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MUSIK UND SPRACHE - KH-Konrath.de

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43<br />

Wahrnehmung allein ist nicht kommunikativ, d.h. „nicht ohne weiteres anschlussfähig.<br />

Man kann das, was ein an<strong>de</strong>rer wahrgenommen hat, nicht bestätigen und nicht wi<strong>de</strong>rlegen,<br />

nicht befragen und nicht beantworten.“ 108 Erst und nur mittels <strong>de</strong>r drei Selektionsvorgänge<br />

Information, Mitteilung und Verstehen könne Kommunikation konstituiert wer<strong>de</strong>n,<br />

welche sodann – konsequent autopoietisch – auch keinen äußeren Zweck verfolgt,<br />

son<strong>de</strong>rn „zur Zuspitzung <strong>de</strong>r Frage [führt], ob die mitgeteilte und verstan<strong>de</strong>ne Information<br />

angenommen o<strong>de</strong>r abgelehnt wer<strong>de</strong>n wird. […] Kommunikation dupliziert also […] die Realität.<br />

Sie schafft zwei Versionen: die Ja-Fassung und die Nein-Fassung, und zwingt damit<br />

zur Selektion.“ 109 Am Beispiel von Wertbeziehungen in <strong>de</strong>r Kommunikation führt Luhmann<br />

aus, daß Werte nicht kommuniziert wer<strong>de</strong>n, weil bekanntlich die Option zur Ablehnung<br />

dieser Werte besteht. Sie wer<strong>de</strong>n daher implizit vorausgesetzt, so daß eine ggf. konträre<br />

Wertvorstellung ausführlich argumentiert wer<strong>de</strong>n muß, wobei unmöglich so viele Werte<br />

erörtert wer<strong>de</strong>n können, wie implizit vorausgesetzt sind.<br />

„Man diskutiert nicht über Werte, son<strong>de</strong>rn über Präferenzen, Interessen, Vorschriften, Programme.<br />

[…] Psychologisch scheinen Werte eine ausseror<strong>de</strong>ntlich labile Existenz zu führen. Sie wer<strong>de</strong>n mal<br />

benutzt, mal nicht benutzt, ohne dass man dafür eine Art psychologische Tiefenstruktur ent<strong>de</strong>cken<br />

könnte. Ihre Stabilität ist […] ein ausschliesslich kommunikatives Artefakt, und das autopoietische<br />

System <strong>de</strong>s Bewusstseins geht damit um, wie es ihm gefällt. […] Denn es gibt keinen Selbstvollzug<br />

<strong>de</strong>r Werte, und man kann alles, was sie zu for<strong>de</strong>rn scheinen, im Vollzug immer noch entgleisen lassen,<br />

im Namen von Werten natürlich.“ 110<br />

Als Konsequenz resümiert Luhmann, daß das psychologische System – auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>s<br />

Bewußtseins operierend – differenziert wer<strong>de</strong>n muß von <strong>de</strong>m soziologischen System mit<br />

<strong>de</strong>r Kommunikation als Basis. Gegenseitige Wechselwirkungen <strong>de</strong>r Systeme sind beobachtbar<br />

und <strong>de</strong>mnach vorhan<strong>de</strong>n. Doch „man muss berücksichtigen, dass die Systeme<br />

füreinan<strong>de</strong>r intransparent sind, sich also wechselseitig nicht steuern können.“ 111 Letztlich<br />

spielt nach Luhmann das Bewußtsein mit <strong>de</strong>n Worten, wie umgekehrt die Worte mit <strong>de</strong>m<br />

Bewußtsein spielen. „Die autopoietische Autonomie <strong>de</strong>s Bewusstseins wird, so kann man<br />

sagen, in <strong>de</strong>r Kommunikation durch Binarisierung [ja/nein] repräsentiert und abgerufen.<br />

[…] Die Kommunikation lässt sich, an<strong>de</strong>rs gesagt, durch Bewusstsein stören und sieht dies<br />

sogar vor; aber nur in Formen, die in <strong>de</strong>r weiteren Kommunikation anschlussfähig sind,<br />

also kommunikativ behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n können.“ 112<br />

an<strong>de</strong>rer. Im Verstehen erfasst die Kommunikation einen Unterschied zwischen <strong>de</strong>m Informationswert ihres<br />

Inhalts und <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Inhalt mitgeteilt wird.“<br />

108<br />

Luhmann, S. 6<br />

109 Luhmann, S. 10f.<br />

110 Luhmann, S. 12f.<br />

111 Luhmann, S. 14<br />

112 Luhmann, S. 16

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