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MUSIK UND SPRACHE - KH-Konrath.de

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danken sich sowohl Konsonanztheorien als auch Erklärungsmo<strong>de</strong>lle von Wahrnehmungsqualitäten<br />

<strong>de</strong>r Sprachlaute und Instrumentalklänge. Ihm folgte die sogenannte Berliner<br />

Schule, <strong>de</strong>ren Vertreter für die Musikpsychologie von herausragen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung sind.<br />

Beispielsweise Max „Wertheimer formulierte in seinen Untersuchungen zur Lehre <strong>de</strong>r Gestalt<br />

(1923) bis heute gültige Gesetze <strong>de</strong>r Gruppierung von Tonfolgen zu Verarbeitungseinheiten;<br />

Koffka befaßte sich u.a. mit <strong>de</strong>r Gruppierung von Tonfolgen zu rhythmischen<br />

Komplexen und entwickelte eine Theorie, wonach die rezipierte Gestalt abhängt von <strong>de</strong>r<br />

Be<strong>de</strong>utung, die eine Person <strong>de</strong>n wahrgenommen Reizen beimißt, also eher auf Sozialisationsphänomenen<br />

und Lernprozessen beruht, als angeboren ist.“ 34 Die Musikethnologie<br />

steht ebenfalls in diesem Kontext, wie auch die Theorien E. Kurths, <strong>de</strong>r „in seiner Musikpsychologie<br />

(1931) […] energetische Qualitäten <strong>de</strong>r Klangmaterie in das Zentrum <strong>de</strong>r Betrachtungen<br />

[stellt]. Spannungen im musikalischen Material führen zu jener psychischen<br />

Energie, aus <strong>de</strong>r sich die Wirkung von Musik erkläre.“ 35 Auf ihn geht auch die Vorstellung<br />

<strong>de</strong>r Gleichzeitigkeit musikalischer Ereignisse – die physikalisch nacheinan<strong>de</strong>r, mental in<br />

<strong>de</strong>r Psyche aber gemeinsam präsent sind – und <strong>de</strong>r Räumlichkeit <strong>de</strong>r Musik als imaginären<br />

Raum <strong>de</strong>r Psyche zurück. Der Gestaltpsychologie gegenüber etablierte sich in Leipzig die<br />

Ganzheitspsychologie, die Ausgangspunkt <strong>de</strong>r holistischen Theorien <strong>de</strong>r New-Age-<br />

Bewegung wur<strong>de</strong>. Dominierend aber ist inzwischen „die kognitive Psychologie [als] eine<br />

Weiterentwicklung phänomenologischer und gestaltpsychologischer Prinzipien“ 36 . In diesem<br />

Zusammenhang sei jedoch noch auf eine interessante Studie verwiesen:<br />

„Carol Krumhansi und <strong>de</strong>r Sprachwissenschaftler Peter Jusczyk (1990) […] untersuchten die Frage,<br />

inwieweit Säuglinge im Alter von viereinhalb und sechs Monaten für die Phrasenstruktur von Musik<br />

sensibel sind und welche musikalischen Faktoren dabei eine Rolle spielen. Der theoretische Hintergrund<br />

dieser Fragestellung ist folgen<strong>de</strong>r: Für das Verständnis <strong>de</strong>r Sprache ist es notwendig, aus<br />

<strong>de</strong>m fortlaufen<strong>de</strong>n Klangstrom aus Konsonanten und Vokalen größere Einheiten wie Silben, Wörter,<br />

Phrasen und Sätze zu erkennen und herauszufiltern (Segmentierung). Das Problem besteht darin,<br />

Beginn und En<strong>de</strong> von Silben, Wortgrenzen etc. zu erkennen, obwohl es oft keine Pausen in <strong>de</strong>n fortlaufen<strong>de</strong>n<br />

akustischen Signalen gibt. Für das korrekte Segmentieren und Erkennen von Wortgrenzen<br />

spielen wahrscheinlich Rhythmus und Intonation als Hinweisreize eine wichtige Rolle. Wie verschie<strong>de</strong>ne<br />

Experimente gezeigt haben, bevorzugen bereits sechs Monate alte Säuglinge richtig<br />

segmentierte Sprache gegenüber nicht korrekt segmentierter Sprache. Sie sind also in <strong>de</strong>r Lage, im<br />

fortlaufen<strong>de</strong>n Strom <strong>de</strong>r Sprache Strukturen zu erkennen, die zur Segmentierung dienen. In zwei<br />

raffinierten Experimenten konnten Saffran, Aslin & Newport (1996) nachweisen, daß acht Monate alte<br />

Säuglinge sogar in <strong>de</strong>r Lage sind, in einer künstlichen Nonsense-Sprache, die von einer synthetischen<br />

Frauenstimme als ein Sprachstrom ohne Pause und ohne jegliche Intonation dargeboten<br />

34 Rösing, Helmut: »Musikpsychologie« in MGG, Bd. 6, S. 1559<br />

35 Rösing, Helmut: »Musikpsychologie« in MGG, Bd. 6, S. 1559<br />

36 Rösing, Helmut: »Musikpsychologie« in MGG, Bd. 6, S. 1561

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