Restaurator im Handwerk â Ausgabe 2/2010 - Kramp & Kramp
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Ra g n a r Ac h<br />
Fachbeiträge<br />
Gestaltung mit Schablonen (Teil 2)<br />
Schablonieren von Mustern ist eine sehr alte Technik.<br />
Bereits <strong>im</strong> Altertum wurden Schablonen zur Darstellung<br />
sich wiederholender Ornamente eingesetzt. So<br />
wie sich die Baustile <strong>im</strong> Laufe der Jahrhunderte verändert<br />
haben, haben sich auch die Motive der Schablonen<br />
verändert. Eine große Blütezeit hatte die Schablonenmalerei<br />
<strong>im</strong> 19. Jahrhundert. Zur Zeit des Historismus<br />
wurden die Bürgerhäuser reich mit ornamentalen Malereien<br />
ausgestattet, überwiegend mit klassizistischen<br />
Motiven. Diese Entwicklung wurde begünstigt durch<br />
die künstliche Herstellung vieler Pigmente. Während<br />
man sich bis zu diesem Zeitpunkt nur natürlicher Pigmente<br />
bedienen konnte, die häufig sehr teuer und oftmals<br />
schwer zu beschaffen waren, waren die künstlich<br />
hergestellten Pigmente wesentlich preiswerter und die<br />
zur Verfügung stehende Farbpalette breiter. Mit dem<br />
Aufkommen des Jugendstils wurden mehr florale Formen<br />
dargestellt. Schablonenmotive wurden als Friese<br />
zum Wandabschluss, zur Begrenzung von Flächen, aber<br />
auch als Flächengestaltung sowie in großzügigen Decken-<br />
und Wandausmalungen verwandt. Später wurden<br />
Schablonen gerade in der großflächigen Gestaltung von<br />
Musterwalzen und Tapeten abgelöst.<br />
Man unterscheidet zwischen einschlägigen Schablonen<br />
und mehrschlägigen. Einschlägig bedeutet ein Motiv<br />
in einer Farbe. Mehrschlägig bedeutet mehrfarbig,<br />
ein Schablonenmotiv ist in mehrere Teile zerlegt, diese<br />
werden verschiedenfarbig angelegt und wieder zum Gesamtornament<br />
zusammengefügt. Dabei hat jede Schablone<br />
ein Passstück bzw. eine Markierung. Beginnend<br />
mit der ersten wird nach der Trocknung die zweite Schablone<br />
genau an der Markierung angesetzt, so baut sich<br />
Stück für Stück das Motiv auf.<br />
Als Material zur Schablonenherstellung dient stabiler<br />
Zeichenkarton oder auch dünne Pappe, die geölt und<br />
zusätzlich mit einer Lackfarbe behandelt wird. Dadurch<br />
wird das Papier stabil und bleibt trotzdem elastisch. Nun<br />
wird das Ornament auf das hergestellte Schablonenpapier<br />
übertragen und mit einem scharfen Messer oder<br />
Skalpell ausgeschnitten, als Unterlage dient dabei ein<br />
Stück Linoleum oder auch eine Glasplatte. Auch früher<br />
war es schon möglich und üblich, die Schablonen bei einem<br />
Schablonenhersteller zu beziehen. Diese verfügten<br />
über eine große Auswahl. Heutige fertige Schablonen<br />
sind aus Kunststoff.<br />
Bis zum Aufkommen der synthetisch hergestellten<br />
Farben konnten die damals zur Verfügung stehenden<br />
Le<strong>im</strong>öl- und Kalkfarben zum Schablonieren verwendet<br />
werden. Heute kann jede zur Verfügung stehende Farbe<br />
Anwendung finden, wobei natürlich bei einer Restaurierung<br />
der Farbbefund die Art der verwendeten Farbe vorgibt.<br />
Auf jeden Fall sollte darauf geachtet werden, dass<br />
die Untergrundfarbe und die Schablonierfarbe Farben<br />
der gleichen Bindemittelart sind.<br />
Das Aufbringen der Farbe erfolgt durch Tupfen mit<br />
einem Ringpinsel. Der Farbauftrag kann aber auch in<br />
kreisenden Bewegungen vom Schablonenrand zur Mitte<br />
erfolgen. Es ist auch ein Aufsprühen und Sprenkeln mit<br />
einer groben Bürste möglich. Es ist jeweils sorgsam zu<br />
arbeiten und darauf zu achten, dass die Farbe nicht hinter<br />
die Schablone läuft.<br />
Bei der Sanierung zweier Treppenaufgänge trafen wir<br />
auf eine Vielzahl von Schablonenmalereien. Es handelt<br />
sich um zwei denkmalgeschützte viergeschossige Berliner<br />
Mietshäuser <strong>im</strong> Stadtbezirk Lichtenberg, die um die<br />
Jahrhundertwende als Vorder- und Gartenhaus errichtet<br />
wurden. Sie liegen direkt <strong>im</strong> alten Dorfkern in unmittelbarer<br />
Nähe zur Kirche und dem Pfarrhaus. Die Zielsetzung<br />
war, die Treppenaufgänge zu renovieren unter Erhalt<br />
der historischen Bausubstanz und den historischen<br />
Malschichten und dem schonenden Umgang mit ihnen.<br />
Mit der Befunduntersuchung wurden bauseits schon<br />
kleine Sichtfenster angelegt. Daraus war ersichtlich,<br />
dass die Gestaltung der beiden Treppenhäuser recht unterschiedlich<br />
war. In beiden Treppenhäusern teilt eine<br />
Holzleiste die Wandflächen in Oberwand und Paneel.<br />
Im Gartenhaus sind die Oberwände einfarbig mit je zwei<br />
Schablonenfriesen: über der schwarzlackierten Leiste<br />
als kleine Ranken ebenfalls in schwarz und <strong>im</strong> oberen<br />
Wandabschluss zur Decke als zweischlägige Schablone<br />
in einer Mischung aus floralen und geometrischen<br />
Formen in grün und rot mit einem zusätzlichen grünen<br />
Strich darüber. Auf den Paneelflächen wiederholen sich<br />
Gebrauchte<br />
Schablonen<br />
Ausgeführte Arbeit<br />
mit Schablonen<br />
<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
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