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Restaurator im Handwerk – Ausgabe 2/2010 - Kramp & Kramp

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Glasurmühle in<br />

Joach<strong>im</strong>sthal<br />

Tonschneider mit<br />

Sumpfgrube in<br />

Joach<strong>im</strong>sthal<br />

zusätzlich mit Messern geschrotet, wodurch man eine<br />

bessere Mischung und eine gleichmässigere Konsistenz<br />

erreichte.<br />

Mit der Aufnahme der Vormauerziegel- und Formsteinproduktion,<br />

die auch den Beginn der Zusammenarbeit<br />

mit Schinkel markiert, wurde die Aufbereitung<br />

durch den Einsatz von Maschinen verbessert. Es<br />

handelte sich hierbei um Tonschneidemaschinen und<br />

Schlämmmühlen. Hinzu kamen eine Glasurmühle und<br />

ein Stampfwerk zur Herstellung von Ziegelmehl.<br />

Bemerkenswert ist, dass die Intensität der Aufbereitung<br />

und der Masseversatz auf jede Produktart individuell<br />

zugeschnitten war. Die Arbeitsmasse für Backsteine<br />

ließ man nach dem Sumpfen den Tonschneider einmal,<br />

die Masse für Klinker aber zwe<strong>im</strong>al passieren. Nur die<br />

Masse für die Verblender und Formsteine wurde zwischen<br />

den beiden Passagen noch geschlämmt. Man<br />

arbeitete mit 7 verschiedenen Masseversätzen die sich<br />

durch den Wassergehalt und damit in ihrer Konsistenz,<br />

weich oder steif, und in der Art und dem prozentualen<br />

Zusatz von Magerungsmitteln und damit auch in ihrer<br />

Schwindung unterschieden. Mit dem teueren Ziegelmehl<br />

wurden nur die Formziegel gemagert, die übrigen<br />

Produkte mit Sand.<br />

Herzstück der Fertigung war die Formgebung. Die<br />

Formen waren genau auf die Schwindung der jeweiligen<br />

Arbeitsmasse abgest<strong>im</strong>mt und entsprechend gekennzeichnet.<br />

Die Mauerziegel wurden nach dem sog.<br />

Wasserstrichverfahren hergestellt. Der oben und unten<br />

offene Streichrahmen wurde auf dem Streichtisch mit<br />

Wasser besprengt zum besseren Entformen. Dann warf<br />

der Arbeiter einen Tonbatzen in die Form, drückte ihn<br />

mit den Händen so, dass die Form ganz ausgefüllt war,<br />

und strich die obere Seite mit einem Streichholz glatt.<br />

Das Formen der Klinker geschah auf die gleiche Weise,<br />

doch wurde die Form nach dem Abstreichen umgedreht,<br />

auf der Rückseite etwas Ton nachgedrückt und auch die<br />

diese Seite abgestrichen, so dass ein gleichmässig kompakter<br />

Formling entstand. Dieser zusätzliche Arbeitsgang<br />

verteuerte das Formen der Klinker um ca. 30%.<br />

Die Vormauerziegel für das Sichtmauerwerk wurden<br />

als sog. Schneidesteine hergestellt. Dazu mussten sie um<br />

die Stärke der späteren Abschnitte größer ausgeformt<br />

werden. Die Formlinge wurden dann in lederhartem<br />

Zustand, bei dem die Schwindung beendet ist, sie sich<br />

aber besonders gut schneiden und polieren lassen, in eine<br />

Schneidebank eingespannt. Mit einem scharfen Messer<br />

wurden die Kopf- und Läuferseiten beschnitten und<br />

gleichzeitig geglättet, so dass absolut rechtwinklige Steine<br />

mit einer glatten Oberfläche entstanden.<br />

Die Formziegel wurde mit einer steiferen Arbeitsmasse<br />

als sog. Ölsteine hergestellt. Dazu wurden die Formen<br />

mit „Rüböl“ (Rapsöl) eingestrichen. Durch in die Form<br />

eingelegte Futterstücke entstanden die gewünschten<br />

Profile. Bei einfachen Profilen wurden die Futterstücke<br />

zusammen mit dem Formling aus der Form gedrückt.<br />

Bei komplizierten, unterschnittenen Profilen wurde mit<br />

zerlegbaren Formen gearbeitet, die zum Entformen ganz<br />

auseinander genommen werden mussten.<br />

Formziegel konnten durch Be<strong>im</strong>ischung best<strong>im</strong>mter<br />

Farbstoffe wie Eisenocker, Chromgrün, Uranoxyd usw.<br />

auch farbig gebrannt werden, wobei man sechs Farben<br />

<strong>im</strong> Programm hatte (Dunkelbraun, Schwarz, Grün, Rot,<br />

Gelb und Weiß). Die Farbmischungen wurden mit der<br />

Glasurmühle fein zerrieben.<br />

Das Trocknen erfolgte in unbeheizten Trockenscheunen.<br />

Die gewöhnlichen Mauerziegel wurden direkt in<br />

die Trockengerüste gesetzt, Klinker und Vormauerziegel<br />

auf mit Sand bestreuten Trockenbrettchen. Der Sand<br />

hatte die Aufgabe die Bewegung des Formlings be<strong>im</strong><br />

Schwinden zu erleichtern. Bei warmer Witterung betrug<br />

die Trockenzeit ca. 14 Tage. Anders sah es bei den Formziegeln<br />

aus, insbesondere bei komplizierten Formen, die<br />

sehr vorsichtig getrocknet werden mussten, was 2-3<br />

Monate dauern konnte. Dazu wurden sie mit Tonplatten<br />

vollständig eingehaust, um jeden Luftzug und damit die<br />

Gefahr der Rißbildung zu vermeiden.<br />

Zum Brennen wurde ein holzbefeuerter Kammerofen<br />

(oben offen ohne Gewölbe) eingesetzt. Der Einsatz der<br />

Ware erfolgte sehr durchdacht: Die Klinker und Vormauersteine<br />

wurden <strong>im</strong> Innern des Ofenraum dorthin<br />

gesetzt, wo die höchste Brenntemperatur erreicht wur-<br />

Trockengerüst,<br />

gewöhnliche<br />

Backsteine werden<br />

direkt auf den<br />

Latten abgesetzt,<br />

Sichtziegel auf<br />

Trockenbrettchen<br />

wie gezeigt<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2010</strong><br />

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