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Restaurator im Handwerk – Ausgabe 2/2010 - Kramp & Kramp

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zu manchen heutigen sehr viel schnellwüchsiger gemachten<br />

Hölzern. Es gibt Fichten, die fast einen Zent<strong>im</strong>eter<br />

Jahreswachstum erreichen sollen. Die unterschiedliche<br />

Wachstumsgeschwindigkeit <strong>im</strong> Jahreszyklus wiederum<br />

ist die Ursache für eine deutlich erkennbare Ausprägung<br />

von Farbunterschieden in der jeweiligen „Hütchenwandung“,<br />

um in dem Bild zu bleiben.<br />

Sommerholz ist in der Regel heller als Winterholz.<br />

Natürlich sind diese Hüte niemals kreisrund und bei<br />

manchen Holzarten, wie z. b. bei der deutschen Esche,<br />

sind sie bewusst mit einer unregelmäßig gewellten Mantelfläche<br />

ausgebildet. Ferner haben Bäume <strong>im</strong>mer Äste,<br />

und diese durchdringen je nach Ansatz die darüber gewachsenen<br />

Hüte und ergeben an den Stellen der Durchdringung<br />

nochmals unendlich verspielte Bildvarianten,<br />

die aber alle zwingenden Gesetzen der Physik und des<br />

Baumwachstums unterliegen. Die von der Wachstumsgeschwindigkeit<br />

herbeigeführten Farbtonunterschiede<br />

der Hütchenwandungen sind nun die Grundlage für<br />

die Maserbilder. Das übliche Maserbild ergibt sich aber<br />

erst be<strong>im</strong> Sägen der Stämme. Hier soll nur das einfache<br />

Längssägen entlang der Stammachse betrachtet und<br />

andere Technologien vernachlässigt werden. Schneidet<br />

man den beschriebenen Hütchenstapel entlang der<br />

Mittelachse in einem best<strong>im</strong>mten Abstand zur Mittelachse<br />

mit einer Säge auf, erhält man, wegen der Farbunterschiede<br />

in der Hütchenwandung, eine Reihe von<br />

parabelförmigen Strukturen mit wiederum unendlichen<br />

Varianten. Dies geht alles nach zwingenden Gesetzmäßigkeiten<br />

des Holzwachstums vonstatten, die der Maler<br />

erkennen lernen muss.<br />

Ein Maler, der Holzarten <strong>im</strong>itieren möchte, muss sein<br />

Vorhaben zwingend mit intensiven Studien dieser so entstandenen<br />

Bilder beginnen. Dabei sollte er sich zunächst<br />

auf eine kleine Auswahl von Hölzern und Maserbildern<br />

beschränken. Auf einem der beigefügten Bilder sieht<br />

man, wie Maler ein vorgegebenes Bild eines Kirschbaumes<br />

nachzumalen versuchen. Das Naturstudium führt<br />

dazu, dass man Maserbilder der Hölzer zunächst in vielen<br />

Versuchen mit Kohle oder Bleistift auf Papier wiedergibt.<br />

Diese Studien sind ein unumgängliches Muss!<br />

Erfolgen sie autodidaktisch, sollten sie ab und zu einem<br />

kritischen und sachkundigen Auge zugänglich gemacht<br />

werden, um sich nicht ob der vermeintlichen Perfektion<br />

selbst zu belügen. Man muss sich dazu natürlich eine<br />

Reihe von Vorlagenhölzern beschaffen. Das tut man am<br />

besten in einem kleineren Sägewerk, wo noch Hölzer<br />

verarbeitet werden, die von Normholz abweichen, und<br />

wo dann besonders in den Anschnitten der Stammsockel<br />

oder in Stammkrümmungen sehr schöne Maserbilder<br />

vorkommen. Diese ergeben getrocknet, gehobelt<br />

und geschliffen sowie mit einem Holzöl behandelt die<br />

schönsten Vorlagen.<br />

Dabei muss man die Ästhetik der Bilder erkennen<br />

lernen und die Linienführung der Natur bis ins Detail<br />

zu verinnerlichen suchen. Allein die Linienführung<br />

der gesamten Vorlage zu erkennen, ist sehr wichtig.<br />

Ein Baum wächst niemals kerzengerade, er unterliegt<br />

Krümmungen und Windungen. Die Übernahme dieser<br />

Grundstruktur macht ein Maserbild aber erst echt<br />

und lebensnah, dessen Reproduktion bedarf unendlicher<br />

Studien und Malversuche. Auch sollte man die Bilder<br />

unbedingt <strong>im</strong> Verhältnis 1:1 wiedergeben, um dem Arm<br />

des Malers schon frühzeitig die freie Schwingung anzutrainieren,<br />

die für das Malen mit dem Pinsel unbedingt<br />

erforderlich ist. Auch das spiegelbildliche Malen ist eine<br />

wichtige Übung. Man denke nur an in Kreuzfugen zusammengelegte<br />

Furnierbilder. Das wiederum setzt alles<br />

großen Eifer und Lernwille und vor allem verfügbare<br />

Zeit voraus. Dies soll zum ersten Kapitel der individuellen<br />

Grundstudien genügen.<br />

Materialstudien zu Farben für die Imitation<br />

Holmalerei wird auch als Lasurmalerei bezeichnet.<br />

Ihr wesentliches Merkmal ist, dass ein vorgegebener<br />

Grundfarbton das Erscheinungsbild der gesamten Malerei<br />

nachhaltig beeinflusst. Die auf diesem Grundfarbton<br />

aufgebrachten Lasuren schaffen dann das Maserbild<br />

und die vielschichtigen Farbwirkungen in Form<br />

durchscheinender Komponenten. Die Besonderheit von<br />

Lasuren besteht darin, dass die Teilchengröße der in<br />

ihnen enthaltenen Pigmente wesentlich kleiner ist als<br />

bei gängigen Malfarben. Verwendet<br />

werden die feinsten Pigmente, derer<br />

Teilchengröße ca. zwischen 2 und 0,1<br />

μm (Mikrometer) beträgt. Im Vergleich<br />

dazu liegt die Wellenlänge des<br />

auf sie wirkenden sichtbaren Lichtes<br />

zwischen 0,4-0,75 μm. Feine und sehr<br />

feine Pigmente zeigen allgemein ein<br />

schlechtes Deckvermögen, das allerdings<br />

auch durch das Vermögen des<br />

jeweiligen Pigments und Bindemittels<br />

das Licht zu brechen (sog. Brechungsindex)<br />

beeinflusst wird. Je kleiner der<br />

Unterschied zwischen Brechungsindices<br />

des Pigments und Bindemittels ist,<br />

desto weniger deckt die Malfarbe und<br />

umgekehrt. Bei großem Unterschied<br />

der Brechungsindices liegt ein hohes<br />

Deckungsvermögen vor.<br />

Durch den Einsatz der feinkörnigen<br />

Pigmente wirken die Lasuren niemals<br />

deckend und ihre Transparenz erhöht<br />

sich noch durch das Zwischen- und<br />

Abschlusslackieren. Somit werden alle<br />

farbigen Komponenten des Grundfarbtones<br />

auch noch be<strong>im</strong> Auftrag der<br />

letzten Lasur sichtbar. Eine gute Malerei<br />

besteht aus mindestens drei bis<br />

fünf übereinander liegenden Lasuren<br />

und dem zugehörigen Grundfarbton.<br />

Es wirken damit also bis zu sechs<br />

Farbkomponenten auf das abschließende<br />

Maserbild ein.<br />

Aus diesen stark vereinfachten Darlegungen wird<br />

schon deutlich, dass restauratorische Arbeit an Holzmalerein<br />

eine besondere Erfahrung in bezug auf die Farbtonanalyse<br />

der wirksamen Schichten erfordert. Auch<br />

technische Möglichkeiten der Farbvermessung geraten<br />

hier schnell an Grenzen, so dass die Erfahrung des Malers<br />

unersetzlich ist. Der für eine Anlage prägende Farbton<br />

ist und bleibt der Grundfarbton, der als deckende<br />

Farbe aufgebracht wird. Es gibt aber auch Spezialtechniken,<br />

wo sowohl das Maserbild als auch die Farbwirkung<br />

des Holzes der Konstruktion mit in das gesamte<br />

Erscheinungsbild einbezogen wurden. Dies sind Sondervarianten,<br />

die wir hier nicht berücksichtigen wollen,<br />

Eine Malvorlage<br />

aus gesägtem<br />

Kirschbaum,<br />

wie <strong>im</strong> Text<br />

beschrieben dient<br />

sie als Vorlage<br />

für die Übungen<br />

der Lehrgangsteilnehmer.<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2010</strong><br />

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