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märz 2012 - experimenta.de

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ausmacht: Bewegung, Wan<strong>de</strong>l, Gefahr! Denken wir das zu En<strong>de</strong>, dann ist unsere<br />

ontologische Grundposition – ausgehend vom Begriff Heimat – die <strong>de</strong>r Heimatlosigkeit, <strong>de</strong>r<br />

Ausgesetztheit ins Unheimliche, Unvertraute, Ungewohnte, Unbestimmbare – positiv<br />

formuliert: ins Nichts!<br />

Angesichts <strong>de</strong>r Dialektik zwischen Heimat und Frem<strong>de</strong>, die erst bei<strong>de</strong> Pole in ihr<br />

Eigentliches bringt, ist unser psychologisch-existenzielles Grundgefühl das <strong>de</strong>s Heimwehs!<br />

Uns schwin<strong>de</strong>lt beim Schweben über diesem nichtigen Grund, dass uns Angst und Bange<br />

wird, dass wir über diese Ausgesetztheit verzweifeln. Und nur ein sicherer Hafen, eine Heimat<br />

kann uns retten, uns trösten, uns heilen. Dabei aber passiert das Paradoxon <strong>de</strong>s<br />

menschlichen Seins: Als Leben führt es uns je neu in die Heimatlosigkeit. Dieser psychisch-<br />

geistig zu entrinnen, sehnen wir uns nach Heimkehr. Doch immer wie<strong>de</strong>r und weiter<br />

ausgesetzt in die Frem<strong>de</strong>, fortgetragen von <strong>de</strong>r Heimat, können wir nicht und nie mehr zur<br />

Heimat zurückkehren, son<strong>de</strong>rn müssen uns je neu eine Heimstatt erst und wie<strong>de</strong>r und weiter<br />

erbauen. Dieses Bauen und Bil<strong>de</strong>n ist zukünftig. Insofern kommt Herkunft als Zukunft auf uns<br />

zurück – nicht umgekehrt. Haben wir dies erkannt, liegt <strong>de</strong>r Trost darin, dass wir vermögen,<br />

überall und immer neu Heimat zu erschaffen.<br />

Es ist kalt gewor<strong>de</strong>n mittlerweile und dunkel, wenn auch nicht leerer auf <strong>de</strong>r<br />

Aussichtsplattform in Tsim Sha Tsui. Eine Melodie im Kopfe, recke ich meine steifen, kalten<br />

Glie<strong>de</strong>r und mache mich auf <strong>de</strong>n Weg. „Where ever I lay my hat, that's my home!“, sang einst<br />

dazu Paul Young. Ich schlen<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>n Massen zum Pier <strong>de</strong>r Star Ferry und tuckere<br />

gemütlich übers Becken <strong>de</strong>s Victoria Harbour nach Wan Chai. Seltsam aufgeräumt und ruhig<br />

lasse ich mich zurück zu meiner kleinen Wohnung schieben, in <strong>de</strong>r ich mich heimisch aufs<br />

Sofa kuscheln und glücklich darüber sein wer<strong>de</strong>, mir Hongkong zur neuen Heimat gemacht zu<br />

haben.<br />

© Florian Czech<br />

www.eXperimenta.<strong>de</strong> 11<br />

März <strong>2012</strong>

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