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Restaurator im Handwerk – Ausgabe 2/2010 - Kramp & Kramp

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Lange Geschichte<br />

Geschichte beginnt mit dem Ziegel<br />

Die Geschichte der Menschheit ohne schriftliche<br />

Überlieferung nennen wir Vorgeschichte oder Prähistorie.<br />

Erst mit der Möglichkeit des Schreibens und Lesens<br />

beginnt die Epoche der eigentlichen, reinen Geschichte.<br />

Die ersten Schriftzeichen wurden auf Ziegeln geschrieben<br />

und sind uns auf Tausenden gebrannter Tontafeln<br />

erhalten. Mit der Möglichkeit des Lesens dieser Tontafeln<br />

ist eine ganz neue Welt aus der Erde gestiegen und<br />

hat unseren Blick bis zu den Anfängen der geschriebenen<br />

Geschichte erweitert. Da es der Ziegel ist, der diese<br />

Geschichte bewahrt hat, kann man mit Fug und Recht<br />

behaupten, „Geschichte beginnt mit dem Ziegel“.<br />

Professor Dr. Herbert Kühn, Universität Mainz, der<br />

sich viel mit dem „Ziegel in den frühen Kulturen“ beschäftigt<br />

hatte, sagte dazu in einem Vortrag anläßlich<br />

der dritten Arbeitstagung des Bundesverbandes der<br />

Deutschen Ziegelindustrie in München 1957 u.a. folgendes:<br />

„Und nun geschah in Mesopotamien um das Jahr<br />

3000 mit dem Ziegel das bedeutungsvollste, was Menschen<br />

je mit dem Ziegel geschaffen haben. Auf dem<br />

Ziegel entstand die älteste Schrift der Menschheit. Die<br />

Erde ist weich, man kann mit einem Holzstab in sie hineinritzen,<br />

und diese Ritzung erhält sich, sie trocknet<br />

in der Sonne und vergeht niemals. Brennt man sie gar,<br />

dann ist sie noch fester und haltbarer. Der Ziegel ist es,<br />

der dem Menschen die Schrift gegeben hat, der Ziegel<br />

ist es, an dem die größte Tat des menschlichen Geistes<br />

geschaffen wurde, die Schrift, und damit die Erhaltung<br />

des Gedankens und des geschriebenen Worts über die<br />

Jahrtausende hinaus. Kaum jemand, der einen Ziegel<br />

in die Hand n<strong>im</strong>mt, denkt daran, daß er das Material<br />

wurde für die gewaltige geistige Leistung, die die Entdeckung<br />

der Schrift bedeutet. ... Mit dieser Schrift konnten<br />

die Sumerer alles ausdrücken, was sie wollten, auch<br />

die Anrufung an die Gottheit, die Gebete, die Opfer, die<br />

mythischen Vorgänge und die Berichte über die Könige<br />

<strong>im</strong> Kampf. Auf den ältesten Tontafeln wird aber auch<br />

aufgeschrieben, wieviel Korn und wieviel Öl, wieviel<br />

Datteln und wieviel Gemüse in den Tempel gebracht<br />

werden. Es wird die Zahl der Rinder aufgezeichnet, die<br />

der Schafe, der Ziegen, der Esel, der Schweine und des<br />

Geflügels. Es wird aufgeschrieben, wieviel verkauft wird<br />

und auch das, was wieder eingekauft wird, nämlich das<br />

Bauholz, der Stein, die Metalle. ... So wurde der Ziegel<br />

zu zwei Zwecken verwendet, zum Schreiben und zum<br />

Bauen. ... Der Ziegel ist also von größter Bedeutung für<br />

die Erforschung der Anfänge der Menschheit, nicht nur<br />

für ihre Möglichkeiten des Bauens, sondern auch für ihre<br />

Entfaltung des Geistes. ... Wäre dieses Erleben auf Holz<br />

geschrieben gewesen, es hätte sich nichts davon erhalten.<br />

Es ist der Ziegel, der uns das Denken und Träumen, das<br />

Glauben und Hoffen des frühen Menschen auf dieser<br />

Erde bewahrt hat, daß wir noch heute seine Worte lesen<br />

und verstehen können.“<br />

Kurzgeschichte<br />

Kurz(e) Geschichte<br />

Tontafeln halten länger<br />

In der Welt am Sonntag vom 25./26. Dezember<br />

2004 erschien mit dem Artikel „Im Schwarzwald ruht<br />

das Vermächtnis für die Ewigkeit“ ein Bericht über den<br />

zentralen Bergeort der Bundesrepublik Deutschland. In<br />

einem ehemaligen Silberbergwerk, dem Barbarastollen<br />

in Oberried be<strong>im</strong> Berg Schauinsland südlich von Freiburg,<br />

lagert seit 1975 atombombensicher 400 m tief <strong>im</strong><br />

Fels der Nachlaß der deutschen Nation: eine Milliarde<br />

Dokumente, fein säuberlich auf kilometerlangen Mikrofilm<br />

kopiert. In Stahlbehältern, umfunktionierten Bierfässern,<br />

sind die Mikrofilme luftdicht und ke<strong>im</strong>frei gelagert.<br />

In jedem einzelnen rollen sich 23 Kilometer Film<br />

um eine Mittelstange. Sie enthalten so Schätze wie den<br />

Vertrag des Westfälischen Friedens, die Handschriften<br />

Bachs, die Krönungsurkunde Ottos des Großen, die<br />

Baupläne des Kölner Doms, die Ernennungsurkunde<br />

Adolf Hitlers zum Reichskanzler und, und. Das älteste<br />

Dokument stammt aus dem sechsten Jahrhundert, eines<br />

der jüngeren ist der Spielplan der Bayreuther Festspiele<br />

aus dem Jahr 1989.<br />

Pro Jahr liefern Lastwagen 15 Millionen Aufnahmen<br />

an, deren Auswahl von den Landesarchiven getroffen<br />

wird. Der Beitrag schloß: „1500 Jahre kann der Mikrofilm<br />

in seinem Stahlgrab überdauern, dann zerfällt<br />

er. In Oberried bei Freiburg endet die Ewigkeit in 1500<br />

Jahren.“<br />

Dies war der Anlaß für einen Leserbrief des Autors,<br />

der in der Welt am Sonntag vom 2. Januar 2005 veröffentlicht<br />

wurde: „Tontafeln halten besser ‚Ein Schatz der<br />

die Menschheit überdauern soll’, aber schon nach 1500<br />

Jahren zerfällt! So lange dauert also die Ewigkeit auf<br />

Mikrofilm. Kein Fortschritt, wenn man bedenkt, daß<br />

sich die um 3500 v.Chr. von den Sumerern entwickelte<br />

älteste Schrift, die Keilschrift, auf gebrannten Tontafeln<br />

bis heute erhalten hat. In der Liste der Datenträger führen<br />

die unverrottbaren Tontafeln vor allen anderen. Da<br />

die Könige der Sumerer, Assyrer und Babylonier gewaltige<br />

Tontafelbibliotheken hinterließen, stehen der Wissenschaft<br />

heute Hunderttausende von Schriftstücken aus<br />

dem Mesopotamien des 4. und 3. Jahrtausends v. Chr.<br />

zur Verfügung. Trübe Aussichten für die Archäologen<br />

der Zukunft, wenn der Nachlaß der deutschen Nation<br />

schon nach 1500 Jahre zerfallen sein wird.“<br />

seit 1978<br />

R e s t a u r i e r u n g<br />

a n t i k e r M ö b e l<br />

Manfred Sturm-Larondelle<br />

geprüfter <strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong><br />

Innungsbetrieb • Sachverständiger<br />

10997 Berlin • Oppelnerstr. 33<br />

Tel.: 030 611 53 06<br />

Bitte Prospekt anfordern!<br />

Beide Texte wurden<br />

freundlicherweise<br />

von Herrn<br />

Willi Bender zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

www.sturm-larondelle.de<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2010</strong><br />

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