4 Individuelle Unterschiede des Verstehens - Universität Bamberg
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4 <strong>Individuelle</strong> <strong>Unterschiede</strong> <strong>des</strong> <strong>Verstehens</strong> – 174<br />
Eine Diskrepanz innerhalb <strong>des</strong> Objektschemas liegt nicht vor (P6). Vielmehr existieren für die<br />
beiden Schemata „Wolken“ und „tanken“ keine Verbindungen im Gedächtnis (P7). Noch<br />
übersteigt die durch den Text erzeugte Unbestimmtheit nicht einen kritischen Wert (P8).<br />
Ein Anknüpfen der Wolken an ein anderes im Protokoll enthaltenes Schema ist nicht<br />
möglich (P9), sodass ein Austausch von Schemata vorgenommen wird. Das Schema „Autos“ ist<br />
eng mit dem Geschehnis „tanken“ verknüpft und wird als Schema Ssubst ausgewählt. (5). Eine<br />
Reihe von (Sub-)Schemata, die mit Autos verknüpft sind, können auf das Schema „Wolken“<br />
übertragen werden (P10, 7: „...wie Autos, so als sei es etwas ganz reales, dass Wolken immer<br />
wieder auf die Erde kommen, so an die Tankstelle fahren und dort auftanken.“). Nun übersteht<br />
der Interpretationsabschnitt die Prüfung auf Kompatibilität mit dem Weltwissen (P11 – P15).<br />
Ein weiteres Schema, das Attribut „blau“, ist im Protokoll vorhanden (P16) und wird als<br />
nächstes Element ausgewählt (8). Der Textvorgabe entsprechend muss „blau“ als<br />
Subkomponente <strong>des</strong> Benzins eingefügt werden (9). Diese Teil-Ganzes-Relation stellt die<br />
nächste Diskrepanz zum Weltwissen dar (P18). Eine Anknüpfung <strong>des</strong> neuen Elements an das<br />
Schema „Wolken“ im Protokollgedächtnis erscheint möglich (P20, 10: „Die Wolken werden<br />
blau.“).<br />
Bei einer erneuten Prüfung auf Kompatibilität mit dem Weltwissen, fällt der<br />
Versuchsperson jedoch auf, dass nicht die Wolken blau sind, sondern der Himmel blau gefärbt<br />
ist (P21 – P22: „Hmm, eigentlich ist ja der Himmel blau oder erscheint zumin<strong>des</strong>t so.“). Nun ist<br />
die Unbestimmtheit jedoch zu hoch (P23) und der Prozess wird abgebrochen.<br />
Es folgt eine individuelle Ausgestaltung dadurch dass assoziierte Geschehnisschemata aus<br />
dem Gedächtnis abgerufen werden (11: „Als ich noch ein Kind war, habe ich aber die Wolken<br />
immer blau gemalt und das haben ganz viele andere Kinder auch so gemacht und irgendwann<br />
war das seltsam, weil mir das so aufgefallen ist, da sie überhaupt nicht blau sind.“).<br />
Anschließend wendet sich die Versuchsperson erneut dem Text zu (P27) und der Prozess kann,<br />
diesmal für den nächsten Textabschnitt, von vorne beginnen.<br />
4.1.2.1.4 Fahnen, Krawatten und Büroangestellte<br />
Der nächste Textabschnitt („und jagen mit fliegenden krawatten über den himmel“) enthält<br />
zwei Diskrepanzen zum Weltwissen: die Teil-Ganzes-Relation zwischen Wolken und<br />
Krawatten und die Aktion „jagen“, verbunden mit dem Akteur „Wolken“. Jana kann durch<br />
Austauschprozesse und durch das Erschließen einer übertragenen Bedeutung, die Diskrepanzen<br />
auflösen:<br />
„Dann jagen sie mit fliegenden Fahnen über den Himmel. Spielt vielleicht auf<br />
dieses Wolkenspiel an ob es irgendwelche Figuren sind oder so etwas. Dann ziehen<br />
Wolken ja eigentlich ganz langsam vorbei... Mit fliegenden Krawatten, das erinnert<br />
mich an irgendwelche Büromenschen, die durch die Gegend hetzen. Vielleicht ist<br />
das Ganze eher eine Metapher, wobei ich jetzt nicht unbedingt weiß, was diese<br />
Krawattenmenschen mit Wolken zu tun haben.“<br />
Versuchspersonen-Beispiel 42: „und jagen mit fliegenden krawatten über den<br />
himmel“ (Versuchsperson Jana).<br />
Im ersten Schritt wird die Teil-Ganzes-Relation verändert, indem die Krawatten durch<br />
Fahnen ersetzt werden (Austausch aufgrund semantischer Ähnlichkeit: „Dann jagen sie mit<br />
fliegenden Fahnen über den Himmel“).