MUSIK UND SPRACHE - KH-Konrath.de
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„Ausgehend von <strong>de</strong>r Vorstellung, daß ein kontinuierliches Schallsignal vom Gehör in aufeinan<strong>de</strong>rfolgen<strong>de</strong><br />
Schallereignisse unterteilt wird, konnten mit Hilfe <strong>de</strong>r Rhythmuswahrnehmung diejenigen<br />
Zeitpunkte ermittelt wer<strong>de</strong>n, welche die Schallereignisse bezüglich <strong>de</strong>r Wahrnehmung repräsentieren.<br />
Diese Zeitpunkte wur<strong>de</strong>n Ereigniszeitpunkte genannt. Sie kennzeichnen die Segmentierung von<br />
Schallen durch das Ohr. […]<br />
Untersuchungen <strong>de</strong>r Segmentierung kontinuierlicher Schalle zeigten, daß prinzipiell je<strong>de</strong> Pegelerhöhung<br />
(> 1 dB) ein rhythmisches Ereignis auslöst, eine Pegelerniedrigung aber bestenfalls in 50 %<br />
<strong>de</strong>r Fälle. Eine überschwellige Frequenzän<strong>de</strong>rung bewirkt unabhängig von <strong>de</strong>r Richtung <strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rung<br />
ein Ereignis. Für die rhythmische Verschmelzungsgrenze von aufeinan<strong>de</strong>rfolgen<strong>de</strong>r Pegel- und<br />
Frequenzän<strong>de</strong>rung wur<strong>de</strong> ein Bereich zwischen 100 und 200 ms ermittelt. […]<br />
Sprache und Musik wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Versuchspersonen im wesentlichen in Zeitintervallen zwischen<br />
200 und 400 ms segmentiert. Die Zeitverhältnisse aufeinan<strong>de</strong>rfolgen<strong>de</strong>r Intervalle ergaben bei<br />
Sprache und Musik unterschiedliche Verteilungen. […] Die metrische Struktur <strong>de</strong>r Musik zeichnet<br />
sich <strong>de</strong>utlich in <strong>de</strong>r Segmentierung ab. Es konnte nachgewiesen wer<strong>de</strong>n, daß allein aufgrund dieser<br />
Struktur eine Unterscheidung von Sprache und Musik möglich ist.“ 30<br />
Ein erster Anhaltspunkt ist also gefun<strong>de</strong>n, Musik und Sprache voneinan<strong>de</strong>r zu unterschei<strong>de</strong>n,<br />
wobei die berücksichtigt wer<strong>de</strong>n sollte, ob die nur für eine bestimmte Art von Musik<br />
bzw. Sprache gilt.<br />
2.3.3. PSYCHOANALYTISCHE ASPEKTE<br />
Die bisher erwähnten medizinisch-physiologischen Abläufe bei Hör- und Lautgebungsvorgängen<br />
stellen jedoch lediglich die Überbrückung einer Distanz dar zwischen einem »Ich«<br />
und seinem »Du«, einem Ego und <strong>de</strong>ssen Alter. In<strong>de</strong>s stellt sich die Frage, ob und wie jene<br />
Vorgänge im Bewußtsein <strong>de</strong>s Individuums Wirkweisen ausbil<strong>de</strong>n. Verallgemeinernd kann<br />
man sowohl bei Sprache als auch bei Musik davon ausgehen, daß die – einmal im Hörprozeß<br />
als solche i<strong>de</strong>ntifizierten – Lautmuster in mentale Vorstellungen transformiert wer<strong>de</strong>n<br />
in Relation zum Ausmaß <strong>de</strong>r provozierten Aufmerksamkeit. Ohne dies ist die Erweiterung<br />
<strong>de</strong>s Gedächtnisbesitzes unmöglich. Für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r Lautgebung gilt analog, daß mentale<br />
Vorstellungen transformiert wer<strong>de</strong>n in Lautmuster, um beim Gegenüber die nötige Aufmerksamkeit<br />
zu provozieren usw. Dabei kann z.B. das Maß <strong>de</strong>r Aufmerksamkeit – rein<br />
psychologisch verstan<strong>de</strong>n – differieren zwischen bewußt-konzentrierter Wahrnehmung<br />
über unbewußt-suggestiver bis hin zu keiner Wahrnehmung. Für die weiteren Ausführungen<br />
ist es daher an dieser Stelle geboten, auf jene Vorstellung näher einzugehen, die auch<br />
als Vorverständnis dieser Arbeit zugrun<strong>de</strong> liegt, daß nämlich im Diskurs um Sprache und<br />
Musik die bewußte Tätigkeit <strong>de</strong>s menschlichen Geistes von großer Be<strong>de</strong>utung ist, bei weitem<br />
aber nicht die einzige.<br />
30 Köhlmann, S. 3