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Christus, Elf Visionen.

Rainer Maria Rilke, Christus Elf Visionen

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S 29<br />

<strong>Christus</strong> <strong>Elf</strong> <strong>Visionen</strong><br />

7<br />

Die Nonne<br />

Die blonde Schwester trat in ihre Zelle<br />

und schmiegte sich an sie: "Um meine Ruh<br />

ist es geschehn. Ich wurde wie die Welle<br />

und muß den fremden Meeren zu.<br />

Und du bist klar. Du Heilige, du Helle,<br />

mach mich wie du.<br />

Gieb mir den Frieden, den du heimlich hast<br />

und ohne Angst, so wie ihn keine hat, -<br />

gieb mir die Rast;<br />

daß ich ein Fels bin, wenn die Flut mich faßt,<br />

und nicht ein Blatt."<br />

Und leise neigte sich die Nonnenhafte -<br />

nicht tief:<br />

nur wie die Blüte horcht vom hohen Schafte,<br />

wenn Wind sie rief.<br />

Sie hatte längst die Gesten den Geländen<br />

entlernt - die leise gebenden -<br />

und fügte einen Kranz aus ihren Händen<br />

und schenkte lächelnd ihn der Bebenden.

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