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Restaurator im Handwerk – Ausgabe 2/2010 - Kramp & Kramp

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heuerten <strong>im</strong> Frühjahr eine Gruppe von Ziegelarbeitern<br />

an, vereinbarten mit ihnen die Menge der herzustellenden<br />

Ziegel, den dafür zu zahlenden Preis und Dinge wie<br />

Unterkunft und Verpflegung. Die Menge der gefertigten<br />

Ziegel musste ja erfasst werden. Dazu wurde am Ende<br />

eines Tages oder auch einer Woche ein sog. Zählziegel<br />

„hergestellt“. D. h., in einen geformten Rohling wurde<br />

mit dem Finger oder einem Stock eine Zahl eingeritzt,<br />

die in der Regel eine Tausenderzahl definiert. In seltenen<br />

Fällen wurde die Zahl ganz ausgeschrieben. Dieser<br />

Zählziegel diente als „Quittung“ gegenüber dem Ziegelbesitzer.<br />

Aus dem Mittelalter tauchen seltener gestempelte<br />

Ziegel auf. Es waren Stadt-, Rats-, oder Klosterziegeleien,<br />

die das Privileg erhielten, Ziegelsteine produzieren<br />

zu können, diese Ziegeleien wurden aber oftmals verpachtet.<br />

Der Stempel diente als Herkunftsnachweis und<br />

eben auch als Überwachung des Privilegs.<br />

In der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts lebte die<br />

Tradition aus ganz anderen Motiven wieder auf.. Bei<br />

der Erstellung größerer Bauten kam es oft vor, dass eine<br />

Ziegelei den Bedarf an Mauerziegeln für eine Baustelle<br />

gar nicht decken könnte. So wurde ein Gebäude mit<br />

den Ziegeln aus verschiedenen Ziegeleien errichtet. Die<br />

Stempel waren nicht nur Markenzeichen und drückten<br />

Qualitätsstandards aus, sondern dienten auch zur Abgrenzung<br />

auf einer großen Baustelle zur Konkurrenz.<br />

Die Ziegelstempel wurden in der Regel auf der Läuferoder<br />

Binderseite angebracht, selten auf der Lagerseite.<br />

Auf dem Stempel wurde dann der Ort der Ziegelei und<br />

der Name des Besitzers genannt.<br />

Ziegel mit<br />

Wurzelrest, der<br />

be<strong>im</strong> Brennen verbrannte<br />

und dieses<br />

Loch hinterließ<br />

Ziegel, der auf<br />

dem Boden<br />

getrocknet wurde,<br />

mit Pflanzenabdrücken<br />

Diagonale Abdrücke<br />

von Latten der<br />

Trockengestelle.<br />

Diese Ziegel<br />

wurden <strong>im</strong> Gestell<br />

getrocknet<br />

Gestempelte Ziegel<br />

Schon <strong>im</strong> Babylon wurden die Ziegel gestempelt. Er<br />

war ein Herrschaftszeichen, in dem der Stempel ausdrückte<br />

in welcher Regierungszeit er hergestellt worden<br />

war. Die Ziegelstempel der Römer waren ein Herstellernachweis.<br />

In Mitteleuropa betrieben viele Legionen sog.<br />

Legionärsziegeleien. Die Besetzung der Legion wurde<br />

dann auf den Ziegel gestempelt.<br />

Spuren der Trocknung<br />

Nach dem Formen der Mauerziegelrohlinge mussten<br />

diese getrocknet werden. In kleinen und weniger kapitalkräftigeren<br />

Ziegeleien geschah dies auf dem Boden.<br />

So findet man <strong>im</strong>mer wieder Ziegel, in die sich Pflanzenteile<br />

eingedrückt haben, die auf dem gebrannten<br />

Ziegel gut sichtbar wurden. Darüber hinaus findet man<br />

auf vielen auf dem Boden getrockneten Ziegeln Abdrücke<br />

von Tieren, etwa von Hunden, Katzen, Hasen und<br />

Vögeln bis hin zu Kühen.<br />

Die Mauerziegelrohlinge mussten, damit sie gleichmäßig<br />

trocknen, regelmäßig auf eine andere Seite gedreht<br />

werden. Dies war in der Regel die Arbeit von<br />

Kindern. So findet man Abdrücke von Kinderhänden<br />

bzw. -füßen. Eine dauernde Gefahr bei dem Trocknen<br />

auf dem Boden stellte Regen dar. Um hier Schäden zu<br />

verhindern, lagen Schilfrollen bereit, die <strong>im</strong> Bedarfsfalle<br />

über die Mauerziegel gelegt wurden. Geschah dies nicht<br />

rechtzeitig, markierten sich Regentropfen auf dem Mauerziegel.<br />

In großen Ziegeleien wurden die Rohlinge in<br />

Trockenschuppen auf Lattenrosten getrocknet. Da ein<br />

zu trocknender Rohling <strong>im</strong>mer erst auf eine Läuferseite<br />

gesetzt wurde, findet man <strong>im</strong>mer wieder Ziegel, die auf<br />

der Läuferseite zwei diagonal parallel verlaufende Eindrücke<br />

haben, dies sind die Abdrücke des Lattenrostes.<br />

Ziegelstempel,<br />

der sowohl den<br />

Hersteller wie<br />

auch den Herstellungsort<br />

benennt<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2010</strong><br />

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