Störer und Gestörte - Pädagogische Hochschule Oberösterreich
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gegen die für sie bedrohliche Macht einer dritten Instanz. Sie haben in<br />
ihren frühen Beziehungserfahrungen den Dritten nicht als Schutz <strong>und</strong><br />
Chance erleben <strong>und</strong> verinnerlichen können. Das väterliche Gesetz ist<br />
ihnen nur in seiner gewalttätigen, verletzenden, kränkenden oder verratenden<br />
Gestalt begegnet. Deshalb gilt ihre erbitterte Abwehr dieser dritten<br />
Instanz – <strong>und</strong> deshalb zielen ihre unbewussten Konfliktstrategien gegenüber<br />
ihren Professionellen auf „Verstrickung“: Der Verstrickte verliert<br />
seine professionelle Distanz <strong>und</strong> seine Autonomie als Dritte Instanz.<br />
Deshalb findet sich bei „verstrickten“ Professionellen so oft die nämliche<br />
Abwehr des Dritten: Er wird als bedrohlich <strong>und</strong> beschämend – also störend<br />
- wahrgenommen <strong>und</strong> abgewehrt oder verführt. Im Verfahren der<br />
kollegialen Fallberatung kann der notwendige störende Dritte zugleich<br />
als schützender Dritter erfahren werden. Das unterscheidet ihn vom destruktiven<br />
<strong>Störer</strong>. Der produktive störende Dritte setzt also sichere, geregelte<br />
<strong>und</strong> geschützte Räume <strong>und</strong> Zeiten voraus, die entlastet sind vom<br />
Handlungs- <strong>und</strong> Entscheidungsdruck des Alltags <strong>und</strong> von den Sanktionen<br />
<strong>und</strong> Gratifikationen bei Erfolg <strong>und</strong> Misserfolg; Zeiten <strong>und</strong> Räume für<br />
ein professionelles Beiseitetreten, Innehalten, Nachdenken, für gemeinsame<br />
Reflexion. Denn es geht um äußere Räume, in denen die inneren<br />
Räume der Professionellen bewahrt, geschützt <strong>und</strong> bereichert werden<br />
können. Ein solcher innerer Raum nämlich fehlt den schwierigen Kindern<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen; als Raum des Lernens <strong>und</strong> Probehandelns wird dieser<br />
innere Raum in den agierten Konflikten permanent angegriffen, während<br />
Handlungsdruck die Vorherrschaft gewinnt. Deshalb geht es nicht<br />
vor allem darum, noch aktiver, noch engagierter, noch einfallsreicher zu<br />
sein bei der Suche nach weiteren Maßnahmen oder Angeboten für diese<br />
Jugendlichen; es geht eher <strong>und</strong> zunächst darum, die Affekte auszuhalten,<br />
die in den Auseinandersetzungen mit ihnen hervorgerufen werden:<br />
Angst vor Versagen <strong>und</strong> Scheitern, Hilflosigkeit <strong>und</strong> Ratlosigkeit auf der<br />
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