Störer und Gestörte - Pädagogische Hochschule Oberösterreich
Störer und Gestörte - Pädagogische Hochschule Oberösterreich
Störer und Gestörte - Pädagogische Hochschule Oberösterreich
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Versagensängste sind immer auch Ängste vor Beschämung. Die intensive<br />
Beschäftigung mit dem „Fall“ weckt starke Affekte <strong>und</strong> starke<br />
Abwehrreaktionen: Hilflosigkeit, Niedergeschlagenheit <strong>und</strong> Gefühle<br />
der Entwertung <strong>und</strong> Missachtung der eigenen professionellen Arbeit<br />
können, wenn überhaupt, nur im Schutz von Regeln der Fallberatung<br />
zugelassen werden. Und dann erst können sie in der kollegialen Fallberatung<br />
manifest <strong>und</strong> zum Gegenstand der gemeinsamen Reflexion<br />
werden – eine ganz entscheidende Voraussetzung für das Verständnis<br />
der oft archaischen Vernichtungs- <strong>und</strong> Entwertungsängste, die von<br />
den schwierigen Jugendlichen zwanghaft abgewehrt werden müssen.<br />
• Wichtig ist die spezifische Eigenart der Regeln. Die besteht darin,<br />
dass Strukturen der kollegialen Fallberatung vorgegeben werden, die<br />
für die Verstrickung der Teilnehmer mit dem „Fall“ <strong>und</strong> zugleich für die<br />
reflexive Distanz zu ihm sorgen. Dieser schwierigen Balance dienen<br />
Anweisungen wie: an dieser Stelle nur „Rückfragen …, die der Information<br />
dienen <strong>und</strong> für die Beratung erforderlich sind, die jedoch keine<br />
Bewertung <strong>und</strong> Interpretation beinhalten sollen“. Vor allem aber ist an<br />
dieser Stelle die gleichsam experimentelle Verstrickung der Teilnehmer<br />
mit dem Fall in der Identifikationsr<strong>und</strong>e/Fallinszenierung zu nennen:<br />
Jetzt ist die fallverantwortliche Fachkraft „draußen“ <strong>und</strong> ihre Kollegen<br />
sind „drinnen“. Rivalitäten unter Kollegen, Spaltungen zwischen<br />
verschiedenen Berufsgruppen, Spannungen zwischen weiblichen <strong>und</strong><br />
männlichen Teilnehmern bekommen eine neue „Bühne“, auf der jenseits<br />
von Arbeitsdruck, Handlungszwang <strong>und</strong> Entscheidungsernst<br />
„gespielt <strong>und</strong> experimentiert“ werden kann. Dies wird als eine wichtige<br />
Voraussetzung dafür angesehen, die manipulativen <strong>und</strong> spaltenden<br />
Konfliktstrategien schwieriger Kinder <strong>und</strong> Jugendlicher als Gestalten<br />
zwanghaften Selbstschutzes zu entziffern.<br />
34