<br />

Musik ist nur insofern eine psychologische Realität, als sie gelernt wur<strong>de</strong>. Im 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

sind Kunstäußerungen entstan<strong>de</strong>n, die das Verstehen zum reinen kognitiven Akt <strong>de</strong>stillierten,<br />

und dieses Jahrhun<strong>de</strong>rt hat auch Formen <strong>de</strong>r Musik hervorgebracht, die nicht<br />

aufgrund kategorialer Anschauung, son<strong>de</strong>rn nur im Nachvollzug erlebt sein wollen.“ 82<br />

Die Psychologie bietet folglich divergieren<strong>de</strong> Aussagen über die Verwandtschaft von Musik<br />

und Sprache. Sind einerseits Gemeinsamkeiten erkennbar, wer<strong>de</strong>n sie als solche an<strong>de</strong>rerseits<br />

infragegestellt. Entwicklungs- und differentialpsychologisch liegen Musik und<br />

Sprache eng beieinan<strong>de</strong>r, wohingegen speziell neuere Musik – kognitionspsychologisch<br />

gesehen – diese Nähe aufzubrechen scheint.<br />

2.4. SOZIOLOGISCHE ASPEKTE<br />

Musik und Sprache sind un<strong>de</strong>nkbar ohne die Menschen, die sich mittels einer <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />

Formen einan<strong>de</strong>r mitteilen. Jedwe<strong>de</strong> Botschaft steht daher in Relation nicht nur zu <strong>de</strong>n<br />

innerpsychischen Charakteristika einer Person, son<strong>de</strong>rn zugleich zu ihrem Umfeld und zu<br />

<strong>de</strong>ssen sozialer Struktur, die sowohl Voraussetzung als auch als Ziel <strong>de</strong>r Mitteilung ist. Im<br />

Falle »Musik« z.B. be<strong>de</strong>utet dies:<br />

„Soziostrukturelle Aspekte ergeben sich, wo Musik selbst soziale Beziehungen aufbaut und reproduziert:<br />

in Interaktion und Kommunikation; <strong>de</strong>ren institutioneller Verfestigung; in ökonomischen<br />

Abhängigkeiten zwischen Musikern und Hörern; in <strong>de</strong>r Ausprägung von Spezialistentum und Professionalisierung.<br />

[…] Der Gedanke, daß Menschen einan<strong>de</strong>r in Musik begegnen, und daß es ganze<br />

Menschen sind […], beschreibt mithin die grundsätzliche Relativität musikalischer Autonomie. […]<br />

Funktionen, Strukturen und Be<strong>de</strong>utungen können merklich variieren: innerhalb verschie<strong>de</strong>ner Musiziersphären,<br />

Stilbereiche, Gattungen, ja sogar historischen Epochen. Struktur-, Funktions- und<br />

Be<strong>de</strong>utungsforschung vermag also eine durchaus handgreifliche soziologische »Dechiffrierung«<br />

81 la Motte-Haber: Musikpsychologie, S. 133<br />

82 la Motte-Haber: Musikpsychologie, S. 144f.

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