23.06.2014 Aufrufe

Christus, Elf Visionen.

Rainer Maria Rilke, Christus Elf Visionen

Rainer Maria Rilke, Christus Elf Visionen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

S 18<br />

<strong>Christus</strong> <strong>Elf</strong> <strong>Visionen</strong><br />

So an dem Glück, das der Meister verkündet,<br />

haben sich hell seine Augen entzündet,<br />

und er blüht in der Sonne auf.<br />

Aber da hebt sich aus horchendem Hauf<br />

einsam ein Kleiner, ihm weht das verworrne<br />

welkende Haar um die Stirne gebläht<br />

wie die zerrissene Zier überm Zorne<br />

eines Helmes weht.<br />

Seine Stimme flattert und fleht:<br />

"Du!" er klammert um seine Knie<br />

bange die armen hungernden Hände -<br />

"Solche Worte vom ewigen Ende<br />

sagtest Du nie!<br />

Wenn die andern undankbaren<br />

weiter wollen zu jagenden Jahren -<br />

ich bin anders, anders wie sie!"<br />

Und er umklammert im Krampfe die Knie. -<br />

Und die Lippen des Lichten erbeben,<br />

und er neigt sich dem Weinenden leise:<br />

"Giebt die Mutter dir Spiel und Speise?"<br />

Da schluchzt ihm der Knab in den Schooß:<br />

"Zum Spielen bin ich zu groß."<br />

"Bringt sie dir morgens ins Stübchen<br />

deine Brühe warm?"

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!