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Christus, Elf Visionen.

Rainer Maria Rilke, Christus Elf Visionen

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S 13<br />

<strong>Christus</strong> <strong>Elf</strong> <strong>Visionen</strong><br />

"Aber wo ist mein Papa... weißt du`s?"<br />

Und da hebt der Fremde das Kind empor.<br />

Seine Stimme ist wie ein Vogelchor<br />

der sich tief in erblühtem Jasmin verlor:<br />

"Sag mir einmal das Wort noch vor!"<br />

"Was?"<br />

"Das."<br />

"Papa?"<br />

"Ja."<br />

Und sein Ja ist ein jubelnder Siegessang.<br />

Er küßt dem Kinde die Stirne lang,<br />

er küßt dem Kinde die Augen blank;<br />

sein Kuß ist Liebe, sein Kuß ist Dank.<br />

Und er stellt das Kind wieder leis auf die Steine<br />

und spricht: "Ich kann dir nichts geben, Kleine -"<br />

Ein müdes Lächeln nur wirft er ihm zu:<br />

"Ich bin ja viel ärmer als du...."<br />

Es war ein Weinen, wie er das sprach.<br />

Und er winkt noch einmal leis mit der Hand<br />

und geht. Er geht durch das heiße Land<br />

wie ein Bettler im schlotternden Lodengewand<br />

und doch wie ein König so stolz und groß.<br />

Und sie haben ihn immer "der Narr" genannt.

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