Störer und Gestörte - Pädagogische Hochschule Oberösterreich
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esserer Ort für alle anderen Schüler <strong>und</strong> wahrscheinlich auch für die<br />
Lehrer.<br />
Eine zweite Ebene wird beschritten, wenn es um die direkte pädagogische<br />
Arbeit mit schwierigen Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen geht. Unsere<br />
Falluntersuchungen haben deutlich gemacht, dass sinnvolle <strong>und</strong> verantwortungsvolle<br />
Arbeit in diesem Feld scheitern muss, wenn die Professionellen<br />
kein Verständnis für den Sinn der Verhaltensauffälligkeiten entwickeln<br />
können. Dabei geht es um beide Bedeutungen von „Verstehen“:<br />
das professionelle <strong>und</strong> intellektuelle Verständnis dessen, was die<br />
schwierigen Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen – unbewusst – mit ihren Störungen<br />
ausdrücken <strong>und</strong> bewirken mögen, <strong>und</strong> das einfühlende Nachvollziehen<br />
möglicher psychischer Probleme <strong>und</strong> Konflikte, die sich hinter dem störenden<br />
Verhalten verbergen können <strong>und</strong> die in den Übertragungs- <strong>und</strong><br />
Gegenübertragungsbeziehungen Gestalt annehmen.<br />
<strong>Pädagogische</strong>s oder sozialpädagogisches Fallverstehen ist zwingend<br />
auf professionelle Arbeitsbündnisse mit den <strong>Störer</strong>n angewiesen. Nur<br />
wer auch bereit ist, sich in schwierige <strong>und</strong> anspruchsvolle Beziehungen<br />
mit ihnen verwickeln zu lassen, hat hier überhaupt die Chance des Lernens.<br />
Dass dies nur eine notwendige, nicht aber schon eine hinreichende<br />
Lernbedingung ist, zeigen die hilflosen Verstrickungen zwischen diesen<br />
Jugendlichen <strong>und</strong> ihren Professionellen in unseren Fallgeschichten.<br />
Fallverstehen entsteht eben nicht – oder nur in seltenen Ausnahmen –<br />
innerhalb der gestörten Arbeitsbeziehung zwischen dem Professionellen<br />
<strong>und</strong> dem schwierigen Jugendlichen; nicht hier, wo Wiederholungszwang<br />
<strong>und</strong> die unbewusste Automatik von Übertragung <strong>und</strong> Gegenübertragung<br />
so machtvoll inszeniert werden müssen <strong>und</strong> wo nur noch schwer auszumachen<br />
ist, auf welcher Seite sich <strong>Störer</strong> <strong>und</strong> <strong>Gestörte</strong> befinden.<br />
Eine dritte Ebene muss erst eröffnet werden: Es müssten Räume zur<br />
Verfügung stehen <strong>und</strong> institutionell gesichert sein für ein professionelles<br />
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