Störer und Gestörte - Pädagogische Hochschule Oberösterreich

Dabei konzentrierten sich die Falluntersuchungen auf eine „doppelte
Blickrichtung“:
„In der Beratung und Analyse aktueller Lebens- und Hilfegeschichten sollte differenziert
herausgearbeitet werden, welche materiellen, psychosozialen und
biographischen Belastungen junge Menschen in krisenhaft zugespitzte Situationen
bringen, die sich dann in ‚besonders schwierigen’ Verhaltensweisen aktualisieren
können. Ebenso wurden in den Fallanalysen die Reaktions- und
Handlungsmuster des Hilfesystems in den Blick genommen und die wechselseitigen
Bezüge zwischen Klienten und Hilfesystem untersucht“. 9
Einleitend betont Christian Schrapper das Gewicht jener zweiten Blickrichtung
auf den Einzelfall: „Schwierige Kinder werden nicht schwierig
geboren, sondern das Leben hat sie dazu gemacht“ – und ein nicht unbeträchtlicher
Teil dieses Lebens ist eben das im „Helfersystem“:
„Ihr Leben leben diese Kinder nicht nur in Familie, Milieu und Clique, es ‚spielt’ zu erheblichen
Teilen auch in Kindergarten, Schule, Beratungsstelle und Jugendamt, in
Jugendzentrum und Erziehungshilfe, im Kontakt mit Polizei und Psychiatrie. Und in
den zuletzt genannten Stationen und Schauplätzen liegt das Aufregende und Beunruhigende
dieser Einsicht für die Professionellen: Ihr Anteil an den Lernerfahrungen
und Bildungsanstrengungen ‚schwieriger’ Kinder … ist erheblich. Auch und gerade im
Umgang mit Personen und Bedingungen des ‚Helfersystems’ lernen Kinder einen
wesentlichen Teil des Verhaltens und der Orientierungen, die sie zu ‚schwierigen’
Kindern machen. … Nicht nur Disziplinierung und Ausgrenzung traditioneller Jugendfürsorge
… auch die modernisierte Jugendhilfe mit ihren vielfältigen Angeboten und
Arbeitsformen, mit ihren theoretisch aufgeklärten Einsichten und methodisch ausgefeilten
Konzepten, mit ihrem qualifizierten Personal und erheblich gewachsenen Ressourcen
trägt in erheblichem Umfang dazu bei, Kindern zu schaden“. 10
Ader und Schrapper sehen hier geradezu eine conditio sine qua non angemessenen
Fallverstehens:
9 J.Henkel/M.Schnapka/C.Schrapper (Hrsg.) 2002:10
10 C.Schrapper 2002:20f. Über "schwierige Kinder" - Erfahrungen, Fragestellungen und Ansatzpunkte
sozialpädagogischer Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe; in: Henkel, J./Schnapka, M./ Schrapper, C.
(Hrsg.) 2002: Was tun mit schwierigen Kindern? Münster
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