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Christus, Elf Visionen.

Rainer Maria Rilke, Christus Elf Visionen

Rainer Maria Rilke, Christus Elf Visionen

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S 42<br />

<strong>Christus</strong> <strong>Elf</strong> <strong>Visionen</strong><br />

Das ist die Rache derer, die verdarben<br />

an meinem Wort. Die opfernd für mich starben,<br />

sie drängen hinter mir in weiten Reihn.<br />

Horch! Ihre Schritte! - Horch! Ihr kreischend Schrein....<br />

Doch eine große Rache nenn ich mein:<br />

Ich weiß, bei jedem neuen Herbste warben<br />

die Menschen um den Saft, den feuerfarben<br />

die roten Reben ihrer Freude leihn.<br />

Mein Blut fließt ewig aus den Nagelnarben,<br />

und alle glauben es: mein Blut ist Wein,<br />

und trinken Gift und Glut in sich hinein...<br />

Mich hielt das fürchterliche Prophezein<br />

in bangem Bann. Aus hilfloser Hypnose<br />

riß mich die Menge, die vorüberschwamm.<br />

Ein Schwarm trat ein und fand sich mit Getose<br />

bei jener ersten Gruppe just zusamm,<br />

und vor mir hing der gelbe regungslose<br />

Gekreuzigte in wächsner Jahrmarktspose<br />

an seinem Stamm.<br />

Rainer Maria Rilke

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